Zwanghafte Gier
Also geht sie zu Roz’ Computer – ihrem Computer – und lädt alle möglichen Seiten und Ratgeber zum Thema Klempnerei, Rohrverlegung und Heizsysteme herunter. Doch noch während sie die Sachen liest, wird ihr klar, wie dumm das ist. Sie weiß, dass es sinnlos ist, denn die Klempnerei ist nicht nur schmutzig und unhygienisch – wenn sie es selbst versucht, macht sie alles vielleicht noch viel schlimmer, und dann wäre sie wirklich verloren.
Aus tausend Keimen werden Millionen.
Sie braucht einen Klempner.
Auf dem kleinen Schrank im Flur liegen die Gelben Seiten, die Frankie bei ihrer großen Aufräumaktion fast weggeworfen hätte. Stattdessen hatte sie sie nur abgewischt, mit einem Desinfektionsmittel eingesprüht, getrocknet und in eine Klarsichtfolie eingepackt.
Es gibt sehr viele Klempner in Brighton, Hove und der Umgegend.
Jeder redet doch immer davon, wie wertvoll gute Klempner seien, nicht wahr? Heißt es nicht, dass ein vertrauenswürdiger, tüchtiger Klempner seltener sei als eine ordentliche, ehrliche Putzfrau? Die meisten Leute aber sorgen sich nur darum, dass irgend so ein Cowboy ihr System vermurkst oder ihnen Gott weiß was für eine Summe in Rechnung stellt für eine Leistung, die er gar nicht erbracht hat.
Aber Frankie sorgt sich um wichtigere Dinge.
Trotzdem ... sie braucht einen Klempner.
15
Jude stand an der Kasse der Cafeteria im Reha-Zentrum und zahlte gerade für drei Kaffee und zwei Blaubeermuffins, als er sie hereinkommen sah.
Alex Levin.
Schönes dunkles Haar, auf jungenhafte Art geschnitten und deshalb sogar noch umso femininer. Ihre langen Beine steckten in einer engen blauen Jeans. Darüber trug sie ein kornblumenblaues Sweatshirt und dazu blassblaue Tennisschuhe. Ihre kleinen Füße waren genauso anmutig wie der Rest von ihr.
Ihre Augen waren blau.
Es war dumm, aber Jude war trotzdem froh, dass sie nicht grau waren.
Nur weil Paulas Augen von einem wunderschönen Grau waren, musste er keine Vorurteile gegen Frauen mit grauen Augen haben; dennoch war er froh.
Alex Levin lächelte ihn an, und irgendetwas regte sich in seinem Bauch.
Aufregung.
Jude atmete tief durch, trat vor sie hin und tat erst gar nicht so, als wäre das nicht Absicht gewesen.
»Haben Sie Zeit für einen Kaffee?«
Alex Levin warf einen raschen Blick auf die Armbanduhr; dann lächelte sie ihn an.
»Ein paar Minuten kann ich wohl erübrigen«, antwortete sie.
Jude blickte auf sein Tablett, die Extrakaffees und die Muffins.
»Die sind eigentlich für Earl und seinen Dad«, sagte er. »Deshalb habe ich auch nicht so viel Zeit.«
Nicht dass es Ray, der Jude immer drängte, sich »eine nette junge Frau« zu suchen, etwas ausgemacht hätte – im Gegenteil.
Jude suchte ihnen einen Tisch, während Alex sich einen Orangensaft holte, um sich dann zu ihm zu gesellen. Auch diese Begegnung war kurz, doch diesmal waren sie am Ende keine Fremden mehr. Jude wusste jetzt, dass Alex ihren Mann vor fast fünf Jahren verloren hatte, doch Matts Schwester, Suzy, war noch immer ihre beste Freundin, auch wenn sie in London lebte. Und Suzy – oder besser Suzys Sprachtherapeutin – war der Grund dafür gewesen, warum Alex diesen Beruf ergriffen hatte. Und Alex wiederum wusste, dass Jude ein geschiedener Bauarbeiter war, der als Teenager wegen einer Spritztour mit einem gestohlenen Wagen eine Zeit lang im Gefängnis gesessen hatte.
»Erzählen Sie das den Leuten immer sofort?«, fragte Alex.
»Eigentlich nur bei Bewerbungsgesprächen«, antwortete Jude, »und dann auch nur aus Angst, dass sie es ansonsten ohnehin rausfinden.«
»Und warum haben Sie es mir erzählt?«, hakte Alex nach.
»Ich halte es für besser, die üblen Sachen sofort zu klären«, sagte Jude.
»Und? War’s das?«, fragte sie. »Die ›üblen Sachen‹, meine ich.«
»Im Großen und Ganzen, ja«, antwortete Jude. »Es gibt zwar auch noch viel Trauriges zu erzählen, aber das Üble wissen Sie jetzt.« Er hielt kurz inne. »Besteht die Chance, dass Sie mal mit mir essen gehen?«
Alex dachte eine Sekunde lang nach und rief sich ins Gedächtnis, wofür Jude eingesessen hatte.
»Solange Sie mich fahren lassen«, sagte sie.
»Hey, ich bin jetzt respektabel«, entgegnete er. »Gebrauchter Honda CRV mit Allradantrieb, Raten bezahlt.«
»Trotzdem«, sagte sie.
16
Andy Swann, der Klempner aus Hove, den sie in den Gelben Seiten gefunden hatte, scheint ein recht netter Kerl zu sein, findet Frankie.
Für einen Klempner.
Für einen Mann, dessen Arbeit
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