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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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irgendwie Süßkartoffel ins Auge bekommen hat, und als er es wegwischt, verspürt er das dringende Bedürfnis, eine Zigarette zu rauchen. Und warum sollte er sich nicht etwas gönnen, nach diesem Tag? Der Rücken tut weh, ein blaues Pflaster löst sich von seinem Daumen, seine Finger riechen nach Flusskrebs und abgestandenem Kaffee, und er beschließt, dass er sich eine Belohnung verdient hat. Er braucht das Geschenk des Nikotins.
    Zwei Minuten später schnallt er sich die Babytrage um, die vielen Riemen und Gurte verschaffen ihm einen kleinen machohaften Technik-Kick, als handle es sich um einen Düsen-Rucksack. Er quetscht die schreiende Jasmine hinein und geht zielstrebig die lange, eintönige, von Bäumen gesäumte Straße entlang zu der langweiligen Einkaufspassage. Wie hat es ihn hierher verschlagen, fragt er sich, an einem Samstagabend in eine Einkaufspassage in Surrey? Es ist noch nicht einmal Richmond, nur ein Vorort von einem Vorort, und wieder denkt er an Suki, die sich irgendwo mit ihren attraktiven Freundinnen in der Stadt herumtreibt. Vielleicht sollte er sie anrufen, wenn Jasmine eingeschlafen ist, nur um hallo zu sagen. Etwas trinken, eine ehemalige Freundin anrufen; warum nicht?
    Prickelnde Vorfreude erfasst ihn, als er den Spirituosenladen betritt und sich sofort einer hohen, durchsichtigen Wand aus Alkoholika gegenübersieht. Seit der Schwangerschaft bewahrten sie prinzipiell keinen Alkohol mehr im Haus auf, um beiläufiges, tägliches Trinken zu vermeiden. »Ich habe einfach die Nase voll davon, dienstagabends auf dem Sofa zu sitzen, während du dir allein einen hinter die Binde kippst«, hatte Sylvie gesagt, und er hatte es als Herausforderung betrachtet und aufgehört, mehr oder weniger. Aber jetzt steht er in einem Spirituosenladen, es steht so viel gutes Zeug herum, und alles sieht so einladend aus, dass es dumm wäre, nicht zuzugreifen. Hochprozentiges und Bier, Weiß- und Rotwein, er schaut sich alles genüsslich an und kauft zwei Flaschen guten Bordeaux, nur um sicher zu gehen, und eine Zwanzigerpackung Zigaretten. Dann, warum auch nicht, entscheidet er sich für einen Thai-Imbiss.
    Bald darauf geht die Sonne unter, und Jasmine schläft an seiner Brust ein, als er zügig durch die hübschen Straßen zu dem adretten kleinen Haus marschiert, das ganz reizend aussehen wird, wenn es erst fertig ist. Er marschiert in die Küche, öffnet die Flasche und schenkt sich ein Glas Wein ein, ohne das schlafende Baby aus der Schlinge zu nehmen, die Arme unbeholfen um das Bündel gelegt wie ein Balletttänzer. Fast feierlich betrachtet er das Glas, trinkt es aus und denkt: Es wäre wesentlich leichter, nicht zu trinken, wenn es nicht so köstlich schmecken würde. An den Tresen gelehnt, schließt er die Augen, als die Anspannung aus seinen Schultern weicht. Früher hat er getrunken, um sich zu stimulieren, bessere Laune zu bekommen oder um zu Kräften zu kommen, aber heute benutzt er Alkohol wie alle Eltern als frühabendliches Beruhigungsmittel. Entspannter bettet er das schlafende Baby auf ein kleines Nest aus Kissen auf dem Sofa und betritt den kleinen Vorstadtgarten; eine Wäschespinne umringt von Holzbalken und Zementsäcken. Er behält die Babytrage an, die schlaff herunterhängt wie ein Schulterpolster, so dass er sich fast wie ein Bulle nach Dienstschluss fühlt, ein abgewrackter, mürrischer, aber gefährlicher Romantiker von der Mordkommission, der sich in Surrey ein Zubrot als Babysitter verdient. Fehlt nur noch eine Zigarette, um das Bild zu vervollständigen. Es ist seit zwei Wochen die erste. Ehrfurchtsvoll zündet er sie sich an, genießt den ersten köstlichen Zug und zieht so heftig daran, dass der Tabak knistert. Sie schmeckt nach verbrannten Blättern, Teer und dem Jahr 1995.
    Allmählich lässt er die Arbeit, Falafel-Wraps und Hafergebäck hinter sich und schöpft neue Hoffnung für den Abend; vielleicht erreicht er ja jenen Zustand friedlicher Lethargie, das Nirwana erschöpfter Eltern. Er vergräbt die Kippe tief in einem Sandhaufen, holt Jasmine, geht auf Zehenspitzen in ihr Zimmer und lässt die Jalousien herunter. Wie ein Meistersafeknacker wird er ihr die Windeln wechseln, ohne sie zu wecken.
    Sobald er sie hinlegt, wacht sie auf und fängt an zu weinen, ein schreckliches, heiseres Brüllen. Er atmet angestrengt durch den Mund und wickelt sie so schnell und effizient wie möglich. Teil der positiven Propaganda über das Kinderkriegen ist, wie harmlos Baby-Kacke ist, wie Kacke

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