Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer
Trümmer fanden, bewiesen, daß die Bildung dieser Insel der Urzeit angehörte. Der ganze Horizont war hinter einem Vorhang staunenswerther Waldung verborgen. Ungeheure Bäume, oft bis zu zweihundert Fuß hoch, reiheten sich durch Guirlanden von Lianen an einander, natürliche Hängeketten, welche ein leichter Wind schaukelte. Es waren Mimosen, Ficus, Thek, Hibiscus, Pendanus, Palmbäume, und unter ihrer grünen Wölbung, am Fuß ihres riesigen Stammes wuchsen Orchideen, Hülsengewächse, Farrenkräuter.
Aber der Canadier bemerkte alle diese schönen Musterstücke der Papuasischen Flora gar nicht, gab das Angenehme für’s Nützliche hin. Er bemerkte einen Cocosbaum, schlug einige seiner Früchte ab, öffnete sie, und wir tranken ihre Milch, aßen ihren Kern, mit einem Vergnügen, das gegen den gewöhnlichen Tisch des Nautilus protestirte.
»Vortrefflich! sagte Ned-Land.
– Ausgesucht, erwiderte Conseil.
– Und ich denke nicht, sagte der Canadier, daß Ihr Nemo etwas dagegen hat, daß wir eine Ladung von Cocos an seinen Bord einführen.
– Ich glaub’s nicht, erwiderte ich, aber er wird nicht Lust haben sie zu kosten.
– Zu seinem eigenen Nachtheil, sagte Conseil.
– Um so besser für uns! entgegnete Ned-Land.
– Nur ein Wort, Meister Land, sagte ich zum Harpunier, der schon im Begriff war, noch einen Cocosbaum zu plündern. Cocos ist gut, aber bevor wir das Boot damit füllen, wäre es, dünkt mir, klug, zu untersuchen, ob nicht andere nicht minder nützliche Producte sich finden. Frisches Gemüse würde der Küche des Nautilus willkommen sein.
– Mein Herr hat Recht, sagte Conseil, und ich schlage vor, drei Plätze in unserm Boot frei zu halten, einen für Obst, einen zweiten für Gemüse, und den dritten für Wildpret, wovon ich noch kein Pröbchen gesehen habe.
– Conseil, man darf an nichts verzweifeln, erwiderte der Canadier.
– So setzen wir unsern Ausflug fort, versetzte ich, aber hüten wir uns vor einem Ueberfall! Obwohl die Insel unbewohnt scheint, so könnten sich doch Leute da finden, die hinsichtlich der Beschaffenheit des Wildprets weniger wählerisch wären, als wir!
– He! He! rief Ned-Land, mit sehr bezeichnender Bewegung der Kinnbacken.
– Ei! Ned! rief Conseil.
– Meiner Treu! entgegnete der Canadier, ich fange an zu begreifen, daß das Menschenfleisch gut schmecken mag!
– Ned! Ned! Was sagen Sie, versetzte Conseil. Sie Menschenfresser! Dann bin ich ja nicht mehr in der Cabine sicher vor Ihnen! Da könnte ich einmal morgens halb gefressen aufwachen?
– Freund Conseil, ich liebe Sie sehr, doch nicht so arg, um ohne Noth Sie aufzuzehren.
– Darauf verlaß’ ich mich nicht, erwiderte Conseil. Auf die Jagd! Wir müssen durchaus ein Wildpret zur Befriedigung dieses Kannibalen austreiben, oder eines schönen Morgens wird mein Herr nur noch einige Stücke seines Dieners finden.«
Während dieser Unterhaltung drangen wir unter düsterm Gewölbe tiefer in den Wald und durchstreiften ihn zwei Stunden lang in allen Richtungen.
Der Zufall begünstigte das Suchen nach Pflanzennahrung, und eins der nützlichsten Producte der tropischen Zone gewährte uns eine kostbare Speise, die an Bord völlig mangelte.
Ich meine den Brodbaum, der auf der Insel Gueboroar sehr reichlich wächst; besonders fiel mir die Varietät ohne Körner auf, welche im Malayischen »
Rima
« genannt wird.
Dieser Baum unterscheidet sich von den anderen durch einen geraden, vierzig Fuß hohen Stamm. Seine stattlich gerundete, aus großen vielfach gezackten Blättern gebildete Krone läßt den Naturforscher leicht den »
Artocarpus
« erkennen, welche auf den Maskarenen mit Glück angepflanzt worden ist. Aus seinem grünen Laub ragten große kugelrunde Früchte vom Durchmesser eines Decimeter mit rauher Schale hervor, deren Unebenheiten sechseckige Form zeigten. Die Natur hat die Gegenden, wo kein Getreide wächst, mit diesem nützlichen Nahrungsbaum versehen, welcher ohne alle Pflege acht Monate im Jahre seine Früchte spendet.
Ned-Land kannte diese Frucht wohl. Er hatte bei seinen zahlreichen Reisen sie kennen gelernt, und verstand sich darauf, sie schmackhaft zuzubereiten. Darum regte auch ihr Anblick sein Verlangen an, das er nicht zurückhalten konnte.
»Mein Herr, sagte er zu mir, ich bin des Todes, wenn ich nicht ein wenig Pastete von dieser Brodfrucht koste!
– Koste nur, Freund Ned, koste nach Belieben. Unser Zweck hier ist, Experimente zu machen. Machen Sie nur einen Versuch.
– Das soll
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