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Zwei an Einem Tag

Zwei an Einem Tag

Titel: Zwei an Einem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Nicholls
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Ende vielleicht sogar gut aus? Er deutet auf die Tür. »Ich habe Martin auf dem Flur getroffen. Er ist sehr … aufgewühlt.«
    »Na ja, er lebt die Rolle praktisch schon seit sechs Wochen. Er praktiziert Method Acting. Wenn er könnte, würde er sich eine Rachitis zuziehen.«
    »Ist er denn gut?«
    »Gott, nein, er ist furchtbar. Er gehört wirklich ins Waisenhaus. Meinetwegen können sie sich Programmfetzen in die Ohren stopfen, wenn er Where is Love? singt.« Mr Godalming lacht. »Aber Sonya ist toll.« Der Schulleiter scheint nicht überzeugt. »Sie werden schon sehen.«
    Unbehaglich rutscht er auf dem Stuhl herum. »Und was erwartet mich heute, Emma?«
    »Keine Ahnung. Alles ist drin.«
    »Mir persönlich ist ja Sweet Charity am liebsten. Warum konnten wir das nicht spielen?«
    »Na ja, es ist ein Musical über Prostitution, also …«
    Wieder lacht Mr Godalming. Er lacht oft, wenn er mit Emma zusammen ist, das ist auch schon anderen aufgefallen. Es gibt Gerüchte im Lehrerzimmer, dunkle Andeutungen über Günstlingswirtschaft, und heute Abend mustert er sie tatsächlich sehr eindringlich. Ein Moment verstreicht, und sie sieht zur Tür, wo Martin Dawson mit verheultem Gesicht durch die Glasscheibe linst. »Ich kümmere mich besser um Edith Piaf da draußen, bevor er völlig durchdreht.«
    »Natürlich, natürlich.« Mr Godalming sieht erleichtert aus, dass er aufstehen kann. »Viel Glück für heute Abend. Meine Frau und ich haben uns schon die ganze Woche darauf gefreut.«
    »Das nehme ich Ihnen nicht ab.«
    »Es stimmt aber! Sie müssen sie nachher kennenlernen. Vielleicht können Fiona und ich ja ein Gläschen mit Ihrem … Verlobten trinken?«
    »Gott nein, nur mein Freund. Ian …«
    »Ein Drink nach der Show in der Kantine …«
    »Ein Becher voll diesem wunderbaren gestreckten Saft …«
    »Die Köchin war offenbar beim Großhändler …«
    »Ich hab Gerüchte über Mini-Cordon bleus gehört …«
    »Die Freuden des Lehrerberufs, was?«
    »Und die Leute glauben, es wäre nicht glamourös …«
    »Sie sehen heute Abend übrigens wunderschön aus, Emma.«
    Emma streckt die Arme zur Seite. Sie trägt Make-up, einen Hauch von Lippenstift zu dem klassischen altrosa Kleid mit Blumenmuster, das vielleicht eine Spur zu eng ist. Sie schaut an sich herunter, als sähe sie es zum ersten Mal, aber die Bemerkung hat sie wirklich aus der Fassung gebracht. »Vielen Dank auch!«, sagt sie, aber er hat ihr Zögern bemerkt.
    Nach kurzem Schweigen sieht er zur Tür. »Ich schicke Martin herein, ja?«
    »Bitte.«
    Er geht zur Tür, bleibt stehen und dreht sich noch mal um. »Verzeihen Sie, habe ich irgendeine berufliche Grenze überschritten? Darf man so etwas nicht zu einer Mitarbeiterin sagen? Dass sie nett aussieht?«
    »Sicher doch«, sagt sie, aber beide wissen, dass er nicht das Wort »nett« benutzt hat. Er hat »wunderschön« gesagt.
    »Entschuldigung, ich suche den widerlichsten Mann im TV?«, sagt Toby Moray von der Tür aus mit seinem weinerlich nasalen Stimmchen. Er trägt einen Karoanzug, Fernseh-Make-up, das Haar ist bis auf eine witzige kleine Stirntolle zurückgekämmt und mit Öl geglättet, und Dexter möchte am liebsten eine Flasche nach ihm werfen.
    »Ich glaube, du wirst herausfinden, dass der Mann, den du suchst, du selbst bist und nicht ich«, gibt Dexter zurück, der auf einmal außerstande scheint, sich in kurzen Sätzen auszudrücken.
    »Nettes Comeback, Superstar«, sagt sein Co-Moderator. »Schon die Ankündigungen gesehen?«
    »Nö.«
    »Ich kann ein paar Kopien für dich auftreiben …«
    »Eine schlechte Kritik, Toby.«
    »Dann hast du wohl den Mirror nicht gelesen. Oder den Express , oder die Times …«
    Dexter tut, als studiere er die Reihenfolge der Bands. »Einem Kritiker ist noch nie ein Denkmal gesetzt worden.«
    »Stimmt, aber ’nem Fernsehmoderator auch nicht.«
    »Verpiss dich, Toby.«
    »Ah, immer das passende Wort auf den Lippen!«
    »Was willst du hier überhaupt?«
    »Dir Glück wünschen.« Er geht zu Dexter, legt ihm die Hände auf die Schultern und drückt sie. Der rundliche, boshafte kleine Mann übernimmt in der Sendung die Rolle des respektlosen Hofnarren, der sich alles erlauben kann, und Dexter verabscheut und beneidet den Emporkömmling, der früher das Warm-up gemacht hat. Bei den Proben und in der Pilotsendung hat er Dexter vorgeführt, ihn hinterhältig verhöhnt und verspottet, bis er sich schwerzüngig, begriffsstutzig und tölpelhaft vorkam, der hübsche Junge

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