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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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die Kraft zu motzen. Sie war in der Küche, er setzte sich ihr gegenüber, nahm sich einen Liter Kaffee und brauchte eine Weile, bis er sich dazu durchringen konnte, ihn zu trinken.
    »Alles in Ordnung?«
    »Müde.«
    »Machst du nie Urlaub?«
    »Doch. Die ersten Januartage. Für meinen Umzug.«
    Sie sah aus dem Fenster.
    »Bist du um drei Uhr da?«
    »Um dir aufzumachen?«
    »Ja.«
    »Ja.«
    »Gehst du nie raus?«
    »Doch, kommt schon vor, aber heute nachmittag gehe ich nicht raus, weil du hier sonst nicht reinkommst.«
    Er nickte wie ein Zombie:
    »Okay, ich muß los, sonst werd ich einen Kopf kürzer gemacht.«
    Er stand auf, um seine Schale zu spülen.
    »Was hat deine Mutter für eine Adresse?«
    Er erstarrte vor der Spüle.
    »Warum fragst du?«
    »Um ihr zu danken.«
    »Ihr … zzzzu …« er hatte einen Frosch im Hals, »ihr zu danken, wofür?«
    »Na, für den Schal.«
    »Ach so. Aber den hat doch nicht meine Mutter gemacht, sondern meine Omi!« belehrte er sie erleichtert, »nur meine Omi kann so gut stricken!«
    Camille lächelte.
    »Du mußt ihn nicht anziehen, weißt du?«
    »Er gefällt mir gut.«
    »Ich bin richtig zusammengezuckt, als sie ihn mir gezeigt hat.«
     
    Er lachte.
    »Und dabei ist das noch gar nix. Wenn du den für Philibert sehen würdest.«
    »Wie ist der?«
    »Orange und grün.«
    »Ich bin sicher, er wird ihn tragen. Er wird es nur bedauern, daß er ihr zum Dank keinen Handkuß geben kann.«
    »Ja, das habe ich auch gedacht, als ich gefahren bin. Zum Glück sind die Sachen für euch. Ihr zwei seid die einzigen Menschen auf dieser Welt, die imstande sind, diese häßlichen Dinger zu tragen, ohne dabei lächerlich zu wirken.«
    Sie betrachtete ihn:
    »Ha, ist dir aufgefallen, daß du gerade was Nettes gesagt hast?«
    »Ist es nett, euch als Clowns zu bezeichnen?«
    »Oh Pardon. Ich dachte, du sprichst von unserer natürlichen Klasse …«
    Es dauerte einen Moment, bis er ihr antwortete:
    »Nein, ich spreche von … von eurer Freiheit, glaube ich. Von dem Glück, das ihr habt, für euch zu leben und auf alles andere zu pfeifen.«
    In dem Moment klingelte sein Handy. Sie hatte kein Glück, wenn er ausnahmsweise einmal ins Sinnieren geriet.
     
    »Bin schon da, Chef, bin schon da … Aber klar doch, ich bin fertig … Na ja, die kann Jean-Luc doch machen, oder … Moment mal, Chef, ich versuche gerade ein Mädchen rumzukriegen, das deutlich intelligenter ist als ich, ist doch klar, daß das mehr Zeit braucht als sonst … Was? Nee, da hab ich noch nicht angerufen … Aber ich hab Ihnen doch schon gesagt, daß der nicht kann … Ich weiß, daß alle überlastet sind, das weiß ich … Okay, ich kümmer mich drum … Ich ruf ihn gleich an … Was? Das Mädchen sausen lassen? Ja, Sie haben bestimmt recht, Chef.«
     
    »Das war mein Chef«, erklärte er ihr und warf ihr ein schiefes Lächeln zu.
    »Ach ja?« fragte sie erstaunt.
    Er trocknete seine Kaffeeschale ab, zog von dannen und fing die Tür gerade so weit ab, daß sie nicht knallte.
     
    Schön, das Mädchen war blöd, aber ganz und gar nicht dumm, das war das Gute.
     
    Bei jeder anderen Tussi hätte er aufgelegt und fertig. Aber ihr hatte er gesagt, es sei sein Chef, um sie zum Lachen zu bringen, und sie war so gewitzt, darauf anzuspringen und erstaunt zu tun. Eine Unterhaltung mit ihr war wie Pingpong: Sie hielt das Tempo und schmetterte die Bälle in die Ecken, wenn man am wenigsten darauf gefaßt war, das gab einem das Gefühl, weniger blöd zu sein.
    Er rannte die Treppe hinunter, hielt sich dabei am Geländer fest und hörte über seinem Kopf die Räder und das Getriebe quietschen. Mit Philibert war es genauso, er unterhielt sich gerne mit ihm.
    Er wußte nämlich, daß er gar nicht so doof war, wie er aussah, sein Problem waren eben die Wörter. Ihm fehlten immer die Wörter, deshalb mußte er laut werden, um sich verständlich zu machen. Stimmt schon, das war total beschissen, verdammt!
     
    Aus all diesen Gründen tat es ihm leid, hier auszuziehen. Was würde er bei Kermadec machen? Picheln, rauchen, sich DVDs reinziehen und auf dem Klo in Motorradzeitschriften blättern.
    Super.
    Zurück auf zwanzig.
     
    Zerstreut versah er seinen Dienst.
    Das einzige Mädchen im ganzen Universum, das in der Lage war, einen Schal zu tragen, den seine Oma gestrickt hatte, und dabei noch gut auszusehen, würde er nie haben können.
    Das Leben war schon ätzend.
     
    Er sah noch mal bei den Dessertköchen vorbei, bevor er ging,

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