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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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aber gutmütig, erschöpft, aber modern in vorschriftsmäßiger Jacke mit Jeans, schmerbäuchig im Feinripphemd, mit diesem stolzen, eitlen Seitenblick, wenn sie Junior in die Luft werfen. Kühne Pioniere, die ersten Männer in der Menschheitsgeschichte, die Pipi auf den Kord und Kotze ins Haar bekommen.
    Natürlich sagt sie nichts davon laut. Eine Frau, die Babys oder, genauer gesagt, Unterhaltungen über Babys langweilig findet, hat etwas Unnatürliches. Man würde sie nur für verbittert, eifersüchtig oder einsam halten. Aber sie hat auch die Nase voll davon, dass ihr alle ständig sagen, wie viel Glück sie hat, dass sie so viel Schlaf bekommt, so viel Freiheiten, Zeit hat, zu Verabredungen zu gehen, oder jederzeit nach Paris fliegen kann. Es klingt, als wollten sie sie trösten, was sie ärgert und ihr herablassend vorkommt. Sie fährt doch sowieso nie nach Paris! Ganz besonders langweilen sie die Witze über die biologische Uhr ihrer Freunde, ihrer Familie, in Film und Fernsehen. Das idiotischste, hirnverbrannteste Wort der englischen Sprache ist »Singleton«, dicht gefolgt von »Schokoholiker«, und sie lehnt es ab, Teil eines Lifestyle-Phänomens der Sonntagsbeilage zu sein. Ja, sie versteht die Debatte, die praktischen Notwendigkeiten, aber die Situation liegt nicht in ihrer Hand. Und ja, gelegentlich versucht sie sich vorzustellen, wie sie verschwitzt und leidend im blauen Krankenhauskittel daliegt, aber das Gesicht des Mannes, der ihre Hand hält, bleibt hartnäckig verschwommen, außerdem erlaubt sie sich diesen Tagtraum nicht allzu oft.
    Wenn es passiert, passiert es, und sie wird das Kind anbeten, seine winzigen Patschhändchen und selbst den Geruch seines skrofulösen Köpfchens bewundern. Sie wird über Epiduralanästhesien, Schlafmangel und Koliken diskutieren, was auch immer das sein mag. Eines Tages kann sie sich vielleicht sogar überwinden, wegen eines winzigen Popöchens zu gurren. In der Zwischenzeit wird sie Abstand halten, ruhig und gelassen bleiben und darüberstehen. Und der Erste, der sie Tante Emma nennt, kriegt eins aufs Maul.
    Stephanie ist mit dem Abpumpen fertig, zeigt Adam die Milch und hält sie ins Licht wie edlen Wein. Alle sind sich einig, dass es eine großartige kleine Milchpumpe ist.
    »Jetzt bin ich dran!«, sagt Emma, aber niemand lacht, und wie aufs Stichwort wacht das Baby im oberen Stock auf.
    »Was unbedingt erfunden werden müsste, ist ein chloroformierter Schnuller«, sagt Adam.
    Seufzend trottet Stephanie aus dem Zimmer, und Emma beschließt, definitiv bald nach Hause zu gehen. Sie kann lange aufbleiben und am Manuskript weiterarbeiten. Wieder summt das Handy. Eine Nachricht von Dexter, der sie bittet, sich nach Surrey zu schleppen und ihm Gesellschaft zu leisten.
    Sie macht das Handy aus.
    »… mir ist klar, dass es weit ist, es ist nur, ich glaube, ich leide an postnataler Depression. Nimm dir ein Taxi, ich zahle. Sylvie ist nicht da! Nicht, dass das eine Rolle spielt, ich weiß, aber … im Gästezimmer ist Platz, falls du über Nacht bleiben willst. Wie auch immer, ruf mich an, wenn du die Nachricht hörst. Tschüss.« Er zögert, sagt noch einmal »Tschüss«, und legt auf. Eine sinnlose Nachricht. Er blinzelt, schüttelt den Kopf und schenkt sich Wein nach. Als er durch die Adressliste seines Handys scrollt, stößt er unter S auf Suki Handy.
    Anfangs nimmt niemand ab, und er ist erleichtert, wozu soll es schließlich gut sein, eine Ex anzurufen? Er will gerade auflegen, als er plötzlich ein wohlbekanntes Schreien vernimmt.
    »HALLO!«
    »Hi!« Er entstaubt sein Moderatorenlächeln.
    »WER SPRICHT DA?« Sie schreit, um eine Party-oder Restaurantgeräuschkulisse zu übertönen.
    »Seid ihr gut drauf?«
    »WAS? WER IST DA?«
    »Rate mal!«
    »WAS? ICH KANN SIE NICHT HÖREN …«
    »Ich sagte ›Rate mal!‹ …«
    »ICH VERSTEHE SIE NICHT, WER SPRICHT DA?«
    »Du musst raten!«
    »WER?«
    »ICH SAGTE, DU SOLLST …« Das Spielchen wird ihm zu anstrengend, deshalb sagt er nur: »Hier spricht Dexter!«
    Eine Pause entsteht.
    »Dexter? Dexter Mayhew? «
    »Wie viele Dexter kennst du, Suki?«
    »Nein, ich weiß, welcher Dexter, es ist nur, na ja … HEY, HEY, DEXTER! Hallo, Dexter! Sekunde …« Er hört, wie ein Stuhl zurückgeschoben wird, und stellt sich vor, wie die Leute ihr fasziniert nachstarren, als sie den Restauranttisch verlässt und auf den Flur geht. »Und wie gehts dir, Dexter?«
    »Gut, gut, ich rufe nur an, um dir zu sagen, dass ich dich heute im

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