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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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Kino?«
    »Fährst du Weihnachten nach Lyon?«
    »Muß wohl. Du weißt ja, wie dein Onkel ist. Es ist ihm schnurzegal, wie’s mir geht, aber wenn ich seine Pute verpasse, ist das gleich ein Drama. Kommst du dieses Jahr mit?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich arbeite.«
    »Fegst du die Christbaumnadeln auf?« höhnte sie.
    »Genau.«
    »Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    »Nein.«
    »Glaub mir, ich versteh dich. Diese ganzen Idioten rund um den Weihnachtskuchen, das ist schon schwer zu ertragen.«
    »Du übertreibst. Sie sind doch eigentlich ganz nett.«
    »Pfff … ihre nette Art macht mich auch depressiv.«
    »Ich lade dich ein«, sagte Camille und fing die Rechnung ab. »Ich muß los.«
    »Sag mal, hast du dir die Haare schneiden lassen?« fragte ihre Mutter vor dem Eingang zur Metro.
    »Ich habe mich schon gefragt, ob du es noch merkst.«
    »Das ist ja schrecklich! Warum hast du das gemacht?«
     
    Camille stürmte in aller Eile die Rolltreppen hinunter.
    Luft, schnell.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    8
     
     
     
    Sie wußte, daß sie da war, sie brauchte sie gar nicht zu sehen. Es war zu riechen.
    Ein aufdringliches, süßliches Parfum, ihr drehte sich der Magen um. Sie stürmte in ihr Zimmer und sah sie im Salon. Franck fläzte auf dem Boden und lachte über eine junge Frau, die sich in den Hüften wiegte. Er hatte die Musik voll aufgedreht.
    »Abend«, warf sie ihnen im Vorbeigehen zu.
    Als sie die Tür zuzog, hörte sie ihn murmeln: »Das geht dich nichts an. Das braucht uns nicht zu kümmern, sag ich. Los, mach weiter.«
     
    Das war keine Musik, das war Lärm. Ein schreckliches Stück. Die Wände, die Bilderrahmen und das Parkett bebten. Camille wartete noch einen Moment, dann ging sie hinüber:
    »Du solltest die Musik etwas leiser drehen. Sonst kriegen wir Ärger mit den Nachbarn.«
    Das Mädchen war stehengeblieben und hatte angefangen zu glucksen.
    »He, Franck, ist sie das? Ist sie das? He? Bist du die Putze?«
    Camille starrte sie lange an. Philibert hatte recht: Es war erstaunlich.
    Ein Konzentrat aus Dummheit und ordinärem Gehabe. Plateauschuhe, Jeans mit Flitterkram, schwarzer BH, großmaschiger Pullover, selbstgefärbte Strähnchen und Gummilippen, nichts fehlte.
    »Ja, das bin ich.« Dann an Franck gewandt, »stell das bitte leiser.«
    »Mann! Du nervst. Komm schon. Husch, husch ins Körbchen.«
    »Ist Philibert nicht da?«
    »Nee, der ist bei Napoleon. Los, geh schlafen, sag ich.«
    Das Mädchen lachte noch lauter.
    »Wo ist der Lokus? He, wo ist der Lokus?«
    »Stell das leiser, oder ich ruf die Bullen.«
    »Ja, ja, genau, ruf die Bullen und hör auf, uns auf den Geist zu gehen. Los! Zieh Leine, sag ich!«
     
    Pech für ihn, daß Camille ein paar Stunden mit ihrer Mutter hinter sich hatte.
    Aber das konnte Franck nicht wissen.
    Pech für ihn, also.
     
    Sie machte auf dem Absatz kehrt, ging in sein Zimmer, trampelte über seine Sachen, machte das Fenster auf, zog den Stecker der Stereoanlage heraus und warf das Ding die vier Stockwerke hinunter.
    »Ist schon okay. Das mit den Bullen hat sich erledigt.«
    Dann, im Hinausgehen:
    »He … Mach den Mund zu, sonst fängst du noch Fliegen.«
     
    Sie schloß sich ein. Er trommelte, schrie, grölte, drohte ihr mit Vergeltung. Sie betrachtete sich währenddessen lächelnd im Spiegel und wurde von einem interessanten Selbstporträt überrascht. Leider war sie nicht in der Verfassung, irgend etwas zu malen: zu feuchte Hände.
     
    Sie wartete, bis die Wohnungstür ins Schloß fiel, wagte sich dann in die Küche, aß eine Kleinigkeit und legte sich schlafen.
     
    Er rächte sich mitten in der Nacht.
    Gegen vier wurde Camille von einem schmachtenden Spektakel im Zimmer nebenan geweckt. Er grunzte, sie stöhnte. Er stöhnte, sie grunzte.
    Sie stand auf und überlegte einen Moment im Dunkeln, ob sie nicht auf der Stelle ihre Sachen packen und verduften sollte.
    Nein, flüsterte sie, nein, das wäre für ihn ein Triumph. Was für ein Lärm, mein Gott, was für ein Lärm. Das mußten sie absichtlich machen, das konnte nicht sein. Er feuerte sie bestimmt an, noch lauter zu sein. Himmel, war sie denn mit einem elektronischen Verzerrer ausgestattet, diese Tussi?
     
    Er hatte gewonnen.
    Ihre Entscheidung war gefallen.
    Sie konnte nicht wieder einschlafen.
     
    Am nächsten Morgen stand sie früh auf und machte sich leise fertig. Sie zog ihr Bett ab, legte die

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