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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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lief.«
    »Und wie gehts ihm so?«
    »Och, ganz gut. Na ja, um ehrlich zu sein, ist er leicht angeschlagen, etwas neben der Spur. Seine Mutter ist krank, und damit kommt er nicht besonders gut klar.«
    »Das tut mir leid.« Besorgt runzelte Ian die Stirn und überlegte, wie er das Thema wechseln konnte. Nicht aus Herzlosigkeit, er wollte nur nicht, dass die Krankheit einer Fremden ihm den Abend verdarb. »Telefoniert ihr noch oft?«
    »Dex und ich? Fast täglich. Allerdings sehe ich ihn selten, bei all den Fernsehverpflichtungen und Freundinnen .«
    »Mit wem ist er denn momentan zusammen?«
    »Keinen Schimmer. Das ist wie bei Goldfischen, die man auf der Kirmes gewinnt; besser, man gibt ihnen keinen Namen, sie machens eh nicht lange.« Den Witz hatte sie schon einmal gebracht und hoffte, dass er Ian gefiel, aber der runzelte immer noch die Stirn. »Warum so finster?«
    »Ich schätze, ich habe ihn einfach nie gemocht.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Ich habs versucht.«
    »Na ja, nimms nicht persönlich. Er kann nicht so gut mit anderen Männern, das hält er für Zeitverschwendung.«
    »Genau genommen habe ich immer gedacht …«
    »Was?«
    »Dass er gar nicht weiß, was er an dir hat. Das ist alles.«
Ich bins wieder! Wollte mich nur noch mal melden. Bin ehrlich gesagt schon etwas hacke. Bisschen sentimental. Du bist einfach großartig, Emma Morley. Ich würd dich gern sehen. Ruf mich an, wenn du wieder da bist. Was wollte ich noch sagen? Nichts, außer dass du wirklich, wirklich wunderbar bist. Also. Wenn du heimkommst. Ruf zurück. Ruf mich an.
    Bei der zweiten Runde Brandy bestand kein Zweifel mehr: Sie waren hinüber. Das ganze Restaurant schien angetrunken zu sein, selbst der silberhaarige Pianist, der eine schluderige Version von I Get A Kick Out Of You in die Tasten hämmerte und auf die Pedale eintrat, als hätte man ihm das Bremskabel durchschnitten. Emma musste lauter sprechen und hörte die eigene Stimme in ihrem Kopf widerhallen, während sie mit Leidenschaft und Nachdruck von ihrer neuen Arbeit erzählte.
    »Es ist eine große Gesamtschule im Norden von London, ich unterrichte Englisch und ein bisschen Theaterpädagogik. Schöne Schule, sehr durchwachsen, nicht eine dieser angenehmen Vorstadtschulen, wo es immer nur ›Ja, Miss‹ und ›Nein, Miss‹ heißt. Die Kids sind eine Herausforderung, aber das ist schon okay, oder? So sollte es ja auch sein. Das sage ich jetzt. Wahrscheinlich machen sie mich fertig, die kleinen Monster.« Sie schwenkte das Brandyglas, wie sie es aus Filmen kannte. »Ich habe eine Vision von mir, wie ich auf dem Pult sitze und den Schülern erzähle, Shakespeare wäre der erste Rapper gewesen oder so, und die Kids hängen an meinen Lippen – wie gebannt. Ich stelle mir vor, wie ich auf inspirierten jungen Schultern durch die Gegend getragen werde. So komme ich in der Schule überallhin, zum Parkplatz, in die Kantine, bewundernde Schüler tragen mich. So eine Carpe-diem-Lehrerin.«
    »Tschuldige, was für ’ne Lehrerin?«
    »Carpe diem.«
    »Carpe …?«
    »Du weißt schon, nutze den Tag!«
    »Ach, das heißt das? Ich dachte, es heißt, nutze den Karpfen!«
    Emma prustete höflich, was auf Ian wie ein Startschuss wirkte. »Da war ich echt auf dem falschen Dampfer! Mann, wie anders wäre mein Schulalltag verlaufen, wenn ich das geahnt hätte! All die Jahre habe ich am Teich abgehangen …«
    Das war zu viel. »Ian, hör endlich auf damit«, fuhr sie ihn an.
    »Womit?«
    »Dich zu benehmen wie auf der Bühne. Das musst du nicht tun, weißt du?« Er sah verletzt aus, sie bereute den scharfen Ton und beugte sich vor, um seine Hand zu nehmen. »Du musst nicht ständig geistreich sein, mit Bonmots, Anekdoten und Wortspielen um dich werfen. Das hier ist kein Impro-Theater, hier gehts nur um, du weißt schon, reden und zuhören.«
    »Verzeih, ich …«
    »Ach, da bist du nicht allein, alle Männer tun das, ständig zieht ihr eine Show ab. Gott, was gäbe ich für jemanden, der einfach nur redet und zuhört!« Sie wusste, dass sie lieber den Mund halten sollte, war aber zu sehr in Fahrt. »Ich kapier einfach nicht, wozu das gut sein soll. Ist doch kein Vorsprechen.«
    »Doch, irgendwie schon, oder?«
    »Bei mir nicht. Es ist unnötig.«
    »Tut mir leid.«
    »Und hör auf, dich ständig zu entschuldigen.«
    »Oh. Na gut.«
    Ian schwieg, und jetzt hatte Emma das Gefühl, sich entschuldigen zu müssen. Sie sollte nicht immer sagen, was sie dachte; das gab nur Probleme. Gerade als sie es tun

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