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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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Blick, Leidenschaft, Romanze, Geldgeschichten und der ganze Kladderadatsch, es war passiert. Sie war es, die ihm zum Erfolg verholfen, ihn auf den Weg gebracht, ihn unterstützt, ihn geführt, ihn ermuntert hat etc. Eine Art Pygmalion, wenn du so willst.«
    »Eine Art was?«
    »Eine Art Guru, Coach, Cheerleader. Sie hatten große Probleme, ein Kind zu kriegen, und adoptierten schließlich eins, dann – wir spulen vor und sind im Jahr 1977, ihre Ehe ist angeschlagen. Er war nach oben katapultiert, ein Star, ein Gott fast. Und ihre Scheidung war wie alle Scheidungen eine schmutzige Angelegenheit. Du kannst dir vorstellen, die Scheidungssumme war horrend. Kurzum, es war zutiefst verletzend, und um alle zu beschwichtigen und ihre Konten zu saldieren, schlug Marvins Rechtsanwalt vor, daß alle Tantiemen an seinem nächsten Album in die Geldkatze der Ex fließen sollten. Der Richter war einverstanden, und unser Idol rieb sich die Hände: Er stellte sich vor, daß er ihr ein Album hinrotzen würde, schnell gemacht, gut gemacht, um sich von dieser Bürde zu befreien. Nur daß er es nicht konnte. Man konnte eine Liebesgeschichte nicht so einfach verscherbeln. Das heißt … Manche können es ziemlich gut, er nicht. Je mehr er darüber nachdachte, desto mehr fand er, daß die Gelegenheit zu günstig wäre … oder zu erbärmlich. Also zog er sich zurück und komponierte ein kleines Wunderwerk, das ihre ganze Geschichte nachzeichnet: ihre erste Begegnung, ihre Leidenschaft, ihre ersten Bruchstellen, ihr Kind, ihre Eifersucht, ihren Haß, ihre Wut … Hörst du? Anger , wenn alles kaputtgeht? Dann die Beruhigung und der Beginn einer neuen Liebe. Es ist ein wunderschönes Geschenk, findest du nicht? Er hat alles gegeben, er hat alles aus sich herausgeholt, um ein Album zu machen, das ihm nicht einmal einen Cent einbringen würde.«
    »Hat ihr das gefallen?«
    »Wem, der Ex?«
    »Ja.«
    »Nein, sie hat es gehaßt. Sie war stinkwütend und hat ihm lange Zeit vorgehalten, ihr Privatleben in der Öffentlichkeit breitgetreten zu haben. Hier, das ist es: This is Anna’s Song … Hörst du, wie schön? Du mußt zugeben, das klingt nicht nach Rache. Das klingt immer noch nach Liebe.«
    »Jaaa.«
    »Stimmt dich das nachdenklich?«
    »Glaubst du daran?«
    »Woran?«
    »Daß die erste Liebe immer die letzte ist?«
    »Ich weiß nicht. Ich hoffe nicht.«
    Sie hörten sich die CD zu Ende an, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
     
    »Auf jetzt. Fast vier, Scheiße. Ich werd ja morgen in Form sein.«
    Er stand auf.
    »Gehst du zu deiner Familie?«
    »Zu dem, was davon übrig ist, ja.«
    »Ist denn nicht mehr viel davon übrig?«
    »So viel«, sagte er und hielt Daumen und Zeigefinger vor sein Auge.
    »Und du?«
    »So viel«, antwortete sie und hielt die Hand über den Kopf.
    »Na dann, willkommen im Club. Okay … Gute Nacht.«
    »Schläfst du hier?«
    »Stört es dich?«
    »Nee, nee, ich wollt’s nur wissen.«
     
    Er drehte sich um: »Schläfst du mit mir?«
    »Pardon?«
    »Nee, nee, ich wollt’s nur wissen.«
    Er grinste sich eins.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    13
     
     
     
    Als sie gegen elf aufstand, war er schon weg. Sie kochte sich eine große Kanne Tee und ging wieder ins Bett.
    Dürfte ich nur eine einzige Begebenheit aus meinem Leben berichten, wählte ich diese: Ich war sieben Jahre alt, als der Postbote meinen Kopf überfuhr …
     
    Am späten Nachmittag riß sie sich von ihrer Geschichte los, um Tabak zu kaufen. An einem Feiertag würde das nicht leicht sein, aber egal, es war ohnehin vor allem ein Vorwand, damit sich die Geschichte setzen konnte und sie später die Freude hätte, zu ihrem neugewonnenen Freund zurückzukehren.
    Die großen Avenuen im 7. Arrondissement waren menschenleer. Sie lief lange auf der Suche nach einem offenen Café und nutzte die Gelegenheit, um bei ihrem Onkel anzurufen. Das Gejammer ihrer Mutter (ich hab zu viel gegessen etc.) ging im fernen Wohlwollen familiärer Herzensergüsse unter.
     
    Viele Weihnachtsbäume waren schon auf den Bürgersteigen gelandet.
     
    Sie blieb einen Moment stehen, um den Rollschuhakrobaten am Trocadero zuzuschauen, und bedauerte, daß sie ihr Heft nicht mitgenommen hatte. Mehr noch als die oft ausgefeilten und sinnlosen Kapriolen mochte sie ihre einfallsreichen Bastelarbeiten: wacklige Sprungbretter, leuchtende Pylonen, in einer Reihe aufgestellte Bierdosen, umgedrehte Paletten und

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