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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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gefütterten Hausschuhe. Auf dem Tisch die abgearbeiteten Hände. Franck von hinten und ihr verzerrtes Spiegelbild in einem gewölbten Metallkessel.
     
    Sie schenkte jeder ein Porträt, leichtes Entsetzen, und bat dann die Kinder, ihr den Hof zu zeigen, damit sie etwas Luft schnappen konnte. Und wieder nüchtern werden.
     
    Kinder in Batman-Sweatshirts und Stiefeln von Le Chameau rannten bunt durcheinander, fingen Hühner ein, lachten sich schlapp dabei und piesackten die Hunde, indem sie mit langen Stöcken, an denen Gedärme hingen, vor ihnen herliefen …
    »Bradley, spinnst du! Setz nicht den Traktor in Gang, sonst kriegst du Ärger!«
    »Ich will es ihr doch nur zeigen.«
    »Heißt du Bradley?«
    »Ja!«
    Bradley war ganz offensichtlich der Wildeste aus der Rasselbande. Er zog sich halb aus, um ihr seine Narben zu zeigen.
    »Wenn man sie alle hintereinander legen würde«, prahlte er, »würde das eine Naht von 18 cm geben.«
    Camille nickte beeindruckt und malte ihm zwei Batmen: Einen fliegenden und einen im Kampf gegen die Riesenkrake.
    »Wie machst du das, daß du so gut malen kannst?«
    »Du kannst auch gut malen. Alle Menschen können gut malen.«
     
    Am Abend der Festschmaus. Zweiundzwanzig um einen Tisch und Schweinefleisch bis zum Abwinken. Schwänze und Ohren brieten im Kamin, und es wurde darum gelost, auf welchem Teller sie landen würden. Franck hatte sich selbst übertroffen, brachte zunächst eine gallertartige Suppe auf den Tisch, die sehr würzig roch. Camille tunkte ihr Brot hinein, fischte aber nicht in der Tiefe, dann kamen die Blutwurst, die Füße, die Zunge, der Rest sei ausgespart … Sie schob ihren Stuhl ein paar Zentimeter zurück und täuschte die Gesellschaft, indem sie ihr Glas dem Meistbietenden hinhielt. Danach kamen die Desserts an die Reihe, jede hatte eine Obsttorte oder einen anderen Kuchen mitgebracht, und schließlich der Schnaps.
    »Ah … das hier müssen Sie probieren, Mademoiselle. Die Pimpernellen, die sich weigern, bleiben Jungfrau.«
    »Na gut. Aber nur einen kleinen Schluck.«
    Unter dem gewitzten Blick ihres Nachbarn, der nur noch anderthalb Zähne hatte, sicherte sich Camille ihre Entjungferung und nutzte die allgemeine Verwirrung, um schlafen zu gehen.
    Sie fiel wie ein Stein ins Bett und wurde von dem fröhlichen Lärm, der durch den Dielenboden drang, sanft in den Schlaf gewiegt.
     
    Sie schlief schon tief und fest, als er sich an sie kuschelte. Sie grunzte.
    »Mach dir keine Sorgen, ich bin viel zu besoffen, ich tu dir nix«, murmelte er.
     
    Da sie ihm den Rücken zukehrte, schob er seine Nase in ihren Nacken und legte einen Arm um sie, um sich so eng wie möglich an sie zu schmiegen. Ihre kurzen Haare kitzelten ihn in der Nase.
    »Camille?«
    Schlief sie? Tat sie nur so? Keine Antwort jedenfalls.
    »Ich bin gern mit dir zusammen.«
    Leises Lächeln.
    Träumte sie? Schlief sie? Wer weiß?
     
    Als sie am Mittag endlich erwachten, lagen sie in ihren jeweiligen Betten. Sie verloren kein Wort darüber.
    Kater, Verwirrung, Müdigkeit, sie hievten die Matratze wieder an ihren Platz, legten die Bettwäsche zusammen, gingen nacheinander ins Bad und zogen sich schweigend an.
     
    Die Treppe kam ihnen halsbrecherisch vor, und Jeannine hielt beiden wortlos einen schwarzen Kaffee hin. Zwei weitere Frauen saßen schon am Tischende und planschten im Wurstbrät. Camille drehte ihren Stuhl zum Kamin und trank ihren Kaffee, ohne an etwas zu denken. Ganz offensichtlich war der Schnaps zuviel des Guten gewesen, und sie schloß zwischen jedem Schluck die Augen. Pah! Das war der Preis dafür, daß sie kein kleines Mädchen mehr war …
     
    Bei den Gerüchen aus der Küche drehte sich ihr der Magen um. Sie stand auf, schenkte sich nach, steckte ihren Tabak in die Manteltasche und setzte sich in den Hof auf die Schlachtbank der Schweine.
    Franck gesellte sich kurz darauf zu ihr.
    »Darf ich?«
    Sie rückte zur Seite.
    »Tut dir die Birne weh?«
    Sie nickte.
    »Übrigens, ich … ich muß noch bei meiner Großmutter vorbei. Es gibt also drei Möglichkeiten: Entweder ich laß dich hier und hol dich am Nachmittag wieder ab, oder ich nehm dich mit und du wartest irgendwo auf mich, solange ich mit ihr plaudere, oder ich setz dich unterwegs am Bahnhof ab und du fährst allein nach Paris zurück.«
    Sie antwortete nicht sofort. Stellte ihren Kaffee ab, drehte sich eine Zigarette, steckte sie an und stieß eine lange, beruhigende Wolke aus.
    »Was meinst du?«
    »Ich weiß

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