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Zwei auf Achse

Zwei auf Achse

Titel: Zwei auf Achse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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etwas Hafer heraus. Das Pferd wieherte. Es schien genau zu wissen, was nun kam. Herr Tepel mußte es zurückdrängen, weil es ihm halb in den Hühnerstall nachgekommen war.
    „So, nun laß es dir schmecken“, sagte er, „und bleib schön ruhig, wenn es heute nacht blitzen und donnern sollte, hörst du? Kommt, Kinder, damit die Hühner auch zu Bett gehen und ich ihre Tür schließen kann!“
    In der Küche kochte das Wasser auf dem Herd.
    „Tee oder Kaffee, was mögt ihr lieber?“
    „Kaffee, wenn es Ihnen nichts ausmacht“, antwortete Joachim.
    „Warum sollte es mir was ausmachen? Ihr müßt ihn nur selber mahlen. Da an der Seite des Schrankes ist die Kaffeemühle angeschraubt, hier sind die Kaffeebohnen. Na, wer will?“
    Sie wollten beide und wechselten sich ab, bis das Glas unter dem Trichter der Mühle halb gefüllt war. Herr Tepel schüttete den gemahlenen Kaffee in die Kanne und goß das kochende Wasser darüber. Dann stellte er Tassen, Zucker und eine Dose Milch auf den Tisch.
    Es war plötzlich dunkel geworden. Der Himmel hatte sich mit schwarzen, tiefhängenden Wolken überzogen. In der kleinen Wohnküche aber war es sehr behaglich.
    „Bedient euch selbst“, sagte Herr Tepel. „Möchtet ihr, daß ich eine Kerze anzünde, oder ist es euch so recht?“
    „Ein bißchen düster ist es schon“, sagte Lutz.
    „Laß doch!“ rief Joachim. „Oder haste etwa Angst?“ Herr Tepel legte ein Stück Holz aufs Feuer und ließ die Herdtür offen.
    „Was haltet ihr davon?“ fragte er. „Ist das Licht genug?“ Der Schein des flackernden Feuers tanzte in den Raum, zauberte Schatten an die Wand und malte die Gesichter der Jungen und des Alten glutrot.
    „Wunderschön!“ flüsterte Lutz.
    Sie tranken ihren Kaffee und schwiegen. Herr Tepel trank auch und zündete seine Pfeife an.
    Da zuckte ein Blitz auf und tauchte die Wohnküche einen Flügelschlag lang in grelles, weißes Licht. Ferdinand, der neben der Holzkiste lag, und schon halb geschlafen hatte, hob erschrocken den Kopf. Als wenige Sekunden später ein gewaltiger Donnerschlag die Luft erschütterte, sprang er mit einem Satz auf die Füße und jaulte ängstlich.
    „Na, komm, Alterchen“, sagte Herr Tepel zärtlich, legte den Kopf des Hundes auf seine Knie und streichelte ihn liebevoll. „Ferdinand braucht im Gewitter immer die Nähe eines Menschen“, erklärte er, indem er zu den Jungen aufschaute. „Das laute Gedonner regt ihn furchtbar auf. Ich versteh das gut, mich macht es auch ganz nervös. Es erinnert mich nämlich an die Kriegszeit und beschwört den Tag und die Stunde meiner Verwundung herauf.“
    Er schwieg und tätschelte gedankenverloren den Hund. „Der Krieg muß bestimmt schrecklich gewesen sein“, sagte Lutz. „Wenn man manchmal in einem Film sieht, wie die Bomben fallen oder die Menschen mit einem Maschinengewehr einfach so umgemäht werden und sich dann vorstellt, daß man selber dabei wäre, so mittendrin... nein, ich glaube, ich würde vor Angst verrückt werden.“
    Herr Tepel nickte.
    „Es sind auch viele im Trommelfeuer verrückt geworden. Und an dem Tage, als ich verwundet wurde, hätte nicht viel daran gefehlt, dann wäre ich auch durchgedreht.“
    „Wurde Ihr Schützengraben vom Feind aufgerollt, oder wie war das?“ fragte Joachim. „Ich hab’ das mal in so einem Kriegsheft gelesen und fand es eigentlich ganz toll, wie die da so von oben mit aufgepflanztem Bajonett oder wie das heißt in den Graben ‘reinsprangen und die feindlichen Soldaten der Reihe nach aufspießten.“
    „Schützengräben gab es bei unserm Rückzug nicht“, sagte Herr Tepel, „höchstens kleine Deckungslöcher, die sich jeder in fliegender Hast selbst graben mußte, wenn die Beschießung begann. „ Und nach einer kleinen Pause: „Mancher hat sich so sein eigenes Grab gegraben. Nein, nein, wir hatten keine Zeit, Schützengräben auszuheben, der Russe befeuerte uns ununterbrochen mit seinen Stalinorgeln.“
    „Stalinorgeln?“ fragte Joachim. „Das waren wohl Schnellfeuergewehre, was?“
    „Schnellfeuerkanonen, mein Junge! Jedes Geschütz hatte zwölf Rohre und feuerte seine Granaten fast so schnell hintereinander ab wie ein Maschinengewehr. Ihr könnt mir glauben, daß die härtesten Burschen das Beten lernten oder sich vor Entsetzen und Angst in die Hosen machten, wenn sie in so ein Orgelkonzert gerieten.“
    Es donnerte. Lutz zuckte zusammen und duckte sich. Herr Tepel legte ihm die Hand auf die Schulter.
    „Gewitter können schlimm

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