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Zusammen ist man weniger allein

Zusammen ist man weniger allein

Titel: Zusammen ist man weniger allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gavalda
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nicht ernst! Das war nur Blödsinn!«
    »Ja, ja«, stimmte sie zu und faßte sich mit der Hand an die Stirn.
    »Nur Blödsinn, das ist mir schon klar. Du mußt los, sonstkommst du zu spät.«
     
    Er streifte sich in der Diele die Motorradkluft über und zog die Tür hinter sich zu, nicht ohne sich vorher auf den Helm zu schlagen.
    Der kleine Punkt bist du …
    Bescheuert, der Typ.
     
     
     
     
     
     
     
    2
     
     
     
    Da er ausnahmsweise einmal keinen Rucksack voller Proviant mitschleppte, legte er sich auf den Tank und ließ die Geschwindigkeit ihre wunderbar reinigende Arbeit verrichten: Beine zusammengepreßt, Arme gestreckt, Brustkorb im Warmen und Helm kurz vorm Zerspringen, drehte er das Handgelenk bis zum Anschlag, um seinen Ärger hinter sich zu lassen und an nichts mehr zu denken.
    Er fuhr schnell. Viel zu schnell. Bewußt. Um zu sehen.
     
    Seit er sich erinnern konnte, hatte er einen Motor zwischen den Beinen und eine Art Juckreiz im Handteller, und seit er sich erinnern konnte, betrachtete er den Tod nicht als ein ernst zu nehmendes Problem. Als weitere Unannehmlichkeit höchstens. Wenn überhaupt. Da er sowieso nicht mehr da wäre, um darunter zu leiden, welche Rolle spielte es dann, wirklich?
     
    Kaum hatte er drei Sous in der Tasche, hatte er Schulden gemacht, um sich eine Maschine zu leisten, die für sein Spatzenhirn viel zu groß war, und kaum hatte er drei gewiefte Kumpel an der Hand, hatte er noch mehr ausgegeben, um ein paar Millimeter auf dem Tacho gutzumachen. An der Ampel war er ruhig, hinterließ nie Gummi auf dem Asphalt, maß sich nicht mit anderen und sah keinen Sinn darin, hirnrissige Risiken auf sich zu nehmen. Doch sobald er Gelegenheit hatte, war er auf und davon, holte alles aus der Maschine heraus und bemühte seinen Schutzengel.
     
    Er liebte die Geschwindigkeit. Die liebte er wirklich. Mehr als alles auf der Welt. Mehr noch als die Weiber. Sie hatte ihm die einzigen glücklichen Momente im Leben beschert: Ruhe, Erleichterung, Freiheit. Als er vierzehn war, klammerte er sich an seinen Feuerstuhl wie ein Frosch an eine Streichholzschachtel (so sagte man
    damals) und war der König der kleinen Landstraßen der Touraine, mit zwanzig leistete er sich seine erste schwere Maschine, gebraucht, nachdem er den ganzen Sommer über in einem drittklassigen Schuppen bei Saumur rangeklotzt hatte, und heute war es zwischen zwei Schichten sein einziger Zeitvertreib: von einem Bike träumen, es kaufen, es auf Hochglanz polieren, alles aus ihm rausholen, von einem anderen Bike träumen, bei einem Vertragshändler rumhängen, es kaufen, es auf Hochglanz polieren etc.
     
    Ohne sein Motorrad hätte er sich vielleicht öfter darauf beschränkt, seine Alte anzurufen, in der Hoffnung, sie möge ihm nicht jedesmal ihr ganzes Leben erzählen.
     
    Das Problem war, es funktionierte nicht mehr so gut. Selbst bei 200 stellte sich die Leichtigkeit nicht mehr ein.
    Selbst bei 210, selbst bei 220 arbeitete sein Verstand auf Hochtouren. Da konnte er noch so sehr versuchen, sich durchzumogeln, auszuweichen, sich durchzuschlängeln, zu beschleunigen, gewisse Erkenntnisse blieben an seiner Lederjacke kleben und nagten zwischen zwei Tankstellen an seinem Verstand.
     
    Und nun heute, an einem 1. Januar, der blitzsauber war wie eine neue Münze, ohne Tasche, ohne Rucksack, mit nichts anderem auf dem Programm als einem leckeren Essen mit zwei liebenswerten Großmütterchen, hatte er sich wieder aufgerichtet und brauchte nicht mehr zum Dank den Fuß rauszustrecken, wenn ein zuvorkommender Autofahrer erschreckt auswich.
     
    Er hatte die Waffen gestreckt und begnügte sich damit, von einem Punkt zum nächsten zu fahren und dabei immer wieder dieselbe zerkratzte alte Platte abzuspulen: Warum dieses Leben? Wie lange noch? Und wie das alles überstehen? Warum dieses Leben? Wie lange noch? Und wie das alles überstehen? Warum dieses Leben? Wie lange …
     
    Er war todmüde und im Grunde gut gelaunt. Er hatte Yvonne eingeladen, um sich zu bedanken und – zugegeben – damit sie für ihn die Unterhaltung übernahm. Zum Dank konnte er den Autopilot einschalten. Ein Lächeln nach rechts, ein Lächeln nach links, ein paar Flüche, um ihnen eine Freude zu machen, und schon wäre es Zeit für den Kaffee. Klasse.
     
    Sie holte Paulette in ihrem Käfig ab, und dann wollten sie sich im Hôtel des Voyageurs treffen, einem kleinen Lokal mit Zierdeckchen und Trockenblumen, in dem er seine Lehre gemacht und anschließend

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