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Zwei Einzelzimmer, bitte!: Mit Kluftinger durch Deutschland

Zwei Einzelzimmer, bitte!: Mit Kluftinger durch Deutschland

Titel: Zwei Einzelzimmer, bitte!: Mit Kluftinger durch Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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vor den Auftritten, lange schon habe ich mich nicht mehr so jung gefühlt. Mit der Zeit ging ich immer weiter: Ich hab meine Socken im Zimmer verstreut, mir an der Tanke Chipsletten geholt und Cola und ein paar klebrige Schokoriegel, hab ins Bett gebröselt, was das Zeug hielt, einmal hab ich sogar abends keine Zähne geputzt! Stellen Sie sich vor! Wenn das mein Zahnarzt, geschweige denn meine Krankenkasse erfährt! Ich hab mich mit allem eingedeckt, was ich in meinem Jugendzimmer brauchte, einschließlich der neuesten Ausgaben von »auto, motor und sport«. Und ich bin immer ganz knapp vor der Veranstaltung erst losgegangen, um alles auch richtig auskosten zu können. Vorher hab ich noch geduscht, wobei ich weder die Kabine mit der Gummilippe trockengewischt habe noch danach die Fußabdrücke auf dem Fliesenboden weggemacht hab … Mann, hab ich mich frei und relaxed gefühlt. Und Zeit hatte irgendwie gar keine Bedeutung mehr!
    Na ja, zumindest nachmittags, denn spätestens wenn es dunkel wird, sollte man sich erinnern, dass man ja zum Lesen reist. Auch da aber heißt es, sich Freiräume schaffen. Neulich hat ein Veranstalter gefragt, ob ich denn so um Viertel vor sieben zur Tonprobe da sein könnte. Viertel vor sieben? Da ist noch nicht mal diese Sendung mit den Immobilienmaklern auf VOX aus! Ich hätt mich am Telefon um ein Haar verplappert und ihm mit genau dieser Begründung abgesagt. Jetzt glaubt er, dass ich eine Stunde vor dem Auftritt immer noch ein bisschen meditiere. Mal ehrlich: Welche Technik ich da anwende, tut doch nix zur Sache, oder?

Stranger than fiction oder:
Heute schon Ihre Spirulina entsaftet?

    Von Volker Klüpfel

    Wir hatten mal in einer unserer Bühnenshows eine Nummer, in der wir die Verkaufsgespräche der Homeshopping-Sender nachahmten. Eigentlich wollten wir sie satirisch überhöhen, haben aber schnell festgestellt: Das geht ja gar nicht!
    Das gleiche Problem hat jeder, der sich über den Musikantenstadel lustig machen will. Wie soll das aussehen? Soll man sich pausbäckig und mit Fönfrisur hinstellen, beim zu weit geschnittenen Sakko die Ärmel hochkrempeln, die Caprifischer mit Dackelblick in die Kamera seufzen, während im Hintergrund ein stiernackiger Lederhosenträger mit vom Schunkeln geröteter Bierbirne Handbussis in die Wohnstuben schickt? Willkommen in der Wirklichkeit.
    Das wäre, als wolle man einen Witz über einen Witz erzählen. Also zum Beispiel: »Da sagt ein Mann … hihihi …, der sein Lachen kaum unterdrücken kann … hahaha …, zum anderen, dass ein Mann zum Arzt kommt, worauf der Arzt sagt … hohoho …« Die Pointe wäre damit gefangen in der Endlosschleife der Erzählebenen.
    Genauso ist es mit dem Teleshopping: Man kann den perpetuierenden Wahnsinn, der einem da rund um die Uhr ins Wohnzimmer schwappt, nicht übertreffen. Allein die – nennen wir sie der Einfachheit halber mal Moderatoren : Denen hat offenbar noch niemand erklärt, dass die Zuschauer zwar weit entfernt an ihren Empfangsgeräten sitzen, diese Entfernung aber durch ausgefeilte Sendetechnik überbrückt wird – und nicht durch Schreien in der Lautstärke eines brunftigen Hirschs.
    Andererseits nötigt es einem fast schon wieder Respekt ab, dass man über eine Digitalkamera, die selbst aus dem Grabbeltisch des Elektrodiscounters ausgemustert wurde, so in Rage geraten kann, dass man den Fernsehzuschauer ekstatisch anbrüllt, weil es einfach unfassbar sei, dass man damit nicht nur Fotos machen, sondern sich diese sofort danach auch noch anschauen könne. Auf einem Bildschirm! Der wo leuchten tut!
    Gleichermaßen respektvoll neigen wir unser Haupt vor diesem Berufsstand, ach was: Berufungsstand, dessen Auserwählte ebenso Wäschefaltbrett-Experten sind wie Schlagbohrmaschinen-Spezialisten. Universalgenies unserer Zeit. Die es schaffen, mit einem Blautopas mit facettiertem Eternity-Schliff, eingefasst in einen echt goldimitierten Solitär-Ring, eine halbe Stunde Sendezeit zu füllen. Da schaffen es Nachrichtensender, wenn’s hoch kommt, gerade mal, uns die Zusammenhänge zwischen der globalen Klimapolitik und dem Wechselkursverhältnis Dollar/Yen zu offenbaren.
    Diese real ironisierenden Formate sind also reinstes Bildungsfernsehen! Denn offensichtlich verdienen sich die Macher dieser Sendungen nicht trotz, sondern gerade wegen dieser marktschreierischen Hupfdohlen einen goldenen Arsch … also Nase, na, Sie wissen schon.
    Woran mag das liegen? Am Angebot wohl kaum. In letzter Zeit werden wir

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