Zwei Einzelzimmer, bitte!: Mit Kluftinger durch Deutschland
– wenn wir des Nächtens verschämt von den Werbepausen privater Sendeanstalten, die gefüllt sind mit betagten Frauen, die betagte Körperteile so nah an die Kamera halten, dass man ohne Anatomiekenntnisse erst mal gar nicht sicher sagen kann, worum es sich dabei handeln und was man damit nun anstellen soll –, mit allerlei seltsamem Gerät zu ködern versucht.
Moderne Foltermaschinen malträtieren uns da visuell, ohne dass wir unseren Körper schon davon hätten verrenken lassen. Denn die Möglichkeiten, unsere schlaffe Hülle mit Bändern, Elektroden, Cremes, Saunagürteln und Duschköpfen in Form zu bringen oder mittels Entsaftern und Spirulina-Tabletten in Form zu essen, scheinen erschöpft. Nun fordern die Betreiber vom Einkaufsfernsehen auch noch unsere Motorik heraus. Sagen dem, je nach Zuschauergruppe mühsam erworbenen aufrechten Gang den Kampf an mit Gerätschaften, die direkt aus einem 60er-Jahre-Ritterfilm zu stammen scheinen: »Ab Circle« heißt eines dieser neuen Geräte, das uns die Werbepausen mit Akrobatikeinlagen versüßt, die aussehen wie eine Mischung aus dem Paarungstanz eines Rauhaardackels und Bruce Darnells Catwalk. Wer dabei noch so gut gelaunt aussehen will wie die dauergrinsenden Vorführmodels, der sollte gleich den digitalen Mimikstimulator mit bestellen. Humor wird nämlich benötigen, wer sich nachher mit den massiven Haltungsschäden, die mir als medizinischem Laien unausweichlich scheinen, in die Öffentlichkeit begibt. Aber das ist ja noch nicht das Ende der phantasiereichen Produktpalette. Mein persönlicher Favorit zurzeit: Das mit dem Namen »Sexy Legs« versehene Monstrum, das in Aktion aussieht, als habe man sich ein Bügelbrett in den Schritt getackert.
Was können wir als Autoren davon lernen? Ganz gewiss eines: Neue Absatzmärkte warten auf uns, allerdings nicht mit dem langweiligen alten Buch, es muss komplizierter werden: vielleicht ein solarbetriebenes digitales Lesegerät, dessen Seiten nur im Kopfstand unter Wasser entziffert werden können, und das gleichzeitig rotiert und dadurch die Nackenmuskeln entspannt, während es mit Elektroschocks die Großhirnrinde stimuliert. Das könnte was werden.
Gute (Unter-)Haltung.
Unterwegs im Auftrag des Herrn Kluftinger
Was sind Fremde unter Fremden? Ein Zug mit Fremden, der unter einer Brücke durchfährt, auf der ganze viele Fremde stehen. So hat es Karl Valentin formuliert und er hatte recht – wenn er auch mathematisch etwas unscharf war. Denn Fremde gibt es paradoxerweise aber auch in anderen Städten oder gar Ländern, die wimmeln ja geradezu von Fremden, obwohl sie doch voll von Einheimischen sind.
Bevor wir versuchen, dieses Paradoxon mithilfe der Quantenphysik zu lösen (die ja auch zwei konträre Zustände von Teilchen zulässt – aber das wussten Sie natürlich längst), wollen wir dieses Phänomen genauer spezifizieren. Mit einem Loblied auf die Fremden in der Fremde. Schließlich fühlen wir uns oft mit ihnen solidarisch …
Das Autorenduo vor dem Ulmer Münster. Oder war das jetzt der Kölner Dom? Nein, jetzt haben wir’s: Sankt Blasius und Alexander in Altusried – fahren Sie mal hin!
Tschaikowskiplatz!
Von Volker Klüpfel
Letztens haben wir in Wien gelesen.
Dazu muss man wissen: In Wien ist manches anders.
Anders als bei uns, meine ich.
Denn Wien ist in Österreich.
Das allein wär jetzt vielleicht nicht so gravierend, aber es bringt natürlich eine weitere Besonderheit mit sich: Wien ist voller Österreicher.
Genau wie Kufstein, Vöcklabruck und Hohenems, wo wir auch schon zu Gast waren. Oder Salzburg, Sulzberg, Feldkirch, Dornbirn. Sie verstehen.
Ich will mich aber auf Wien beschränken, das ist immerhin die Hauptstadt und wird selbst von den Österreichern als noch spezieller als der Rest empfunden. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Diese ganzen Besonderheiten sind sehr schön, denn man bekommt sofort so ein Gefühl. Sie wissen schon: ein Hauch von Exotik, von Geheimnis und Fremdartigkeit, der einen umweht. Wie im Urlaub. Auch wenn man gar nicht zum Urlauben gekommen ist, sondern, wie wir, zum Arbeiten.
Früher signalisierte einem schon der stets gut gelaunte Grenzposten, der deutschen Reisenden gerne ein fröhliches »Do foah ma jetzt eh erst amoi rechts ran« entgegenschmetterte, dass man sich in einen anderen Kulturkreis begibt. Wer durchgewinkt … durchgewunken … passieren durfte, stellte spätestens beim Anblick der gelben Fahrstreifen fest: Das ist hier irgendwie
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