Zwei bemerkenswerte Frauen
einem Reizhusten, und meine Schwestern haben mir befohlen, am Feuer sitzen zu bleiben.» Immerhin stimmte das.
«Wie jammerschade!» Mr Buckland setzte sich wieder.
«In der Zeitung steht, Marys Fund gleiche weder dem Ichthyosaurier noch sei es ein Plesiosaurier, was man beim letzten ja noch vermutete.»
«Aber nein, es ist ein Plesiosaurier», erwiderte Mr Buckland. «Dieses Exemplar hat einen Kopf, und er ist genau so, wie wir ihn uns vorgestellt haben – im Vergleich zum übrigen Körper erstaunlich klein. Und die Flossen! Ich habe Mary das Versprechen abgenommen, sie als Erstes zu reinigen. Aber ich habe Ihnen noch gar nicht den Grund für meinen Besuch genannt, Miss Philpot. Es geht um Folgendes: Ich möchte, dass Sie die Annings überreden, dieses Exemplar nicht wie das letzte an Colonel Birch zu verkaufen. Er hat es an das Royal College of Surgeons weiterveräußert, und es wäre uns sehr daran gelegen, wenn der neue Fund nicht auch noch dorthin geht.»
«Er hat es weiterverkauft? Aber warum nur?» Ich umklammerte die Lehnen meines Stuhls. Jede Erwähnung von Colonel Birch griff meine Nerven an.
Mr Buckland zuckte die Schultern. «Vielleicht brauchte er das Geld. Außerdem schadet es nicht, wenn der Fund öffentlich ausgestellt wird, aber im College wimmelt es von Männern, die sich mit dem Plesiosaurier schmücken wollen, ohne ihn richtig zu begreifen. Conybeare ist in seinen Studien viel seriöser und verlässlicher. Vermutlich will er den neuen Fund für die Geologische Gesellschaft haben, so dass er wie schon zuvor Vorträge darüber halten kann. Ich glaube, so eine Veranstaltung würde sehr gut besucht werden. Wussten Sie schon, dass ich im Februar Präsident der Gesellschaft werde, Miss Philpot? Vielleicht könnte ich seinen Vortrag mit meiner Amtseinführung verbinden.»
«Soviel ich in der Post gelesen habe, erwägen die Annings einen Verkauf nach Bristol oder ans Britische Museum.» Gegenüber jemandem, der den Fund schon mit eigenen Augen gesehen hatte, war es besonders demütigend, aus der Zeitung zitieren zu müssen. Es war als würde man einem Londoner seine Stadt aus dem Reiseführer beschreiben.
«Das sagt eher etwas über die Meinung der Zeitung aus als über die Absichten der Annings», meinte William Buckland. «Nein. Als ich vorhin mit ihr gesprochen habe, hat Molly Anning an Colonel Birch gedacht und wollte von meinen Vorschlägen nichts wissen.»
«Haben Sie ihr gesagt, dass Colonel Birch den ersten Fund weiterverkauft hat und das vermutlich mit einem hübschen Profit?»
«Sie wollte mir nicht zuhören. Deshalb bin ich ja zu Ihnen gekommen.»
Ich blickte auf meine Hände. Obwohl ich fingerlose Handschuhe trug und täglich Margarets Heilsalbe anwendete, waren sie rau und eingerissen, und meine runzeligen Finger hatten unter jedem Nagel einen Lehmrand. «Ich habe kaum noch Einfluss auf die Annings und ihre Verkäufe. Sie betreiben ihr Geschäft jetzt allein und hätten sicher etwas dagegen, wenn ich mich einmischen würde.»
«Aber bitte versuchen Sie es, Miss Philpot. Sprechen Sie mit ihr. Sicher wird sie Ihr Urteil schätzen – so wie wir alle.»
Ich seufzte. «Wissen Sie, Mr Buckland, wenn Sie bei Molly Anning Erfolg haben wollen, müssen Sie eine Sprache sprechen, die sie versteht. Ihr geht es nicht um Museen und die Forschung, sondern allein ums Geld. Wenn Sie einen Sammler finden, der ihr deutlich mehr zahlt als Colonel Birch, wird sie gern an ihn verkaufen.»
Mr Buckland wirkte verblüfft, als wäre ihm der Gedanke an Geld noch gar nicht gekommen.
«Übrigens», fuhr ich fort, entschlossen, das Thema zu wechseln. «Ich habe einen neuen Fisch-Schaukasten draußen im Flur, den Sie noch nicht gesehen haben. Unter anderem enthält er eine Rückenflosse des Hybodus , die Sie verblüffen wird. Die Flossenkämme sehen nämlich wirklich wie Zähne aus. Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.»
Nachdem er gegangen war, setzte ich mich wieder ans Feuer und dachte nach. William Bucklands Begeisterung für den Plesiosaurier war auf mich übergesprungen, jetzt wollte ich ihn dringender sehen als jemals zuvor. Wenn ich es nicht schaffte, solange er sich noch in Lyme befand, würde ich vielleicht keine Gelegenheit mehr dazu bekommen, insbesondere, wenn sich ein privater Käufer fand, der ihn in seinem Haus aufbewahrte, wo er für jemanden wie mich unzugänglich wäre.
In den nächsten Wochen würde Mary ihren Fund noch reinigen und präparieren. Sie würde kaum von seiner Seite weichen,
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