Zwei an Einem Tag
Nachricht?«
»Es gibt nur ein Bett.«
»Oh.«
»Oh.«
»Verstehe.«
»War nichts zu machen.«
»Wirklich?«, fragte sie misstrauisch. »Nur ein Zimmer auf der ganzen Insel?«
»Es ist Hochsaison, Em! Ich habs überall versucht!« Bleib ruhig, nicht laut werden. Probiers mit der Schuldtour. »Wenn du willst, dass ich weitersuche …« Erschöpft machte er Anstalten, vom Stuhl aufzustehen.
Sie legte ihm die Hand auf den Unterarm. »Einzel-oder Doppelbett?«
Sie schien ihm die Lüge abzukaufen. Er setzte sich wieder. »Doppelbett. Großes Doppelbett.«
»Tja, es müsste schon riesig sein, nicht? Um nicht gegen Die Regeln zu verstoßen.«
»Also, ich sehe sie eher als Richtlinien«, sagte er schulterzuckend.
Emma runzelte die Stirn.
»Ich meine, mich störts nicht, wenns dich nicht stört, Em.«
»Nein, ich weiß, dass es dich nicht stört …«
»Aber wenn du glaubst, du kannst die Finger nicht von mir lassen …«
»Ach, ich komm schon klar, ich mache mir eher Sorgen um dich …«
»Denn ich sags dir gleich, wenn du mich auch nur anrührst …«
Emma war begeistert von dem Zimmer. Sie stand auf dem Balkon und lauschte den Zikaden, die sie nur aus Filmen kannte und halb für eine exotische Erfindung gehalten hatte. Auch die Zitronen, die im Garten wuchsen, entzückten sie: echte Zitronen auf Bäumen, die wie angeklebt aussahen. Um nicht wie ein Landei zu wirken, verlor sie kein Wort darüber und sagte nur: »Schön. Wir nehmen es.« Dann schlüpfte sie ins Bad, um wieder einmal den Kampf mit den Kontaktlinsen aufzunehmen, während Dexter sich mit der Pensionswirtin um die Formalitäten kümmerte.
Auf der Uni war Emma der unerschütterlichen Überzeugungen gewesen, dass Kontaktlinsen etwas für eitle Tussis waren und einem überkommenen weiblichen Schönheitsideal Vorschub leisteten. Ein stabiles, ehrliches, praktisches Kassengestell zeigte, dass einem alberne Nebensächlichkeiten wie gutes Aussehen egal waren, weil man sich mit höheren Dingen beschäftigte. Aber in den Jahren nach dem College war ihr diese Argumentation irgendwann so abstrakt und unhaltbar vorgekommen, dass sie sich schließlich von Dexters Nörgelei erweichen ließ und sich die blöden Dinger besorgte, und zu spät erkannte sie, dass sie all die Jahre nur versucht hatte, diesen Moment im Film zu vermeiden, in dem die Bibliothekarin sich das Haar löst und die Brille abnimmt. »Aber Miss Morley, Sie sind ja eine Schönheit.«
Ihr Gesicht im Spiegel kam ihr fremd, nackt und ungeschützt vor, als hätte sie gerade das erste Mal nach langer Zeit die Brille abgenommen. Durch die Linsen neigte sie zu plötzlichen, beunruhigenden Gesichtszuckungen und nagetierhaftem Blinzeln. Sie blieben ihr am Finger oder im Gesicht kleben wie Fischschuppen oder rutschten ihr wie heute unter das Augenlid bis fast in die Stirnhöhle. Nach endlosem, wildem Grimassieren und einem beinahe chirurgischen Eingriff gelang es ihr, die dünne Haftschale zu bergen, und mit roten, tränenden Augen kam sie blinzelnd aus dem Bad.
Dexter saß mit aufgeknöpftem Hemd auf dem Bett. »Em? Heulst du etwa?«
»Nein, aber was nicht ist, kann ja noch werden.«
Sie gingen hinaus in die drückende Mittagshitze, machten sich auf zu dem etwa eine Meile vom Dorf entfernten, länglichen Halbmond aus weißem Sand, und es war Zeit, die Badesachen zu enthüllen. Emma hatte viel, vielleicht zu viel Zeit auf das Aussuchen des Badeanzugs verwendet und hatte sich schließlich für einen schlichten, schwarzen Einteiler von John Lewis entschieden, der den Markennamen »Biedermeier« hätte tragen können. Als sie sich das Kleid über den Kopf zog, fragte sie sich, ob Dexter sie für feige hielt, weil sie keinen Bikini trug, als seien einteilige Badeanzüge, genau wie Brillen, Schnürboots und Fahrradhelme, irgendwie verklemmt, übervorsichtig und unweiblich. Nicht, dass es sie kümmerte, obwohl sie beim Ausziehen des Kleides glaubte, ihn bei einem verstohlenen Blick ertappt zu haben. Wie auch immer, sie war froh, dass er sich für weite Shorts entschieden hatte. Eine Woche neben Dexter in engen Badehosen wäre mehr als unangenehm gewesen.
»Verzeihen Sie«, sagte er, »sind Sie nicht das Girl von Ipanema.«
»Nö, ihre Tante.« Sie setzte sich auf und versuchte sich mit Sonnenmilch einzucremen, ohne dass ihre Schenkel wabbelten.
»Was ist denn das für ’n Zeug?«
»Lichtschutzfaktor 30.«
»Da kannst du dich ja gleich unter ’ne Decke legen.«
»Ich wills am zweiten Tag nicht
Weitere Kostenlose Bücher