Zwanghafte Gier
Sauberkeitsfimmel hast.« Sie rümpfte die Nase bei diesem Wort, als würde es stinken.
»Wenn sie jetzt auch noch zu frömmeln anfängt«, sagte Tim Barnes zu seiner Frau, »kann sie gleich ausziehen.«
Doch ob die Pubertät Frankies Zwangsneurose nun ausgelöst hatte oder nicht, in jedem Fall wurden ihre Perioden zu einem Albtraum für sie, sodass sie später zutiefst dankbar gewesen war, als die Wechseljahre viel früher kamen als üblicherweise. Wenn sie ihre Tage hatte, ging sie fast nie zur Schule, weil sie es nicht ertragen konnte, nicht jede Stunde zu duschen. Angela versuchte, ihre Tochter daheim von ihrem Duschfimmel abzuhalten, indem sie das heiße Wasser abdrehte, doch Frankie duschte einfach kalt, auch wenn sie in dem kalten Wasser bisweilen kaum Luft bekam. Irgendwann aber wurde es ihrem Vater zu bunt, und er brachte ein Vorhängeschloss an der Badezimmertür an.
Um auf Roz zurückzukommen: Frankie zweifelte nicht im Mindesten daran, dass es ihr weit schwerer fallen würde, eine Leiche zu beseitigen, als den meisten anderen Menschen. Deshalb hatte sie sich für das Diazepam und die Plastiktüte entschieden. Sie weiß darüber Bescheid, weil eine Frau in der Psychiatrie – dem Ort – sich auf diese Weise umgebracht hatte. Irgendwie hatte die Frau sich eine Plastiktüte besorgt, sie versteckt, sie sich in der Nacht über den Kopf gezogen und zugeschnürt, und das war’s dann. Vielleicht war es furchtbar für die Frau gewesen; vielleicht war sie im letzten Augenblick durchgedreht, als es bereits zu spät gewesen war ... Frankie kann das unmöglich wissen. Doch Roz’ Fall lag anders: Roz hatte durch die Pillen bereits das Bewusstsein verloren; deshalb gab es weder Angst noch Panik, nur eine leichte Farbänderung im Gesicht und auf den Lippen – und natürlich das Aussetzen der Atmung.
Mit einem Mal hört alles auf.
Vorbereitung ist alles. Frankie erinnert sich, dass eine Lehrerin in St Agnes das einst im Zusammenhang mit einer Prüfung gesagt hat – nicht dass sie der Frau damals viel Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Aber natürlich hat sie recht gehabt, die Lehrerin; das akzeptiert Frankie jetzt, besonders im Zusammenhang mit so etwas hier.
Leichenbeseitigung.
Wenn ihre eigene Zeit gekommen ist, will Frankie verbrannt werden, aber Roz kann sie natürlich nicht verbrennen; also tut sie ihr Bestes, um alles zu organisieren.
Wenigstens ist die Begräbnisstätte frei.
Was man vom Sarg nicht sagen kann.
Das Meiste von dem, was Frankie braucht, hatte sie in einem Internetcafé in Southampton gefunden, auf einer Webseite über alternative Begräbnismethoden. Größtenteils ging es dabei aber um »grüne« Methoden – Pappsärge, die man umweltfreundlich im Wald vergraben konnte, was aber nicht das war, was Frankie brauchte. Zwar gab es eine Reihe von Anbietern, die genau das herstellten, was Frankie benötigte, doch sie lieferten nur an Bestattungsunternehmen. Es kostete Frankie viel Zeit und Hartnäckigkeit, bis sie erfuhr, dass das, was sie wirklich brauchte, tatsächlich zu bekommen war ... zu einem happigen Preis.
Hätte sie eine Kreditkarte benutzen und eine Adresse angeben können, hätte sie den Sarg für gut fünfzehnhundert Dollar übers Internet aus Amerika bestellen können. Aber das konnte sie natürlich nicht – und da war noch die Verwirrung darüber, was genau sie benötigte. Sie wusste, dass sie Stahl und kein Holz wollte, und sie glaubte, dass »Dichtung« mehr oder weniger das Gleiche bedeutete wie »hermetisch versiegelt«. Da sie aber nicht sicher war, geriet sie an den Rand der Verzweiflung und hätte fast aufgegeben.
Dann aber entdeckte sie eine Firma in der Nähe von Gloucester. Frankie hielt ihnen die inzwischen auswendig gelernte Rede über die alte Familiengruft. Sie habe Pech gehabt, erzählte sie, und nun wolle sie zwar die Tradition wahren, müsse aber die Kosten reduzieren. Seit einiger Zeit benutze die Familie Stahlsärge, und in einer Gruft sei eine gute Versiegelung natürlich von großer Wichtigkeit – aber zu einem erschwinglichen Preis.
»Überlassen Sie das ruhig uns«, sagten die Leute von der Firma. Sie waren ausgesprochen höflich, nur einmal nicht, als Frankie erklärte, sie wolle den Sarg selbst abholen; schließlich aber willigten sie auch darin ein und sagten, ihr sei hoffentlich klar, dass sie für den Transport einen Kleinlaster oder zumindest einen großen Kombi brauche.
»Natürlich«, entgegnete Frankie.
Schlussendlich kostete sie das Ganze
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