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Zwei auf Achse

Zwei auf Achse

Titel: Zwei auf Achse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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heraus und folgte seinem Freund.
    „Weißt du was?“ rief er beim Anblick des silbrig glänzenden Wassers. „Ich nehme ein richtiges Vollbad. Meine Klamotten sind ganz verschwitzt, die stinken schon, und ich selbst dufte auch längst nicht mehr nach Jasmin und Lavendel.“
    „Da mache ich mit“, sagte Lutz. „Und meine Unterhose und das Hemd wasche ich gleich hinterher und zieh mir in der Höhle die Ersatzklamotten an. Bei dem Wetter sind die Sachen doch in drei, vier Stunden trocken.“
    Sie zogen sich aus, tappten in den Bach hinein, setzten sich hin, bespritzten sich gegenseitig und begannen sodann mit einer gründlichen Wäsche.
    „Was meinst du, wie das abhärtet!“ rief Joachim. „Wenn du das jeden Morgen machst, kriegste nie im Leben ‘ne Erkältung.“
    Nachdem sie ihre Unterwäsche mehrmals durchs Wasser gezogen, mit Seife eingerieben, gedrückt und geknetet hatten, wanderten sie splitternackt zu ihrer Höhle zurück. Dort hängten sie die nasse Wäsche zwischen die Zweige und zogen sich an. Und dann frühstückten sie.
    „Schade, daß wir nicht abkochen können“, sagte Joachim, auf beiden Backen kauend. „Ein heißer Tee würde jetzt bestimmt besser schmecken als dieses kalte, müde Sprudelgesöff hier. Und die Marmelade ist auch nicht gerade die richtige Kraftnahrung für junge Athleten.“
    „Aber sie schmeckt und macht satt, das muß genügen“, rief Lutz. „Schluß jetzt mit der Futterei, sonst können wir morgen auf dem Daumen lutschen! Unsere Vorräte schmelzen ja zusammen wie Schnee an der Sonne.“
    „Macht doch nichts“, sagte Joachim ruhig. „Wenn wir nichts mehr haben, wird Neues besorgt. Solange wir den Trick mit dem verlorenen Zwanzigmarkschein im Gedächtnis behalten, brauchen wir nicht zu verhungern.“ Lutz sagte nichts dazu. Aber er wußte, daß er bei diesem gemeinen Schauspiel nie wieder mitwirken würde. Nachdem sie die restlichen Lebensmittel in ihre Gepäcktaschen gesteckt und diese sorgfältig mit Tannenzweigen getarnt hatten, stromerten sie, um sich die Zeit zu vertreiben, ziellos durch den Wald. Damit sie sich nicht verliefen, kennzeichneten sie ihren Weg genau mit geknickten Ästen und in den Boden geritzten Pfeilen.
    Sie übten sich im Messerwerfen, veranstalteten ein Wettklettern und versuchten ein Eichhörnchen zu überlisten und zu fangen. Nachmittags beschossen sie einen Hochstand mit Tannenzapfen, stiegen hinauf, spielten die Erstürmung und Verteidigung eines Forts in Nordamerika und bewarfen sich gegenseitig so lange, bis Joachim empfindlich an der Stirn getroffen wurde und keine Lust mehr hatte.
    Fast zwei Stunden lagen sie dann in der Höhle und ruhten sich aus. Plötzlich hörten sie deutlich das Kreischen einer Motorsäge in nicht allzu weiter Entfernung.
    „Verflixt“, rief Joachim, indem er sich aufsetzte, „das sind Waldarbeiter! Hoffentlich kommen die nicht in unsere Nähe! Wenn sie unsere Höhle entdecken, ist der Ofen aus. Komm, wir müssen uns anschleichen und sehen, was sich da tut!“
    Sie gingen auf das Sägegeräusch zu. Je näher sie ihm kamen, desto vorsichtiger bewegten sie sich fort, flüsterten nur noch miteinander und vermieden es, auf dürre Äste zu treten. Zweimal wurden sie durch den Widerhall getäuscht und marschierten in die falsche Richtung, aber dann sahen sie, was geschah.
    Sie hatten eine Lichtung erreicht, ein mitten aus dem Wald herausgeschnittenes Viereck, halb so groß wie ein Fußballplatz. Ein kleines Haus stand an einer der beiden Schmalseiten. Dahinter, wie angeklebt, waren hölzerne Buden und Schuppen, ineinander verschachtelt und von verschiedener Höhe und Größe. Unter einem dieser Bretterverschläge, der nur aus einer Rückwand und einem Dach aus Holzschindeln bestand, sahen sie einen leichten Pferdewagen, einen Einspänner. Das dazugehörige Pferd, ein kräftiges Pony, entdeckten sie auf einem Stück Grasland nahe einem kleinen Kartoffelacker. Am weitesten entfernt von ihnen endlich, auf einem freien Platz neben dem Haus, war ein älterer Mann damit beschäftigt, Äste und Baumstämme zu Brennholz zu zersägen. Er schob die langen Stücke über eine Kreissäge, die von einem Benzinmotor angetrieben wurde. Deutlich war das Knattern des Auspuffs von dem Kreischen des Sägeblattes zu unterscheiden. Wenige Schritte hinter dem Sägenden waren drei stattliche Holzmieten errichtet.
    Die Jungen standen eine Weile stumm und staunten. „Mensch“, sagte Joachim schließlich, „das ist wohl ein Einsiedler, was?

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