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Zwei auf Achse

Zwei auf Achse

Titel: Zwei auf Achse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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Zähnen herum, um ein eingeklemmtes Stück Lakritze zu entfernen, und spuckte es auf die Schienen.
    Da lief der Zug ein. Die Reisenden nahmen ihr Gepäck auf und begannen hin und her zu hasten. Männer riefen ihren Frauen etwas zu, Mütter ihren Kindern, und in Sekundenschnelle drängten sich Aus- und Einsteigende an den Türen der Waggons.
    Lutz und Joachim schlossen sich einer Gruppe von jungen Männern an, die bunte Strohhüte auf dem Kopf trugen und allem Anschein nach gerade vom Bundeswehrdienst entlassen waren und nach Hause zurückfuhren. Sie sangen, tranken aus einer Flasche, die sie reihum gehen ließen, und waren sehr ausgelassen und lustig.
    Joachim wartete, bis der Pfiff zur Abfahrt ertönte, und sprang dann als letzter auf.
    „Der Schaffner ist ganz vorn eingestiegen“, sagte er zu Lutz. „Das dauert bestimmt ziemlich lange, bis er sich zu unserm Wagen durchgearbeitet hat. Wir stellen uns am besten direkt neben die Toilette, verstehste? Von da aus können wir den Gang gut beobachten und sehen den Mann schon, wenn er da ganz hinten auftaucht.“
    „Bist du denn sicher, daß er von der Seite kommt?“ fragte Lutz.
    „Ja, ziemlich“, antwortete Joachim. „Natürlich werden wir vorsichtshalber auch den Gang im andern Wagen im Auge behalten. Dann können wir nicht überrascht werden. Der Zug fährt ja nur zwanzig Minuten bis Rosenheim, das ist doch man nur ein Augenblick.“
    Es ruckte, der Zug rollte aus der Halle.
    Zum Aussteigen war es zu spät. Was jetzt kam, mußte durchgestanden werden.
    Lutz steckte vor Aufregung drei Lakritzrollen auf einmal in den Mund, kaute mit vollen Backen und lief dauernd durch die Schiebetür in den andern Wagen, um dort nach dem Schaffner Ausschau zu halten. Aber der Mann ließ sich anscheinend Zeit. Der Zug hielt in München-Ost, einige Fahrgäste stiegen aus, andere ein, und weiter ging’s, ohne daß sie auf die Toilette hätten fliehen müssen. Auch bis Grafing wollte niemand ihre Fahrkarten sehen. Aber kurz danach wurde es Zeit für sie, zu verschwinden: am Ende des langen Ganges schwang die Tür auf, und der Schaffner erschien.
    „Er kommt!“ rief Lutz erschrocken. „Dahinten!“
    „Wirklich?“ fragte Joachim, trat einen Schritt vor und schaute den Gang entlang.
    „Tatsächlich“, sagte er leise. „Dann also alle Mann auf Tauchstation!“
    Schon streckte er die Hand aus, um die Toilettentür zu öffnen, da stand plötzlich eine junge Frau neben ihnen, sagte: „Entschuldigung!“ und verschwand in der Toilette, bevor sie einmal Luft geholt hatten. Sie hörten es klicken, der Riegel wurde umgelegt, und an der Tür stand ,Besetzt’.
    „Verdammte Sauerei!“ zischte Joachim. „Los, auf die nächste!“ Er öffnete die Schiebetür und marschierte in den hinteren Wagen hinein.
    „Ganz unauffällig!“ flüsterte er zurück. „Nur nicht laufen! So schnell holt uns der Knabe nicht ein.“
    Die nächste Toilette war auch besetzt.
    „Sowas gibt’s doch gar nicht!“ rief Joachim. „Komm, wir müssen noch einen Wagen weiter!“
    Aber es ging nicht weiter. Die Tür, vor der sie nun standen, ließ sich nicht öffnen, sie führte in den Gepäckwagen. „Scheiße!“ rief Joachim laut. „Jetzt sitzen wir fest!“
    Da hörten sie eine Stimme aus der Toilette: „Kleinen Moment, bitte schön, komm ich sofort!“
    Zehn Sekunden später wurde die Tür geöffnet, und ein Mann mittleren Alters trat heraus.
    „Bitte schön“, sagte er, „ist schon wieder frei das Toilette für Scheiße!“ Er lächelte sie an und stolperte den Gang entlang.
    Die Jungen waren verblüfft.
    Aber Joachim faßte sich schnell.
    „Scheiße“, sagte er grinsend, „das Wort, das alle Türen öffnet. Los, hinein mit dir!“ Vorsichtig zog er die Tür hinter sich zu. „So, und nun kein Wort mehr, der Schaffner ist schon in diesem Wagen! Er kann jeden Augenblick hier sein und nachsehen, ob die Toilette besetzt ist.“
    Lutz hörte sein Herz schlagen. Er lehnte sich an die Wand und horchte angestrengt nach draußen, um zu hören, ob sich Schritte näherten. Das war bei den vielen Geräuschen, die der Zug machte, jedoch unmöglich. Mehrere Minuten verharrten sie regungslos. Endlich konnte Lutz die Spannung und Ungewißheit nicht länger ertragen. Er flüsterte: „Wollen wir nicht mal gucken, ob der Schaffner schon weg ist? Ich werd’ noch verrückt hier in diesem Stinkkasten.“
    Joachim nickte.
    „Bleib du hier“, sagte er leise, „ich glubsch mal um die Ecke.“ Vorsichtig öffnete er

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