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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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dass Margaret den Frauen von Lyme die Mode gebracht hat, denn binnen weniger Jahre wurden Turbane auf der Broad Street zu einem gängigen Anblick. Ich finde, es gibt Hüte, die besser zu Empire-Kleidern passen als Turbane, und sicher wird manch einer hinter vorgehaltener Hand über Margaret gelacht haben. Aber ist Mode nicht dazu da, zu unterhalten?
    «Vielen Dank für deine Hilfe», sagte Louise, als die Holunderblüten in einer Mischung aus heißem Wasser, Zucker und Zitronen zogen. «Wenn der Sirup fertig ist, bekommst du eine Flasche davon.»
    Mary Anning nickte und drehte sich zu mir um. «Darf ich mir Ihre Kuris anschauen, Miss? Neulich haben Sie die mir nicht gezeigt.»
    Ich zögerte, schämte ich mich doch plötzlich ein wenig, ihr meine Fundstücke zu zeigen. Für ein junges Mädchen war Mary erstaunlich selbstbeherrscht. Vermutlich lag es daran, dass sie schon von klein auf arbeiten musste, obwohl man natürlich versucht war, es dem Blitzschlag zuzuschreiben. Ich unterdrückte meinen Widerwillen und führte Mary ins Esszimmer. Die meisten Menschen kommentieren beim Betreten dieses Zimmers als Erstes den wunderbaren Blick aufs Golden Cap, den man vom Fenster aus hat, aber Mary schaute nicht einmal hin, sondern steuerte zielstrebig auf die Anrichte zu, auf der ich, sehr zu Bessys Missfallen, meine Fundstücke aufgereiht hatte. «Was ist das denn?» Sie deutete auf die Papieretiketten neben den einzelnen Fossilien.
    «Etiketten. Auf ihnen steht, wann und wo und in welcher Gesteinsschicht ich das Fossil gefunden habe, außerdem eine Vermutung, um was es sich handeln könnte. So machen sie es im Britischen Museum auch.»
    «Waren Sie da schon?» Mit gerunzelter Stirn studierte Mary jedes einzelne Etikett.
    «Ja, wir sind ganz in der Nähe aufgewachsen. Notierst du nicht, wo du deine Sachen findest?»
    Mary zuckte die Schultern. «Ich kann nicht lesen und schreiben.»
    «Wirst du später die Schule besuchen?»
    Wieder zuckte sie die Schultern. «Vielleicht die Sonntagsschule. Da kann man auch Lesen und Schreiben lernen.»
    «In der Michaelskirche?»
    «Nein, wir gehören nicht zur Kirche von England, wir sind Kongregationalisten. Unsere Kirche steht in der Coombe Street.» Mary hob den Ammoniten hoch, auf den ich besonders stolz war. Er war völlig intakt, hatte weder Risse noch Absplitterungen und eine feine, gleichmäßige Rippenzeichnung auf der Spirale. «Für den Ammo können sie einen Schilling kriegen, wenn sie ihn ordentlich reinigen», meinte sie.
    «Oh, ich werde ihn nicht verkaufen. Er ist für meine Sammlung.»
    Mary schaute mich verblüfft an. Da ging mir auf, dass die Annings nicht sammelten, um ihre Fundstücke zu behalten. Für sie bedeuteten gute Fundstücke gutes Geld.
    Mary legte den Ammoniten wieder hin und nahm sich einen braunen Stein mit spiralförmigen Markierungen, der ungefähr so lang war wie ihr Finger, aber dicker. «Das ist ein seltsames Exemplar», sagte ich. «Ich bin mir nicht sicher, worum es sich handelt. Vielleicht ist es einfach nur ein Stein, aber irgendwie … irgendwie sieht er anders aus. Ich musste ihn einfach mitnehmen.»
    «Das ist ein Bezoar.»
    «Ein Bezoar?» Ich runzelte die Stirn. «Was ist das?»
    «Eine Haarkugel, wie man sie in den Mägen von Ziegen findet, Miss. Hat Pa gesagt.» Sie legte den Stein wieder weg und nahm als Nächstes eine zweischalige Muschel in die Hand, eine Gryphaea. Die Einheimischen verglichen sie mit den Zehennägeln des Teufels. «Diese Gryphie haben sie aber noch nicht gereinigt, was Miss?»
    «Den Dreck habe ich abgebürstet.»
    «Haben Sie das mit einer Klinge gemacht?»
    Ich blickte ratlos. «Mit was für einer Klinge?»
    «Ach, ein Briefmesser tut es schon, obwohl ein Rasiermesser natürlich besser ist. Man kratzt von innen, um den Schlick und all das Zeug rauszubekommen, dann sieht man auch ihre Form besser. Ich kann es Ihnen zeigen.»
    Ich holte kurz Luft. Die Vorstellung, von einem Kind etwas gezeigt zu bekommen, fand ich blamabel. Aber andererseits … «Na gut, Mary Anning. Komm morgen mit deinen Messern vorbei und zeig mir, wie es geht. Ich zahle dir einen Penny für jedes Fossil, das du reinigst.»
    Die Aussicht auf Bezahlung ließ Mary strahlen. «Vielen Dank, Miss Philpot.»
    «Jetzt aber fort mit dir. Sag Bessy auf dem Weg nach draußen, sie soll dir eine Scheibe von ihrem Früchtekuchen mitgeben.»
    «Sie erinnert sich an den Blitz», sagte Louise, als Mary weg war. «Ich habe es in ihren Augen gesehen.»
    «Wie ist das

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