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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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aber im Moment ist alles in der Schwebe. Eben wegen meiner Großmutter. Wegen Paulette.«
    »Was hat sie denn?«
    »Pff … Ich hab keine Lust, darüber zu reden. Erzähl mir lieber von deinem Reisebuch.«
    Er rückte mit seinem Stuhl heran.
    »Kennst du Albrecht Dürer?«
    »Den Schriftsteller?«
    »Nein. Den Maler.«
    »Nie gehört.«
    »Doch, ich bin mir sicher, daß du schon welche von seinen Bildern gesehen hast. Einige sind ganz berühmt. Ein junger Hase, Gräser, Löwenzahn.«
    »…«
    »Für mich ist er ein Gott … Ich habe zwar mehrere Götter, aber er ist mein Gott Nummer eins. Hast du irgendwelche Götter?«
    »Hm.«
    »In deinem Beruf? Ich weiß nicht … Escoffier, Carême, Curnonsky?«
    »Hm.«
    »Bocuse, Robuchon, Ducasse?«
    »Ach so, du meinst Vorbilder? Ja, ich hab welche, aber die sind nicht so berühmt, oder weniger berühmt. Weniger im Rampenlicht halt. Kennst du Chapel?«
    »Nein.«
    »Pacaud?«
    »Nein.«
    »Senderens?«
    »Den Typ vom Lucas Carton?«
    »Ja. Wahnsinn, was du alles weißt. Wie machst du das bloß?«
    »Moment mal, ich kenn ihn nur so, vom Namen her, ich bin nie dagewesen.«
    »Der ist echt gut. Ich hab sogar ein Buch von ihm in meinem Zimmer. Das kann ich dir zeigen. Er und Pacaud, das sind für mich die Meister. Und daß sie weniger bekannt sind als die anderen, liegt daran, daß sie eben in der Küche stehen. Na ja, ich sag das so, keine Ahnung. So stell ich es mir jedenfalls vor. Vielleicht lieg ich auch total daneben.«
    »Aber unter Köchen unterhaltet ihr euch doch auch? Erzählt euch von euren Erfahrungen?«
    »Nicht so viel. Wir sind nicht sehr geschwätzig, weißt du? Wir sind zu schlapp, um zu quasseln. Wir zeigen uns Sachen, irgend welche Kniffe, wir tauschen Ideen aus, Rezepte, die wir hier und da aufgeschnappt haben, aber viel weiter geht es meistens nicht.«
    »Schade.«
    »Wenn wir uns gut ausdrücken könnten, schöne Sätze von uns geben und so was, würden wir diese Arbeit nicht machen, so viel ist klar. Also, ich jedenfalls nicht, ich würd sofort aufhören.«
    »Warum?«
    »Weil … Es ist idiotisch. Die reinste Sklavenarbeit. Du hast ja gesehen, wie mein Leben aussieht. Total beschissen. Okay … eh … ich red überhaupt nicht gern über mich. Und dein Buch?«
    »Tja, mein Buch … ist ein Tagebuch, das Dürer von 1520 bis 1521 auf einer Reise in die Niederlande geführt hat. Eine Art Reisebuch oder Journal. Es ist im übrigen der Beweis dafür, daß ich ziemlich daneben liege, wenn ich in ihm einen Gott sehe. Der Beweis, daß auch er ein ganz normaler Mann war. Der jeden Pfennig umdrehte, der wütend wurde, wenn er feststellte, daß ihn die Zöllner reingelegt hatten, der sich immer wieder von seiner Frau trennte, der sich beim Spielen nicht beherrschen konnte und dabei Geld verlor, der naiv war, gern gut aß, ein Macho und auch ein bißchen dünkelhaft. Aber okay, das alles ist nicht so wichtig, im Gegenteil, das macht ihn menschlicher. Und … hm … Willst du noch mehr hören?«
    »Ja.«
    »Eigentlich ist es eine Reise, die er aus einem ziemlich ernsten Grund angetreten hat, nämlich um sein Überleben zu sichern, das seiner Familie und der Leute, die mit ihm in seinem Atelier gearbeitet haben. Bis dahin hatte er unter dem Schutz Kaiser Maximilians I. gestanden. Einem Kerl, der total größenwahnsinnig war und ihm einen verrückten Auftrag erteilt hatte: Er sollte ihn am Kopf eines Triumphzugs darstellen, um ihn für immer unsterblich zu machen. Ein Werk aus mehreren Holzschnitten, von denen Jahre später schließlich ein Abdruck gemacht wurde und das mehr als vierundfünfzig Meter lang ist. Kannst du dir das vorstellen?
    Für Dürer war das ein Segen. Jahrelange gesicherte Arbeit. Unglücklicherweise kratzt Maximilian kurze Zeit später ab, und schon sind seine jährlichen Einkünfte gefährdet. Katastrophe. Deshalb
    macht sich unser Mann also mit seiner Frau und der Dienerin im Schlepptau auf den Weg, um Karl V. dem künftigen Kaiser, und Margarete von Österreich, der Tochter seines ehemaligen Schutzherrn, um den Bart zu gehen, denn diese Einkünfte müssen unbedingt weiter fließen.
    So weit die Situation. Deshalb ist er am Anfang etwas gestreßt, was ihn aber nicht davon abhält, ein perfekter Tourist zu sein. Er begeistert sich für alles, die Gesichter, die Sitten, die Kleider, besucht seinesgleichen, die Handwerker, bewundert ihre Arbeit, besucht alle Kirchen, kauft eine ganze Menge Nippes, frisch aus der Neuen Welt importiert: einen

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