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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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aufzusehen:
    »Name?«
    »Fauque.«
    »Vorname?«
    »Camille.«
    »Geburtsdatum?«
    »17. Februar 1977.«
     
    »Bitte schön, Mademoiselle Fauque, ich erkläre Sie für arbeitstauglich.«
    »Wunderbar. Was schulde ich Ihnen?«
    »Nichts, es wird … Proclean zahlt für Sie.«
    »Aaah Proclean!« wiederholte sie, stand auf und fügte theatralisch hinzu, »ich bin kloputztauglich, herrlich ist das!«
     
    Er begleitete sie zur Tür.
    Er lächelte nicht mehr und hatte wieder die Maske des Gewissensgurus aufgesetzt.
     
    Während er die Klinke drückte, hielt er ihr die Hand hin:
    »Ein paar Kilos wenigstens? Für mich.«
    Sie schüttelte den Kopf. Das zog nicht mehr bei ihr. Emotionale Erpressungen, davon hatte sie ihre Dosis gehabt.
    »Mal sehen, was sich machen läßt«, antwortete sie. »Mal sehen.«
    Nach ihr trat Samia ein.
     
    Sie stieg die Stufen des Wagens hinunter und tastete ihre Jacke nach einer Zigarette ab. Die dicke Mamadou und Carine saßen auf einer Bank, lästerten über die Passanten und schimpften, weil sie nach Hause wollten.
    »Na?« Mamadou lachte, »was hast du denn da drin getrrieben? Ich muß meine Bahn krriegen! Hat er dich verhext oder was?«
     
    Camille hatte sich auf den Boden gesetzt und sie angelächelt. Nicht das Lächeln von eben. Ein reines Lächeln diesmal. Ihre Mamadou, der konnte sie nichts vormachen, dafür war sie viel zu schlau.
     
    »Is er nett?« fragte Carine und spuckte einen Fetzen von ihrem Fingernagel aus.
    »Ganz toll.«
    »Ah, ich hab’s genau gewußt!« frohlockte Mamadou, »hab ich’s mir doch gedacht! Hab ich’s dir und der Sylvie nicht gesagt, daß sie da drrin ganz nackt war!«
    »Er stellt dich auf die Waage.«
    »Wen? Mich?« schrie Mamadou. »Mich? Wenn der glaubt, daß ich auf seine Waage steige!«
    Mamadou dürfte um die hundert Kilo wiegen, vorsichtig geschätzt. Sie schlug sich auf die Oberschenkel:
    »Niemals! Wenn ich da drraufsteige, zermalme ich sie und ihn gleich mit! Und was noch?«
    »Er verpaßt dir ein paar Spritzen«, warf Carine ein.
    »Was für Sprritzen denn?«
    »Nein, nein«, Camille beruhigte sie, »nein, nein, er hört nur dein Herz und deine Lunge ab.«
    »Das ist okay.«
    »Er faßt auch deinen Bauch an.«
    »Das wollen wir mal sehen«, sie zog ein Gesicht, »das wollen wir doch mal sehen, viel Spaß wünsch ich ihm. Wenn der meinen Bauch anfaßt, frreß ich ihn roh. Mm, lecker, so ein kleines weißes Medizinmännchen.«
    Sie machte einen auf Afrikanerin und rieb sich über ihr Gewand.
    »Oh ja, das ist gutes Ham-ham. Das weiß ich von meinen Ahnen. Mit Maniok und Hahnenkämmen. Mmm …«
    »Und die Bredart, was er mit der wohl macht?«
     
    Die Bredart, Josy mit Vornamen, war ihr Drachen, ihre Furie, ihre Anscheißerin vom Dienst und ihrer aller Lieblingsfeindin. Nebenbei war sie auch noch ihre Vorgesetzte. Die »Vorarbeiterin der Kolonne«, wie ihr Anstecker unmißverständlich verkündete. Die Bredart machte ihnen das Leben schwer, im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Mittel zwar nur, aber immerhin, ermüdend war es schon.
    »Mit der, nichts. Wenn er die riecht, bittet er sie auf der Stelle, sich wieder anzuziehen.«
    Carine hatte nicht unrecht. Zu den bereits erwähnten Qualitäten der Josy Bredart kam hinzu, daß sie ziemlich stark schwitzte.
     
    Dann war Carine an der Reihe, und Mamadou holte aus ihrem Bastkorb ein Bündel Papiere, das sie Camille auf die Knie legte. Diese hatte ihr versprochen, einen Blick darauf zu werfen, und versuchte nun, das ganze Durcheinander zu entziffern.
    »Was ist das?«
    »Fürs Kindergeld!«
    »Nein, ich meine hier die ganzen Namen?«
    »Wie, das ist meine Familie!«
    »Welche Familie?«
    »Welche Familie, welche Familie? Na, meine! Strreng mal deinen Kopf ein bißchen an, Camille!«
    »All die Namen, das ist deine Familie?«
    »Alle«, sagte sie mit stolzem Kopfnicken.
    »Wie viele Kinder hast du denn?«
    »Ich selbst habe fünf und mein Bruder vier.«
    »Und warum stehen die alle da?«
    »Wo da?«
    »Na … Auf dem Papier.«
    »Das ist am einfachsten so, mein Bruder und meine Schwägerin wohnen bei uns, und wo wir außerdem denselben Briefkasten haben …«
    »Das geht aber nicht. Sie sagen, das geht nicht. Du kannst nicht neun Kinder haben.«
    »Und warum nicht?« fragte sie entrüstet, »meine Mutter hatte zwölf!«
    »Moment, reg dich nicht auf, Mamadou, ich sag dir ja nur, was da steht. Sie fordern dich auf, die Situation zu klären und dein Familienstammbuch

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