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Zusammen Allein

Titel: Zusammen Allein Kostenlos Bücher Online Lesen
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ersten Blick.« Er lachte.
    »Sondern?«
    Seine Hand streichelte über meine Haare, doch sein Blick mied den meinen.
    »Entschuldige, ich habe geschummelt. Es war, als ich dich das erste Mal sah. Du warst so traurig, so   …«
    »Ach, so einer! Einer, der Frauen nur dann mag, wenn sie Schutz brauchen, wenn sie schwach sind. Deshalb hast du dich erst um mich gekümmert, als der Unfall passierte.«
    »Jesus, jetzt hat sie mich durchschaut«, Petre hattesich aufgerichtet, »jetzt weiß sie, dass ich sie sofort fallen lasse, sobald sie wieder gesund ist.«
    »Komm«, forderte ich und zog ihn zurück. Er hatte recht, man musste nicht alles analysieren und verstehen, unsere Körper benötigten keine Hilfestellung.
    Ich war gerade dabei, Petres Hemd aufzuknöpfen, als ein Warnruf erklang. Wie ertappte Diebe, mit bebenden Herzen, ließen wir voneinander ab. Mein Geliebter nestelte an seiner Kleidung, da wurde angeklopft. Es waren Karin und Liane. Karins lange Nase zuckte, als wolle sie Witterung aufnehmen. Etwas lag in der Luft. Eifersüchtig beäugte sie Petre, und ihr Blick blieb auf dem baumelnden Gürtel hängen. Ich versuchte zu lächeln, doch mein Lächeln prallte an ihrem Gesicht ab. Eine Zunge schnalzte. Liane wollte wieder gehen. Wir überredeten die beiden zu bleiben. Leider ließen sie sich überreden.
    Nur selten gelang es Petre und mir, alleine zu sein. Ich wurde gesund, ohne einen richtigen Zungenkuss von ihm erhalten zu haben.
     
     
    Bis auf die Straße hörte man sie zetern. Meine Omama fürchtete sich vor nichts und niemandem. Ein Milizionär, mit Schreibheft und Stift bewaffnet, stand in unserem Hof. Ich kam von der Schule und spitzte die Ohren. Die Worte »Abgaben aus Privaterwirtschaftung« verstand ich und »unbürokratisch«.
    »Das sagt der Richtige«, brüllte meine Großmutter. »Ich habe keine Hasen mehr, warum soll ich da Abgaben bezahlen?«
    Der Beamte schaute in seinem Heft nach. Sein Schnurrbart, dick wie eine Kaninchenpfote, zitterte.»Fünfzehn Hasen, steht hier. Bei einer normalen Vermehrung könnten daraus in 365   Tagen   …«
    »Sie sind verrückt. Hören Sie auf zu rechnen.« Puscha schaute zum Himmel, raufte sich die Haare. »Ich habe Ihnen doch die Garage gezeigt. Die Hasen mussten im Frühling weg, weil ein Nachbar eine Garage bauen wollte. Auf meinem Grundstück wohlgemerkt. Eine Entschädigung sollte bezahlt werden, darauf warte ich heute noch. Und jetzt kommen Sie mir mit Abgaben.« Puscha sparte nicht mit Flüchen, der Mensch schien ihr gerade recht zu kommen.
    Amüsiert folgte ich den beiden ins Schlafzimmer. Dort holte Puscha aus einem Geheimfach Dokumente hervor, die den Bau der Garage bestätigten. Während sie auf den Mann einredete, während der Mann sich zu verteidigen versuchte, während beide zum Fenster traten, um besser sehen zu können, natürlich gab es wieder einmal keinen Strom, fiel mein Blick auf das gut getarnte Fach im Wäscheschrank. Ich erkannte den Heftturm, aber auch mehrere Briefe. Ein ganzes Bündel. Rote Punkte zierten die weiße Schleife, die das Päckchen zusammenfasste. Ich schnappte danach und versteckte es unter meinem Pulli. Mein Interesse an Hasen, Garagen und rumänischen Flüchen war schlagartig erloschen. Die oberste Briefmarke, groß, mit einer Zeichnung von Rotkäppchen und dem Wolf, hatte ausgereicht, um mir zu sagen, hier handelte es sich um Westbriefe.
    Wie ein Dieb schlich ich in mein Zimmer. Zog sorgsam die Tür zu und lehnte mich hastig atmend dagegen. Mein Herz schlug im doppelten Rhythmus. Würde Puscha das Fehlen der Briefe bemerken? Und was dann?
    An Frau Hertha Copony, las ich. Das war Puschas Mädchenname, und die Schrift war die meines Großvaters. So viel zu Wahrheit und Vertrauen.
     
     
    Der liebe Gott schlägt nicht mit dem Knüppel, sagte Puscha oft und erhob dabei ihren pädagogischen sowie den echten Zeigefinger. Mir als bald Siebzehnjährige konnte sie damit nicht kommen. Trotzdem fühlte ich mich ertappt, als mich in der folgenden Nacht furchtbare Zahnschmerzen plagten. Statt in die Schule, ging ich in die Klinik. Der Arzt wollte mich nicht behandeln. Heulend kam ich heim.
    »No, du warst zu spät oder wie?«
    »Ach was. Drei Stunden habe ich gewartet, nur damit sie mir sagen, ich muss erst zum Gynäkologen. Einen Nachweis soll ich bringen, dass ich nicht schwanger bin.«
    »So beschäftigen sie die Menschen«, war alles, was Puscha an Trost für mich übrig hatte.
    An diesem Tag stellte ich sie nicht zur Rede,

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