Zwei auf Achse
kommen sie nicht ‘rein!“
Nach zweistündiger Arbeit war auch das getan.
Nun rollten sie die Plastikhäute aus und spannten sie wie ein Zeltdach von Seite zu Seite. Eine legten sie auf den Boden. Zufrieden mit ihrer Arbeit, holten sie das Gepäck herein und aßen Abendbrot. Sie besaßen nun eine Hütte, in der sie geschützt vor Kälte und fremden Blicken wohnen und schlafen konnten. Nur an einer Seite befand sich ein schmaler Durchschlupf, der sich aber mit einer kleinen Fichte verschließen ließ. Joachim hängte seine Taschenlampe, der er den Kopf abgezogen hatte, an einen Zweig. Das gab genügend Licht.
„Morgen bauen wir uns auch noch einen Donnerbalken“, sagte er, „so ‘n Plumpsklo mit Veilchenduft, weißte? Einfach einen Baumstamm quer in zwei Astgabeln gelegt, dahinter mit dem Beil ‘ne kleine Grube gekratzt, und fertig. Auf so einem Ding kannste stundenlang sitzen, ohne daß es dich anstrengt, und es ist außerdem gesund und erholsam.“
„Wir müssen morgen auch unbedingt einen Bach suchen“, sagte Lutz. „Meine Pfände schreien nach Wasser.“
„Den finden wir schon“, sagte Joachim. „Bäche gibt es hier doch jede Menge.“
Sie aßen von beiden Marmeladen und tranken eine ganze Flasche Sprudel leer.
„In dieser Luxuswohnung brauchen wir für die Nacht nicht mal die zweite Unterhose anzuziehen“, sagte Joachim, „so warm ist es hier.“ Und unter herzhaftem Gähnen fügte er hinzu: „Nicht mal in dem Mercedes auf dem Traumexpreß war es so gemütlich, findest du nicht auch? Gute Nacht! Weck mich morgen rechtzeitig, wenn du das Frühstück fertig hast!“
Weil es in ihrer Höhle nicht richtig hell wurde und weil sie außerdem nach ihrer anstrengenden Arbeit sehr erschöpft waren, schliefen sie bis tief in den nächsten Tag hinein. „Du, es ist schon zehn Uhr durch!“ rief Lutz, der als erster erwachte. „So lange habe ich noch nie geschlafen!“
„Das macht die dauernde Bewegung in frischer Luft“, sagte Joachim gähnend. „Sollst mal sehen, in vier Wochen sind wir so gesund wie neugeboren und topfit für die Olympiade in Moskau.“
Lutz kroch nach draußen.
„Ich mache einen kleinen Waldlauf“, rief er Joachim zu. „Kommste mit?“
„Nee, nee“, antwortete der, „ich werde schon mal den Donnerbalken bauen. Ich hab’ nämlich so ein Gefühl, als ob ich ihn in nächster Zeit dringend brauche.“
Lutz rannte los. Als er den Jungwald verlassen und die Schneise erreicht hatte, lief er darauf entlang, blinzelte in die gleißende Sonne, machte weite Sprünge und fühlte sich so wohl wie kaum jemals zuvor. Er versuchte einen Handstand, lief ein Stück auf den Händen, sammelte Tannen- und Fichtenzapfen, warf damit nach den Bäumen und verlor keinen Gedanken an den Mann im Gefängnis, der möglicherweise sein Vater war und den er besuchen wollte.
Unversehens gelangte er in eine Senke, in der ein kleiner Bach floß. Das Wasser war klar. Er zog Schuhe und Strümpfe aus und stellte sich hinein. Dann beugte er sich hinab und wusch sich das Gesicht.
Na also, dachte er, da hätten wir das Wasser, das wir brauchen. Es sieht so sauber aus, vielleicht kann man es sogar trinken. Als er zurücklief, fand er die Stelle nicht wieder, wo er den Jungwald verlassen hatte. Da alle Bäume gleich aussahen, gab es keinen Anhaltspunkt, der ihm den Weg gewiesen hätte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als nach Joachim zu rufen.
„Halli hallo! Haste dich verlaufen?“ antwortete Joachim gutgelaunt. „Hier ist doch der Pappi! Immer geradeaus und zweimal um die Ecke!“
Lutz kratzte mit dem Fuß eine tiefe Rille in den Sand und stapfte erst dann in die Richtung, aus der er Joachims Stimme hörte.
„Mensch“, sagte er kurz darauf, „da kannste ganz schön die Orientierung verlieren! Gib mir mal das Beil! Ich will da vorn an der Schneise eine Kerbe in einen Baum hauen, sonst finden wir unsere Höhle gar nicht wieder, wenn wir beide unterwegs sind.“
Er verschwand mit dem Beil, kennzeichnete eine Lärche, indem er ihr zwei Äste abschlug und ein Stück der Rinde abschälte, und kam zurück.
„Haste irgendwo Wasser gefunden?“ fragte Joachim. „Ich müßte mir nach meiner ersten Sitzung auf dem Donnerbalken dringend die Hände waschen.“
„Natürlich!“ rief Lutz. „Dahinten fließt ein toller Bach, kristallklar und eiskalt. Komm, ich zeig’ ihn dir!“
Joachim nahm Seife und Handtuch aus seiner Lufthansatasche, fischte auch aus Lutz’ Campingbeutel das Waschzeug
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