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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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Ihnen vielleicht?«

»Äh. Nein.«
     
    Paulette sagte den ganzen Abend kein Wort. Mehr als vierzig Jahre lang hatte sie Menschen dieses Schlages bei Tisch bedient, und sie fühlte sich zu unwohl, um ihren Senf auf die bestickte Tischdecke zu geben.
     
    Auch der Kaffee war beschwerlich.
    Dieses Mal nahm Philou den Platz der Wurftaube ein:
    »Nun, mein Sohn? Noch immer im Postkartengewerbe?«
    »Noch immer, Vater.«
    »Anregend, nicht wahr?«
    »Ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr.«
    »Werden Sie bitte nicht ironisch. Ironie ist die Waffe der Faulpelze, das dürfte ich Ihnen häufig genug gesagt haben.«
    »Ja, Vater. Die Stadt in der Wüste von Saint-Ex…«
    »Pardon?«
    »Saint-Exupéry.«
    Der Vater schluckte die Pille.
     
    Als sie endlich das düstere Zimmer verlassen durften, in dem alle Tiere der Region ausgestopft über ihren Köpfen hingen, selbst ein Rehkitz, verflucht noch mal, selbst Bambi, trug Franck Paulette in ihr Zimmer. »Wie eine Braut«, flüsterte er ihr ins Ohr und schüttelte traurig den Kopf, als ihm klar wurde, daß er tausend Milliarden Kilometer entfernt von seinen Prinzessinnen schlafen würde, zwei Stockwerke höher.
     
    Er hatte sich umgedreht und befühlte eine geflochtene Wildschweinpfote, während Camille sie entkleidete.
    »Ich glaub das einfach nicht. Ist euch aufgefallen, wie schlecht das Essen war? Was soll das? Das Zeug war ungenießbar! Ich würde es nie wagen, meinen Gästen so was vorzusetzen! Da macht man lieber ein Omelett oder Nudeln!«
    »Sie haben vielleicht nicht die nötigen Mittel?«
    »Mann, jeder hat doch wohl die Mittel für ein gutes Omelett? Das kapier ich nicht. Ich kapier’s nicht. Mit Besteck aus massivem Silber Scheiße fressen und einen elenden Rachenputzer in einer Kristallkaraffe servieren. Bin ich blöd, oder was? Irgendwas kapier ich da nicht. Wenn die nur einen einzigen ihrer elfundfuffzig Leuchter verkaufen würden, hätten sie genug, um ein Jahr lang anständig zu essen.«
    »Sie sehen es wahrscheinlich nicht so. Die Vorstellung, einen einzigen Zahnstocher der Familie zu verkaufen, muß ihnen ebenso ungebührlich vorkommen wie dir die Vorstellung, deinen Gästen Dosengemüse aufzutischen.«
    »Und nicht mal gutes, verflucht noch mal! Ich hab die leere Dose im Mülleimer gesehen. Es war ein No-name-Dingsda! Glaubst du’s? Wohnen in einem solchen Schloß mit Wassergraben und Lüstern, mit Tausenden Hektar Land und allem Drum und Dran und dann Dosenfraß futtern! Das kapier ich nicht. Sich vom Wildhüter Monsieur le Marquis nennen lassen und einem armseliges Dosengemüse mit Mayo in der Tube servieren, ich sag’s dir, ich faß es nicht.«
    »Komm, beruhig dich. So schlimm ist es nun auch wieder nicht.«
    »Doch, das ist schlimm, verdammt! Das ist schlimm! Wozu soll das gut sein, seinen Kindern ein Vermögen zu vererben, wenn du dich nicht mal freundlich mit ihnen unterhalten kannst! Nee, hast du gesehen, wie er mit unserem Philou gesprochen hat? Hast du seine Lippe gesehen, wie er die hochgezogen hat? ›Noch immer im Postkartengewerbe, mein Sohn?‹, sollte heißen, ›du Schwachkopf von Sohn?‹ Ich sag dir, ich hatte Lust, ihm eine zu ballern. Unser Philou ist ein Gott, das reinste menschliche Wesen, das ich in meinem Leben kennengelernt habe, und er hackt auf ihm rum, dieser Arsch.«
    »Zum Teufel, Franck, hör auf so zu fluchen, verdammt«, sagte Paulette betrübt.
    Maulkorb fürs Fußvolk.
     
    »Pff. Außerdem schlaf ich in Timbuktu. Und das sag ich euch, ich geh morgen früh nicht mit zur Messe! Tz, wofür sollte ich Dank sagen? Philou und ich, wir zwei hätten uns besser in einem Waisenhaus kennengelernt.«
    »Ah ja! Bei Miss Pony!«
    »Was?«
    »Nichts.«
    »Gehst du zur Messe?«
    »Ja, ich würde gern.«
    »Und du, Omi?«
    »…«
    »Du bleibst bei mir. Wir werden diesem Pack mal zeigen, was gutes Essen ist. Wenn sie schon nicht die Mittel haben, werden wir sie anständig füttern!«
    »Ich kann nicht mehr sehr viel ausrichten, weißt du.«
    »Das Rezept von deiner Osterpastete, weißt du das noch auswendig?«
    »Natürlich.«
    »Na also, wir werden’s ihnen schon zeigen. An die Laternen, Aristokraten! Gut, ich geh schlafen, sonst lande ich noch im Verlies.«
     
    Wie war die Überraschung groß, als Madaaame Marie-Laurence am nächsten Morgen um acht Uhr in die Küche kam. Franck war schon vom Markt zurück und dirigierte seine unsichtbare Dienerschaft.
    Sie war verblüfft:
    »Mein Gott, aber …«
    »Alles in Ordnung, Madaaaame

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