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Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die linke Seite.
    Als ich wieder aufgestanden war, sah ich den Kapitän Nemo mit seinem Lieutenant auf der Plateform. Sie untersuchten die Lage des Schiffes, und besprachen sich in ihrem unverständlichen Dialekt.
    Die Lage war folgende. Zwei Meilen rechts sah man die Insel Gueboroar, deren Küste sich von Norden nach Westen wie ein ungeheurer Arm abrundete. Nach Süden und Osten hin kamen schon einige Korallenspitzen zum Vorschein, welche bei der Ebbe unbedeckt waren. Wir saßen völlig fest in einem Meere, wo Ebbe und Fluth mäßig sind, ein schlimmer Umstand, um wieder flott zu werden. Doch hatte das Schiff durchaus keinen Schaden bekommen, da sein Rumpf so solid gebaut war. Aber konnte es auch nicht untersinken oder leck werden, so war es doch sehr in Gefahr, für immer auf diesen Felsen fest zu sitzen, und dann war der unterseeische Apparat des Kapitäns Nemo zwecklos.
    Ich stellte diese Betrachtungen an, als der Kapitän, kalt und ruhig, stets sich selbst beherrschend, ohne eine Unruhe oder Verlegenheit zu zeigen, herantrat:
    »Ein Unfall? sagte ich.
    – Nein, ein Zwischenfall, erwiderte er.
    – Aber ein Zwischenfall, entgegnete ich, der Sie vielleicht nöthigen wird, wieder ein Bewohner des Landes zu werden, welches Sie fliehen!«
    Der Kapitän Nemo sah mich mit befremdlicher Miene an, und machte eine verneinende Bewegung. Er sagte mir damit klar genug, daß ihn nichts in der Welt zwingen würde, seine Füße je wieder auf einen Continent zu setzen. Dann sagte er:
    »Uebrigens, Herr Arronax, der Nautilus ist nicht in gefährlicher Lage. Er ist noch im Stande, Ihnen alle Wunder des Oceans zu zeigen. Unsere Reise fängt erst an, und ich wünsche nicht, so bald mich der Ehre Ihrer Gesellschaft zu berauben.
    – Indessen, Kapitän Nemo, fuhr ich fort, ohne die ironische Wendung seiner Antwort zu beachten, der Nautilus sitzt fest zur Zeit der vollen Fluth. Aber im Stillen Meer ist die Fluth nicht so stark, und wenn Sie nicht Ballast auszuwerfen haben – was mir nicht möglich scheint, – so sehe ich nicht ab, wie er wieder flott werden kann.
    – Sie haben Recht, die Fluth ist im Stillen Meer nicht so stark, Herr Professor, erwiderte der Kapitän Nemo, aber in der Torres-Straße findet man noch einen Unterschied von ein und einem halben Meter zwischen dem Niveau des Höhestandes und dem niedrigsten. Heute haben wir den 2. Januar, und in fünf Tagen ist Vollmond. Dann soll mich’s doch sehr wundern, wenn dieser gefällige Trabant nicht das Wasser zu hinreichender Höhe emporheben und damit mir einen Dienst erweisen sollte, welchen ich nur ihm allein zu verdanken haben will.«
    Nach diesen Worten begab sich der Kapitän Nemo in Begleitung seines Lieutenants wieder in’s Innere des Nautilus. Das Fahrzeug wich und wankte nicht, saß unbeweglich fest, als hätten die Korallenpolypen es bereits in ihren unzerstörbaren Kitt fest eingemauert.
    »Nun, mein Herr? sagte Ned-Land zu mir, indem er nach dem Weggang des Kapitäns zu mir kam.
    – Nun, Freund Ned, wir warten ruhig die Fluth am 9. ab, denn es scheint, Luna wird so gefällig sein, uns wieder flott zu machen.
    – Nichts weiter?
    – Nichts weiter.
    – Und der Kapitän wird nicht seine Anker auswerfen und seine Maschinen anstrengen, und alles aufbieten, um sich heraus zu ziehen?
    – Die Fluth wird ja ausreichen!« erwiderte Conseil.
    Der Canadier warf Conseil einen Blick zu, und zuckte die Achseln. Dann sagte er weiter mit der Miene des Seemannes:
    »Mein Herr, Sie können mir glauben, wenn ich Ihnen sage, dies Stück Eisen wird nimmer, weder auf, noch unter der Meeresfläche fahren. Man wird’s nur nach dem Pfund verkaufen. Ich denke demnach, daß nun die Zeit gekommen ist, im Stillen die Gesellschaft des Kapitäns aufzugeben.
    – Freund Ned, erwiderte ich, ich habe noch nicht, wie Sie, das Vertrauen zu diesem tapfern Nautilus sinken lassen, und in vier Tagen werden wir wissen, wie wir im Stillen Ocean mit der Fluth dran sind. Uebrigens würde der Rath zu entfliehen, angemessen sein können, wenn wir im Angesicht der Küste Englands oder der Provence wären; aber in Papuasien ist’s etwas anders, und es wird immer noch Zeit zu solch einem äußersten Mittel sein, wenn es dem Nautilus nicht gelingt, wieder flott zu werden, was ich als ein bedeutendes Ereigniß ansehen würde.
    – Aber man könnte wohl zum mindesten eine Probe mit diesem Land machen? entgegnete Ned-Land. Wir sehen, es ist eine Insel. Auf derselben sind Bäume, und unter diesen giebt’s

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