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Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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hielt kurz inne und fügte dann hinzu: »Und du hast vermutlich bemerkt, dass ich immer die Türen offen lasse und die Fenster aufreiße, egal was für ein Wetter wir haben.«
    »Ja, das ist mir aufgefallen«, sagte Jude, »aber ich dachte, du magst einfach frische Luft, und dass du die Türen auflässt, passt mir eigentlich recht gut, zumal ich selbst sie auch nicht geschlossen mag.«
    »Der Raum im Beerdigungsinstitut«, sagte Alex.
    Jude nickte; dann griff er nach seinem Glas und leerte es in einem Zug.
    »Du hattest recht, was diesen Ort betrifft«, sagte er. »Ich würde gern wieder hierhin zurückkommen und dich zu einem dieser großen Sahnetees einladen.« Er schaute sich um. »Vielleicht könnten wir irgendwann sogar eine Nacht hier verbringen, wenn es dir nichts ausmacht.«
    »Ich glaube, die Zimmer hier sind ziemlich teuer«, erwiderte Alex.
    »Wenn ich das nächste Mal ein Bild verkaufe«, sagte Jude.
    »So was brauche ich nicht«, sagte Alex mit sanfter Stimme.
    »Vielleicht nicht«, entgegnete Jude, »aber mir gefällt die Vorstellung, es für dich zu tun.«
    »Ja, wir könnten es tun«, sagte Alex. »Für uns.«

28
    Drei Tage vor Suzys und Davids Ankunft war Melton Cottage dank Frankie makellos sauber. Die kleine Küche blitzte und strahlte – der Aga, der Kühlschrank, jeder Topf und jede Pfanne, sämtliches Geschirr und Besteck, einfach alles. Das Wohnzimmer sah aus wie auf einem Foto in Haus & Garten , und die beiden Schlafzimmer waren eines Königs würdig.
    »Das ist viel zu schön, wenn Sie mich fragen«, sagte Frankie. »Ein hübsches kleines Haus für echte Menschen. Es ist eine Schande, ein solches Haus den Bach runtergehen zu lassen.«
    »Das wird kaum passieren«, entgegnete Alex, »wenn Sie bereit sind weiterzumachen.«
    »Zweimal die Woche?«, fragte Frankie.
    Alex schaute sich um. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jetzt noch so viel Aufmerksamkeit braucht.«
    »Porentief rein«, sagte Frankie. »Aber der Dreck ist sofort wieder da, sobald sie die Tür aufmachen.«
    »Also schön.« Alex lächelte. »Zweimal die Woche.«
    Sie hatte die Symptome einer Zwangsneurose schon am ersten Tag bemerkt, da Frankie das Haus betreten hatte. Die Putzfrau war übertrieben penibel. Das konnte man schon daran sehen, wie sie vor der Arbeit ihr Putzzeug und ihre Mittelchen aufreihte, vom leuchtend roten Staubsauger bis hin zu den Flaschen mit Putz-und Desinfektionsmittel, und jedes einzelne Teil wurde exakt an seine Position zurückgestellt, nachdem es gebraucht worden war. Dann waren da noch die Wiederholungen ein und derselben Aufgabe, selbst wenn die Arbeit, nach Alex’ Dafürhalten, schon längst perfekt erledigt war. Von Alex’ Standpunkt aus betrachtet war jedoch wesentlich beunruhigender, dass Frankie mit Leidenschaft, ja geradezu mit Verzweiflung putzte, schrubbte und wischte.
    »Die arme Frau«, sagte sie eines Abends zu Jude. »Eine Zwangsneurose – falls es das ist – kann ein wahrer Fluch sein.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich hab mal mit einem Maurer gearbeitet, der an etwas Ähnlichem litt. Er war besessen von geraden Linien – und ich rede nicht nur vom Ziegelverlegen, sondern von allem, egal was und wo. Außerdem hat er immer wieder alles Mögliche durchgezählt. Man hat ihn gefeuert, weil er Zeit und Material verschwendet hat. Ein paar Jungs haben ihn ständig auf den Arm genommen, aber ich habe gesehen, wie weh ihm das getan hat.« Er hielt kurz inne. »Hast du Frankie danach gefragt?«
    »Das ist eigentlich nicht an mir«, antwortete Alex. »Ich kenne sie ja kaum. Und ich nehme an, selbst wenn sie eine Zwangsneurose hat, hat sie sie gut genug unter Kontrolle, um ihren Job hervorragend zu machen und auch noch ein wenig Befriedigung herauszuholen.«
    »Aber ist das nicht ein bisschen so, als würde man einen trockenen Alkoholiker zu einer Weinprobe einladen?«
    Alex zuckte unwillkürlich zusammen. »Ich könnte mich natürlich irren. Schließlich bin ich Sprachtherapeutin, keine Psychiaterin.«
    »Wie auch immer«, sagte Jude, »zumindest hast du jetzt eine verdammt gute Putzfrau.«

29
    »Ich liebe es«, murmelte Alex bei der ersten, warmherzigen Begrüßung in Suzys Haar, das blonder war denn je, kürzer als ihr eigenes, und das mit einer Art Gel zu Stacheln geformt war.
    »Alles Teil ihres neuen Images als Renngirlie«, sagte David.
    »Renngirlie hin oder her ...«, Alex wandte sich direkt dem Thema zu, das ihr am meisten Kopfzerbrechen bereitete, »... bist du wirklich

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