Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
Vom Netzwerk:
Oberkellner.
    »Mit dem Mann dort drüben.«
    Beim ersten Date hatten sie sich im Odeon an der Holloway Road Tanz der Teufel III – Armee der Finsternis angesehen. Emma war weder empfindlich noch ein Snob und hatte mehr Spaß an Horrorfilmen als die meisten Frauen, trotzdem fand sie es eine überraschende, merkwürdig selbstbewusste Wahl. Während im Everyman Drei Farben: Blau lief, saß sie hier, sah einem Mann mit Kettensägenarm zu und fand es seltsam erfrischend. Gemäß den Konventionen hatte sie erwartet, Ian würde sie anschließend in ein Restaurant ausführen, aber für ihn war ein Kinobesuch ohne ein Drei-Gänge-Imbiss nicht komplett. Er studierte die Liste der Snackbar, als handle es sich um ein À-la-carte-Menü, wählte Nachos als Vorspeise, einen Hotdog als Hauptgericht, M&Ms als Dessert und dazu einen eisgekühlten, tropischen Softdrinkbecher von der Größe eines menschlichen Torsos, so dass die wenigen ruhigeren Szenen von Armee der Finsternis vom warmen, exotischen Zischen des in seine Faust aufstoßenden Ian untermalt wurden.
    Aber trotz allem – der Vorliebe für ultrabrutale Filme und salziges Essen, dem Senf am Kinn – hatte Emma sich besser amüsiert als erwartet.
    Auf dem Weg zum Pub hatte er die Seite mit ihr getauscht, damit sie nicht von einem außer Kontrolle geratenen Bus überfahren wurde – eine seltsam altmodische Geste, die sie noch nie erlebt hatte –, sie sprachen über die Spezialeffekte, die Köpfungen und Verstümmelungen, und nach eingehender Analyse verkündete Ian, dies sei der beste Teil der Tanz der Teufel -Trilogie. Trilogien, Boxsets, Comedy und Horror rangierten weit oben auf der Skala von Ians kulturellem Leben, und im Pub hatten sie angeregt darüber diskutiert, ob Comic-Romane je die Tiefgründigkeit und Bedeutsamkeit von Middlemarch erreichen würden. Er war beschützerisch und aufmerksam wie ein älterer Bruder, der sich mit vielen coolen Sachen auskannte, mit dem Unterschied, dass er eindeutig mit ihr ins Bett wollte. So eindringlich, so vernarrt war sein Blick, dass sie hin und wieder überprüfte, ob sie etwas im Gesicht hatte.
    Genauso grinste er sie jetzt im Restaurant an und stand so schwungvoll auf, dass er mit den Oberschenkeln gegen den Tisch stieß und das Leitungswasser auf die Gratis-Oliven verschüttete.
    »Soll ich ein Tuch holen?«, fragte sie.
    »Nein, schon gut, ich nehm meine Jacke.«
    »Doch nicht die Jacke, hier – nimm die Serviette.«
    »Ach, scheiß auf die Oliven. Nicht wortwörtlich, wohlgemerkt!«
    »Aha. Na gut. Okay.«
    »Nur ein Witz!«, brüllte er, als würde er »Feuer!« schreien. Seit der Improtheaterpleite war er nicht mehr so nervös gewesen, ermahnte sich energisch, ruhig zu bleiben, wischte erfolglos auf dem Tischtuch herum, sah, wie Emma die Sommerjacke abstreifte und die Brust vorstreckte, wie Frauen es manchmal tun, ohne zu ahnen, welches Verlangen sie auslösen. Da war es wieder, das zweite heftige Aufwallen von Liebe und Lust für Emma Morley. »Du siehst wunderschön aus«, platzte er heraus.
    »Danke! Du auch«, sagte sie automatisch. Er trug die Standarduniform der Stand-up-Comedians, ein zerknittertes Leinenjackett über einem schlichten schwarzen T-Shirt. Zu Ehren von Emma ohne Bandnamen und ironische Schriftzüge; elegant, für seine Verhältnisse. »Das gefällt mir«, sagte sie und deutete auf das Jackett, »echt scharf!«, und Ian strich mit den Fingern über das Revers, als wollte er sagen: »Was, der alte Fetzen?«
    »Darf ich Ihnen die Jacke abnehmen?«, fragte der gepflegte, gutaussehende Kellner.
    »Ja, danke.« Emma reichte sie ihm, und Ian dachte, dass er dafür später mehr Trinkgeld abdrücken musste. Egal. Sie war es wert.
    »Etwas zu trinken?«, fragte der Kellner.
    »Ich glaube, ich hätte gern einen Wodka Tonic.«
    »Doppelt?«, fragte der Kellner, um sie zu noch mehr Ausgaben zu verleiten.
    Sie sah zu Ian hinüber und bemerkte den Anflug von Panik in seinem Gesicht. »Ist das zu leichtsinnig?«
    »Nein, nur zu.«
    »Na schön, einen doppelten.«
    »Und Sie, Sir?«
    »Ich warte auf den Wein, vielen Dank.«
    »Noch Mineralwasser?«
    »LEITUNGSWASSER!«, entfuhr es ihm, bevor er ruhiger hinzufügte: »Leitungswasser reicht, es sei denn, du …«
    »Leitungswasser ist prima«, beruhigte Emma ihn lächelnd. Der Kellner ging. »Übrigens, es ist ja wohl keine Frage, dass wir uns die Rechnung teilen, klar? Keine Diskussion. Wir haben schließlich 1993, verdammt«, und Ian liebte sie dafür umso mehr.

Weitere Kostenlose Bücher