Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
Vom Netzwerk:
Papagei, einen Pavian, ein Stück Schildkrötenpanzer, Korallenstöcke, Zimt, einen Elchhuf etc. Er ist wie ein kleines Kind. Er macht sogar einen Umweg, um einen gestrandeten Wal zu sehen, der am Nordseestrand verwest. Und natürlich malt er. Wie ein Verrückter. Er ist fünfzig, er ist auf dem Höhepunkt seines Schaffens, und egal, was er macht: einen Papagei, einen Löwen, ein Walroß, einen Leuchter oder das Porträt seines Gastwirts, es ist … es ist …«
    »Es ist was?«
    »Hier, sieh selbst.«
    »Nee, nee, davon versteh ich nix!«
    »Da gibt es nichts zu verstehen! Sieh dir den Alten an, wie beeindruckend der ist. Und diesen schönen jungen Mann, siehst du, wie stolz er ist? Wie selbstsicher er aussieht? Man könnte glatt meinen, das wärst du, die gleiche Überheblichkeit, die gleichen weiten Nasenlöcher …«
    »Ach, tatsächlich? Findest du, daß er gut aussieht?«
    »Ein leichtes Backpfeifengesicht, oder?«
    »Das macht der Hut.«
    »Ah ja, du hast recht«, lächelte sie, »das muß der Hut sein. Und seine Visage? Ist die nicht irre? Man meint doch, daß er uns verhöhnt, daß er uns provoziert: ›He, Leute. Das ist es, was euch erwartet …‹«
    »Zeig mal.«
    »Hier. Aber was mir am besten gefällt, sind seine Porträts, und was mich echt umhaut, ist die Ungeniertheit, mit der er sie malt. Hier auf der Reise ist es vor allem Tauschwährung, nichts anderes als Naturalienhandel: dein Können gegen meins, dein Porträt für ein Abendessen, einen Rosenkranz, ein Kinkerlitzchen für meine Frau und einen Mantel aus Kaninchenfell. Ich hätte liebend gern in dieser Zeit gelebt. Ich halte den Naturalienhandel für eine geniale Wirtschaftsform.«
    »Und wie geht es aus? Kriegt er seine Flocken?«
    »Ja, aber zu welchem Preis. Die dicke Margarete verschmäht ihn, sie geht sogar so weit, das Porträt abzulehnen, das er extra für sie von ihrem Vater angefertigt hat, die dumme Nuß. Also tauscht er es gegen ein Bettlaken! Außerdem kehrt er krank zurück, eine fiese Geschichte, die er sich ausgerechnet bei seinem Abstecher zu dem Wal eingefangen hat. Sumpffieber, glaube ich. Ach übrigens, hier ist eine Maschine frei geworden.«
    Seufzend stand er auf.
    »Dreh dich um, ich will nicht, daß du meine Unterwäsche siehst.«
    »Ach, die brauch ich nicht zu sehen, um sie mir vorstellen zu können. Philibert geht bestimmt in Richtung gestreifte Unterhosen, aber du trägst sicher diese kleinen hautengen Dinger von Hom, bei denen auf dem Bund was draufsteht.«
    »Du bist ganz schön gut. Los, guck wenigstens nach unten.«
     
    Er machte sich an der Maschine zu schaffen, nahm seine halbvolle Flasche Waschmittel und stützte sich mit den Ellbogen auf die Maschine:
    »Das heißt, so gut bist du nun auch wieder nicht. Sonst würdest du nicht putzen gehen, du würdest es machen wie der Typ da. Du würdest arbeiten …«
    Stille.
    »Hast recht. Ich bin nur gut bei Unterhosen.«
    »Was ja schon mal nicht schlecht ist, oder?! Vielleicht ist das eine Marktlücke. Übrigens, hast du am 31. schon was vor?«
    »Willst du mich zu einer Fete einladen?«
    »Nee. Zum Arbeiten.«
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    16
     
     
     
    »Warum nicht?«
    »Weil ich das nicht kann!«
    »Moment mal, es verlangt ja keiner von dir, daß du kochst! Du sollst bloß ein bißchen beim Mise en Place helfen.«
    »Was ist denn das Mise en Place?«
    »Das ist alles, was man vorher vorbereitet, um Zeit zu sparen, wenn’s rundgeht.«
    »Und was müßte ich da machen?«
    »Maronen schälen, Pfifferlinge putzen, Trauben enthäuten und entkernen, Salat waschen. Na ja, haufenweise idiotisches Zeug.«
    »Ich bin nicht mal sicher, ob ich das kann.«
    »Ich zeig dir alles, ich erklär’s dir.«
    »Dazu hast du doch gar nicht die Zeit.«
    »Nein. Deshalb werd ich dich vorher briefen. Ich bring morgen etwas Übungsmaterial mit und bilde dich in meiner Pause aus.«
    »…«
    »Komm schon! Es wird dir guttun, unter Leute zu kommen. Wo du nur mit Toten lebst und mit Typen redest, die nicht mehr da sind. Du bist ständig allein. Ist doch ganz normal, daß du nicht richtig tickst.«
    »Ich tick nicht richtig?«
    »Nee.«
     
    »Hör zu. Du tust mir damit einen Gefallen. Ich hab meinem Chef versprochen, daß ich jemanden finde, der uns hilft, und ich finde niemanden. Ich sitz in der Klemme.«
    »…«
    »Komm schon, gib dir einen Ruck. Danach verdrück ich mich, und du siehst mich nie mehr wieder.«
    »Ich bin zu einer Fete eingeladen.«
    »Wann mußt du

Weitere Kostenlose Bücher