Zwanzigtausend-Dollar-Date
Dann zerzauste sie dem Jungen, der neben seiner Mutter saß, liebevoll das Haar. „Hallo, Sportsfreund, wie geht’s dir?“
Gespielt genervt entzog er sich ihr. „Gut.“
„Ich weiß, ich weiß“, seufzte Claire. „Du bist schon zu alt für solche Sachen.“
Shelby lächelte sie an. „Ich kann mir das auch nicht abgewöhnen.“ Dann streckte sie die Hand aus und kitzelte ihren Adoptivsohn am Bauch.
„Was kann ich euch zu trinken bringen?“, fragte Claire, erfreut darüber, wie nett Kyle und seine Eltern miteinander umgingen.
Steve und Shelby bestellten Mineralwasser und waren mit Kyles Wunsch nach einem Milchshake einverstanden.
„Ich bringe eure Getränke gleich.“
Kyle strahlte Claire an. Vielleicht als eine Art Entschuldigung, weil er sich eben ihrer Liebkosung entzogen hatte.
Nicht, dass ihr das etwas ausmachte. Sie erinnerte sich noch genau daran, dass man mit elf eigentlich schon ein unabhängiger Teenager sein und doch noch behütet wie ein Kind sein wollte.
Kyle mit seinen Eltern zu beobachten beruhigte Claire ungemein. So eine tiefe Zufriedenheit hatte sie nicht mehr verspürt, seit Matt wieder aufgetaucht war. Nein, sie war nicht mehr so jung und voller Hoffnung wie damals. Aber sie war zufrieden mit ihrem Leben und den Entscheidungen, die sie getroffen hatte. Kyle hatte Eltern, die ihn liebten. Er war glücklich und lebte in sicheren Verhältnissen. Mehr konnte sie nicht verlangen. Sie hatte ihre Beziehung zu Matt geopfert, damit Kyle das alles haben konnte.
Die Entscheidung mochte ihr damals schwergefallen sein, aber rückblickend war sie froh, dass sie sie getroffen hatte. Seit dem schicksalhaften Tag, an dem sie Matt verließ, hatte sie etwas Wichtiges erkannt: Den Matt Ballard, in den sie sich verliebt hatte, gab es in Wirklichkeit gar nicht. Er existierte nur in ihrer Fantasie.
Nein, sie konnte niemals einen Mann lieben, der vorsätzlich einen süßen, lieben Jungen wie Kyle ignorierte, nur weil es nicht genehm war, ihn anzuerkennen. Aber genau so verhielt sich der wahre Matt Ballard.
Am Abend ihrer Verabredung durfte sie das nicht vergessen. Egal, mit wie viel Geld er um sich warf, sie würde nie vergessen, was für ein Mistkerl er wirklich war.
Als sie Kyle seinen Milchshake servierte, überkam Claire ein Anflug von Bedauern, weil Kyle fast die gleichen Augen hatte wie Matt.
Nein, kein Bedauern. Traurigkeit. Denn ihn mit nur sechzehn Jahren zur Welt zu bringen hätte fast Courtneys Leben ruiniert. Als sie von der Schwangerschaft ihrer jüngeren Schwester erfahren hatte, hatte Claire das College abgebrochen, um Courtney zu helfen. Sie hatte Matt verlassen, um ihre Schwester und ihr Kind zu beschützen. Am Ende hatte ihr Opfer zwar die Zukunft ihrer Schwester gerettet, nicht jedoch ihr Verhältnis. Courtney hatte sich seit Jahren nicht mehr bei Claire gemeldet. Sie hatte sich nie mit der Tatsache angefreundet, dass Claire eine Beziehung zu Kyle und seiner Familie haben wollte. Aber Claire war froh, dass die Walsteads nichts dagegen hatten, dass Kyle Umgang mit seiner richtigen Tante hatte.
So seltsam es schien, Claire stand den Walsteads sehr viel näher als ihrer eigenen Schwester. Sie verstand sogar, dass es für Courtney wahrscheinlich einfach zu schmerzlich war, Kontakt zu dem Kind zu haben, das sie nie hatte haben wollen und deshalb zur Adoption freigegeben hatte. Viel unverständlicher war für Claire, wie die Ballards Kyle und seine Eltern behandelten. Kyle sah Vic so ähnlich, dass auf der Hand lag, dass sie Vater und Sohn waren. Aber sie ignorierten das einfach.
Natürlich hatte Claire immer gewusst, dass Vic ein fieser Kerl war. Er war zwanzig, als er Courtney schwängerte. Sein Verhalten war unverantwortlich. Um nicht zu sagen kriminell – nicht, dass er dafür je zur Rechenschaft gezogen worden wäre. Palo Verde war nun mal eine Kleinstadt, und die Ballards waren reich genug, damit die Leichen, die sie im Keller hatten, dort fest eingeschlossen blieben.
Trotzdem war Kyle ein glücklicher Junge, und allein das zählte. Sie hätte ihn nicht mehr lieben können, wenn er ihr eigenes Kind gewesen wäre. Aber manchmal, wenn sie mit ihm zusammen war, sehnte sie sich nach den Kindern, die sie nie haben würde. Und dann fragte sie sich, ob sie wie Kyle Matts Augen haben würden und ihr hellbraunes Haar.
Sie lachte Kyle an und hoffte, damit ihre melancholische Anwandlung zu verbergen.
Kyle lächelte zurück. „Danke, Tante Claire!“
Als der Abend ihrer Verabredung
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