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Zusammen Allein

Titel: Zusammen Allein Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Da fragt man sich wieso, warum. Warum wollen sie ohne dich leben? Was macht das Zusammenleben mit dir so schwierig? Deine Großmutter hält es mit dir aus, aber wie lange noch?« Er nickte wie jemand, der sich Sorgen machte. »Du gibst dir nicht viel Mühe, nett zu sein, nicht wahr. Zu uns bist du auch nicht nett. Du bist nicht zu uns gekommen, um uns von deiner Entdeckung zu erzählen, du bist zu deiner Freundin gerannt. Das war dumm. Vielleicht hast du ihr auch geraten, du weißt schon, sich von dem Kind zu befreien. Bist du so eine   …?« Seine Stimme wurde immer leiser, »…   eine, die andere ins Unglück stürzt? Unabsichtlich vielleicht, weil du unkonzentriert bist und nicht weißt, wie man es richtig macht. Aber jetzt   … jetzt hättest du die Chance, alles richtig zu machen. Du musst uns nur alles erzählen, was du weißt. Von dem Versteck im Keller. Von dem, was auf den Papieren stand. Seit wann weißt du davon? Na, mach schon!« Der Große kam noch einen Schritt näher,jetzt sah ich nur noch das Grau seiner Jacke, roch den Duft von herbem Rasierwasser und Tabakqualm. Mir wurde übel.
    »Ich weiß gar nichts«, flüsterte ich gegen die Brust des Fremden.
    »Wie bitte, ich verstehe dich nicht.«
     
    Ein Verhör ist kein Gespräch. Trotzdem dachte ich, nachdem sie mich widerwillig vom Haken gelassen und ins Meer zurückgeworfen hatten, tagelang, nächtelang darüber nach, wie ich treffender hätte antworten können. Wie Spielkarten lehnte ich jeden gesprochenen Satz neu gegeneinander, baute das Fragenhaus aus der Erinnerung auf, überlegte mir Antworten. Sie hätten immer gewonnen, egal, was ich gesagt oder nicht gesagt hätte.
    Ich weiß gar nichts, diese eine Karte spielte ich aus, immer und immer wieder. Doch sie gaben keine Ruhe. Nach einer Stunde nicht, nach zwei Stunden nicht. Längst kauerte ich, in Tränen aufgelöst, auf dem Boden, längst hatte ich mir die Lippen blutig gebissen, und ich wagte es nicht mehr, den Kopf zu bewegen, damit die Übelkeit in meinem Magen nicht zunahm. Draußen hörte ich Sebastian auf- und abgehen. Ab und zu dachte ich daran aufzustehen und hinauszurennen, doch ein Blick auf die Männer wischte jeden Fluchtgedanken beiseite.
    »Wir wissen sowieso alles.« Der Bärtige war aufgestanden, er wirkte gelangweilt. Und zu seinem Kollegen sagte er: »Es reicht, lass uns gehen.«
    »Nicht so schnell«, fauchte der Große, wischte sich eine Strähne aus der Stirn. »Sag schon, dann geht’s dirbesser, wer hat dem Dobresan beim Drucken geholfen? Du, sein Vater?«
    »Die Sache hat nichts mit Herrn Dobresan zu tun«, jammerte ich. »Ich kenne überhaupt niemanden, der etwas druckt. Rosi hat sich wichtig gemacht.«
    »Ich glaube ihr.«
    »Ich nicht.«
    »Schau, wie fertig sie ist.«
    »Es geht ihr schlecht, weil sie etwas zu verbergen hat.«
    Wie Tennisspieler spielten sie sich den Ball zu. Der Versöhnliche bot an, mir zu helfen. Den Pass könnte ich schneller bekommen, wenn ich mich kooperativ zeigen würde. Ich solle alles sagen, dann könne ich nach Hause und er zum Fußballspiel seines Jungen.
    Ja, mischte sich der andere wieder ein. Familie, das sei ein gutes Stichwort. Man frage sich natürlich, ob die Eltern, und er zeigte verächtlich in meine Richtung, mich überhaupt wiederhaben wollen.
    Das war’s. Ich heulte erneut los, Sebastian klopfte an die Tür, und nachdem sie ihn tüchtig zusammengestaucht hatten, machten sie ein Zeichen, und ich wurde gönnerhaft entlassen. Meine Tasche vergaß ich in der Schule. An diesem Tag konnte ich meine Hausaufgaben nicht erledigen.
     
     
    Leben mit der Angst. Ich war zu jung, um das System auch nur annähernd zu verstehen. Aber ich verstand etwas von der Angst, die ganz Rumänien fest im Griff hatte und die auch zu meinem Halt geworden war. Gut war, wenn man sich den Gesetzen fügte, wenn mannicht nachdachte, wenn man seinen Kopf nicht aus dem Graben herausstreckte. Das und nichts anderes hatte ich getan.
    »Grübel nicht zu viel«, sagte Puscha in ihrem schroffen Ton, »sonst wirst du kaptschulig. Er, dieser lispelnde Bauerntrottel, hat in diesem Land dafür gesorgt, dass jeder kriminell wird, weil jeder Verbote überschreitet. Nichts ist erlaubt, nicht einmal ein befreiender Furz. Man kann die Gesetze nicht einhalten, also ist jeder über kurz oder lang erpressbar. Aber, Gott sei Dank, es gibt Menschen, die sich auflehnen.«
    »Das sagt die Richtige. Du hast dich immer nur arrangiert.«
    »Ich habe mich arrangiert.«
    »Du

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