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Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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ganzen Stapel Qualifikationen in der Tasche, hatte Jude einen Job bei einer Firma in Newhaven, und das allein begeisterte ihn schon: das Arbeiten in der Nähe des Meeres. Und die Arbeit an sich war genau das, worauf er gehofft hatte: eine Mischung aus körperlicher Kraftanstrengung, Können, Intelligenz, Standhaftigkeit und Geduld sowie die Kameradschaft und das Gefühl, etwas erreicht zu haben, wenn man sichtbar etwas geschaffen hatte. Und jeden Abend, nach der Arbeit und einem Bier mit den Kumpels, ging Jude nach Hause in sein Wohnschlafzimmer, machte sich ein ordentliches Abendessen und malte und zeichnete, bis er erschöpft genug war, dass er schlafen konnte.
    Alle guten Dinge in seinem Leben hatten irgendwie mit seinem neuen Handwerk zu tun oder ließen sich darauf zurückführen – selbst Paula, seine Frau, die Tochter von Dennis Lennon, dem Manager der Firma in Newhaven. Alle guten Dinge, hatte Jude damals gedacht: Liebe, ein gemeinsames Leben, die Arbeit, die er genoss, und ein Hobby, das er liebte und das inzwischen eine zusätzliche Einkommensquelle für ihn darstellte, nachdem er sich einen gewissen Ruf erworben hatte.
    Er hatte geglaubt, Paula würde ähnlich empfinden – zumindest was ihre Ehe betraf.
    Damals hatte er sich vorgemacht, dass sie es ihm sagen würde, sollte sie irgendwie unzufrieden oder gar unglücklich sein. Er war fest davon überzeugt gewesen, sie sei genauso ehrlich mit ihm wie er mit ihr. Und sie hatte es ihm auch gesagt – allerdings zu spät, als sie bereits ihre persönliche Befriedigung bei Mike Norton gefunden hatte, der drüben in Seaford eine eigene Firma besaß. Und nun lebten Norton und Paula dort in ihrer eigenen, hübschen Welt zusammen, die sie schon geplant hatten, als Paula noch mit Jude verheiratet gewesen war.
    Paula, die Geheimnisvolle ... Jude, der Narr.
    Nun war er also wieder allein, obwohl er sich inzwischen daran gewöhnt hatte. Er hatte sich recht gut eingerichtet, erfreute sich weiter an seinem Handwerk und lebte in einer kleinen, aber wundervoll gelegenen Wohnung in Brighton, wo er gerade genug Platz hatte, um die ziemlich schwierige Kunst auszuüben, auf die er sich spezialisiert hatte. Er mochte die Stadt, mochte das Gefühl, an diesen geschäftigen Ort mit seiner teils schrägen, teils konventionellen Art zu gehören, an diesen Ort mit seinen Galerien, Restaurants, Cafés und den Myriaden von Läden. Er mochte die Sommer, in denen es hier von Menschen nur so wimmelte, und die windgepeitschten Winter, in denen es deutlich leerer war. Und er mochte es, an der Promenade von Hove zu sitzen, die kleinen blassgrünen Strandhütten zu zeichnen und die Zeit mit vorbeischlendernden Einheimischen zu verbringen. Auch ging er Sonntags gern ins White Horse Hotel in Rottingdean zum Eat-as-you-can, während er Samstags in der Bar öfter mit Johnnie Gray quatschte (der immer davon erzählte, wie er Tenorsaxophon für Ted Heath gespielt und einmal sogar mit den Beatles zusammengearbeitet hatte), oder mit Mrs Sutton, die immer mit Gizmo kam, einem alten Shih-Tzu, den ihr – so sagte sie – ein Polizeiinspektor »vererbt« habe.
    Wenn jemand wusste, wie man mit Einsamkeit zurechtkam, dann Jude. Das war vielleicht auch der Grund dafür, warum er immer wieder zu Earl zurückging: weil ihm klar war, dass einen Menschen nichts mehr isolieren konnte als die Unfähigkeit zu kommunizieren. Die Mitarbeiter der Reha-Klinik waren toll, und Earls Dad war großartig, doch Jude sah, wie müde der arme Ray Cobbins allmählich wurde. Außerdem war es ja auch keine große Mühe, nach Hove zu fahren, wenn er an einem schönen Frühlingsabend oder am Wochenende ein wenig Zeit übrig hatte. Dann saß er neben dem Bett und erzählte Earl alles Mögliche über die Welt, die nach der Reha, wenn er seine Sprache und körperliche Beweglichkeit zurückgewonnen hatte, draußen auf ihn wartete.
    Das war das Mindeste, was er für ihn tun konnte.

12
    Frankies Haus ist jetzt in Ordnung, und das wird auch so bleiben. Dafür wird sie schon sorgen.
    Sie hat das Gefühl, als habe sie das Haus in gewissem Sinne gerettet, so wie andere Menschen Hunde und Katzen retten, die schlecht behandelt worden sind. Zuvor, als Roz noch gelebt hat und Frankie nur zweimal die Woche ins Haus durfte, um das zu tun, was Roz »einmal schnell durch« genannt hatte, war ihre Rolle eingeschränkt gewesen. Nun aber wohnt sie hier, und das Haus ist in ihren Händen sicher.
    Jetzt kann Frankie das nächste Ziel ansteuern.
    All

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