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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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Fernseher und einem anderen Balg, das die ganze Zärtlichkeit bekam. Da ist bei mir die Sicherung durchgebrannt. Ich hab … Nein … Spielt keine Rolle. Drei Monate später hat sie mich in den Zug gesetzt und mir immer wieder vorgesagt, daß ich alles kaputtgemacht hätte.
    Du hast alles kaputtgemacht, du hast alles kaputtgemacht. Als ich zu meinem Großvater in den Simca gestiegen bin, hat das in meinem kleinen Kopf immer noch nachgeklungen. Und das schlimmste, weißt du, ist, daß …«
    »Was?«
    »Daß sie in mir was kaputtgemacht hat, diese Hexe. Danach war es nie wieder so wie früher. Ich war kein Kind mehr, ich wollte ihre Hätscheleien und den ganzen Mist nicht mehr. Das Schlimmste, was sie angerichtet hat, war nicht mal, daß sie mich wieder zu sich genommen hat, das Schlimmste waren die ganzen Horrorgeschichten, die sie mir über meine Großmutter erzählt hat, bevor sie mich ein zweites Mal abgegeben hat. Wie sie mich fertiggemacht hat mit ihren Lügenmärchen. Von wegen, ihre Mutter hätte sie gezwungen, mich zurückzulassen, bevor sie sie vor die Tür gesetzt hätte. Daß sie selbst alles dafür getan hätte, um mich zu behalten, daß sie ihr aber mit dem Gewehr gedroht hätten und all so was.«
    »Das stimmte überhaupt nicht?«
    »Natürlich nicht. Aber das wußte ich damals nicht. Ich hab nichts mehr kapiert, und außerdem, vielleicht wollt ich ihr auch glauben? Vielleicht paßte mir auch die Vorstellung ganz gut, wir wären mit Gewalt getrennt worden, und hätte mein Großvater nicht die Flinte geholt, dann hätte ich das gleiche Leben gehabt wie alle anderen, und kein Mensch hätte meine Mutter hinter der Kirche eine Nutte genannt. Deine Mutter ist eine Nutte, haben sie gesagt, und du bist ein Bastard. Wörter, die ich gar nicht verstanden hab. Für mich war ein Bastard ein Hund. Ein richtiger Banause war ich.«
    »Und dann?«
    »Anschließend bin ich richtig fies geworden. Ich hab alles mögliche gemacht, um mich zu rächen. Um sie dafür bluten zu lassen, daß sie mir meine liebe Mama weggenommen hatten.«
    Er lachte.
    »Mit Erfolg. Ich hab die Gauloises von meinem Opa geraucht, Geld aus dem Haushaltsportemonnaie genommen, bei den Lehrern den Aufstand geprobt, bin von der Schule geflogen und hab die meiste Zeit auf meinem Mofa oder in den Hinterzimmern der Kneipen verbracht, Sachen ausgeheckt und Mädchen begrapscht. Nur Vogelscheuchen. Das kannst du dir nicht vorstellen. Ich war der Bandenführer. Der Beste. Der König der Rotznasen.«
    »Und dann?«
    »Dann ab ins Heiabettchen. Fortsetzung folgt …«
     
    »Und? Hast du keine Lust, mich jetzt in den Arm zu nehmen?«
    »Ich bin unentschlossen. Schließlich bist du nicht vergewaltigt worden.«
    Er beugte sich zu ihr herunter:
    »Um so besser. Ich will deine Arme überhaupt nicht. Jedenfalls nicht so. Nicht mehr. Diese Spielchen hab ich lange genug gespielt, damit ist jetzt Schluß. Das macht mir keinen Spaß mehr. Es funktioniert nicht. Scheiße, wieviel Decken hast du denn da?«
    »Eh … Drei plus die Daunendecke.«
    »Das ist doch nicht normal. Es ist doch nicht normal, daß du immer frierst, daß du zwei Stunden brauchst, um dich von einer Motorradfahrt zu erholen. Du mußt zunehmen, Camille.«
    »…«
    »Du übrigens auch. Ich hab nicht wirklich das Gefühl, daß du ein schönes Familienalbum hast, wo auf den Fotos alle um dich herum lachen, oder?«
    »Nein.«
    »Erzählst du mir irgendwann davon?«
    »Vielleicht.«
    »Weißt du, ich … ich nerv dich nie mehr damit.«
    »Womit?«
    »Ich hab dir vorhin von Fred erzählt und behauptet, daß er mein einziger Kumpel gewesen ist, das stimmt nicht. Ich hab noch einen anderen. Pascal Lechampy, den besten Konditor der Welt. Den Namen solltest du dir merken, du wirst sehen. Dieser Kerl ist ein Gott. Von einem einfachen Mürbeteig bis zum Brandteigkuchen mit Schlagsahne über Obstböden, Pralinen, Blätterteigteilchen mit Creme, Nougat, Windbeutel und ich weiß nicht was, egal, was er anfaßt, es wird unvergeßlich. Es wird gut, es wird schön, fein, erstaunlich und perfekt. Ich hab in meinem Leben schon geschickte Handwerker kennengelernt, aber bei ihm ist es was anderes. Bei ihm ist es Perfektion. Ein total lieber Kerl noch dazu. Aus Sahne, göttlich, ein Zuckerring. Tja, jetzt ist es so, daß der Typ ziemlich dick war. Richtig fett. Bis dahin kein Problem. Wir hatten schon andere gesehn. Das Problem war, das er ziemlich miefte. Du konntest nicht neben ihm stehen, ohne daß dir kotzübel

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