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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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weg wohne und allein bin? Ist es meine Schuld, daß du Witwe bist? Ist es meine Schuld, daß du nicht mehr Kinder hast, die sich heute um dich kümmern können, als meine
    gestörte Mutter? Ist es meine Schuld, wenn ich keine Geschwister habe, die sich mit Besuchen abwechseln?
    Nein, das ist nicht meine Schuld. Meine einzige Schuld ist, daß ich mir diesen beschissenen Beruf ausgesucht hab. Außer ackern wie ein Blöder kann ich nichts tun, und das Schlimme ist, weißt du, daß ich nichts anderes tun könnte, selbst, wenn ich wollte. Ich weiß nicht, ob du dir darüber im klaren bist, aber ich arbeite jeden Tag außer montags, und montags komm ich dich besuchen. Jetzt tu nicht so erstaunt. Ich hab dir doch gesagt, daß ich sonntags Extraschichten fahre, um mein Motorrad abzuzahlen. Du siehst, ich kann keinen einzigen Tag morgens ausschlafen. Ich fang jeden Morgen um halb neun an und komm abends nicht vor Mitternacht raus. Darum muß ich nachmittags schlafen, damit ich das durchhalte.
    Da siehst du’s, das ist mein Leben: nichts. Ich tu nichts. Ich seh nichts. Ich kenn nichts, und das Schlimmste ist, ich versteh auch nichts. In dem ganzen Chaos gab’s nur ein Gutes, eins nur, die Bude, die ich bei dem seltsamen Vogel ergattert hatte, von dem ich dir schon oft erzählt hab. Dem Adligen, weißt du? Okay, und selbst das läuft kacke im Moment. Er hat ein Mädchen angeschleppt, das jetzt da ist, das bei uns wohnt und mir dermaßen auf den Keks geht, das kannst du dir nicht vorstellen. Sie ist nicht mal seine Freundin! Ob der Typ sie irgendwann mal flachlegt … eh … Pardon, ob er sie irgendwann mal rumkriegt, ich weiß es nicht. Nein, es ist einfach nur ein armes Ding, das er unter seine Fittiche genommen hat, und jetzt ist die ganze Atmosphäre in der Wohnung einfach nur verkorkst, und ich werd mir was anderes suchen müssen. Gut, aber das ist nicht so schlimm, ich bin schon so oft umgezogen, daß es auf eine Adresse mehr oder weniger nicht ankommt. Das krieg ich schon hin. Bei dir allerdings, da kann ich nichts machen, verstehst du? Zum ersten Mal hab ich einen Chef, mit dem ich gut kann. Ich erzähl dir oft, wie er brüllt und so, trotzdem, der Typ ist korrekt. Zum einen gibt’s keinen Zoff mit ihm, zum anderen ist er super. Ich hab wirklich das Gefühl, bei ihm was dazuzulernen, verstehst du? Ich kann ihn jetzt nicht einfach im Stich lassen, jedenfalls nicht vor Ende Juli. Ich hab ihm das mit dir nämlich erzählt, weißt du? Ich hab ihm gesagt, daß ich lieber wieder hier in der Gegend arbeiten will, um näher an dir dran zu sein, und ich weiß, daß er mir helfen wird, aber bei dem Niveau, das ich heut hab, will ich nicht mehr einfach irgendwas annehmen. Wenn ich hierher zurückgeh, dann entweder als zweiter Chef in einem Feinschmeckerrestaurant oder als Chef in einem normalen Laden. Ich will hier nicht mehr den Lakai machen, ich hab schon genug eingesteckt. Du mußt jetzt also Geduld haben und aufhören, mich so anzusehen, sonst, das sag ich dir ganz offen, komm ich dich nämlich gar nicht mehr besuchen.
    Ich sag’s dir noch mal, ich hab nur einen freien Tag in der Woche, und wenn mich dieser Tag runterzieht, tja, dann ist das das Ende für mich. Außerdem kommen jetzt die Feiertage, und ich muß noch mehr arbeiten als sonst, du könntest mir auch mal helfen, verdammt.
    Moment, eine Sache noch. Eine Frau von hier hat mir erzählt, daß du die anderen nicht sehen willst, ich versteh dich gut, keine Frage, sie sind ja nicht wirklich witzig, die Leutchen hier, aber du könntest wenigstens ein Minimum mitmachen. Wer weiß, vielleicht gibt es ja noch eine andere Paulette hier, versteckt in ihrem Zimmer, die genauso verloren ist wie du. Vielleicht würde sie auch gern über ihren Garten reden und ihren wunderbaren Enkel, aber wie soll sie dich finden, wenn du hier sitzt und schmollst wie ein Kind?«
     
    Sie sah ihn fassungslos an.
     
    »Okay, das war’s. Ich hab alles gesagt, was ich auf dem Herzen hatte, jetzt kann ich nicht mal mehr aufstehen, weil mir der Ar… der Hintern weh tut. Und? Was nähst du da eigentlich?«
     
    »Bist du’s, Franck? Bist du’s wirklich? Es ist das erste Mal in meinem Leben, das ich dich so viel am Stück reden höre. Du bist doch nicht krank?«
    »Nee, ich bin nicht krank, ich bin nur müde. Ich hab die Schnauze voll, verstehst du?«
     
    Sie betrachtete ihn lange, schüttelte dann den Kopf, als würde sie endlich aus ihrer Erstarrung erwachen. Sie hielt ihr Nähzeug

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