Zwei Esel Auf Sardinien
hat, hilft beim Sortieren der geernteten Oliven. Juttas plötzliches Interesse für eintöniges Sortieren kommt mir doch etwas merkwürdig vor. Ehe ich anfange, nähere ich mich den beiden, um ihr Gespräch zu belauschen.
Jutta: »Die sind wunderschön, Marie Julienne, so etwas hätte ich auch gern in meinem nächsten Film. Sie sehen aus, als wären es deine eigenen!«
Marie Julienne: »Sie tragen sich sehr gut, und ich mache sie selbst.«
Jutta: »Du selbst?! Und wie?«
Marie Julienne: »Sie werden eingeflochten, so kann man sie einknüpfen und wieder entfernen, alles ganz sauber und umweltfreundlich. Eine afrikanische Technik.«
Jutta: »Und wie geht das?«
Marie Julienne: »Du bestellst ein Bündel Echthaar in der Farbe, die dir gefällt, und ich flechte sie dann direkt in dein Kopfhaar ein. Dabei braucht man keinen von diesen Klebstoffen, die die Kopfhaut angreifen …«
Jutta: »Ich habe das einmal in München mit Keratin an einzelnen Strähnen versucht …«
Marie Julienne: »Um Gottes willen, trau keinem Friseur, der mit Silikon, Laser und anderem Mist arbeitet. Dann nimm lieber noch diese Teile zum Stecken, auch wenn das etwas unbequem ist, weil man sie zum Haarewaschen immer rausnehmen muss …«
Ich wusste doch, dass da was nicht stimmen konnte. Die beiden reden natürlich nicht über Oliven und Ernte, sondern über Extensions! Da ruft mich Yassouf zur Arbeit, er erwartet mich mit einem drei Meter langen Teleskopstab an der Baumreihe. Es ist eine Art ausziehbarer Kamm. Das Kernstück dieses merkwürdigen Geräts ist ein kleiner tragbarer Motor, den man mir über die linke Schulter hängt. Bei diesem besonderen System zum Übertragen der Vibrationen auf den Baum wird das Gerät nicht fest an einem Zweig verankert. Das ginge zwar schneller, könnte aber die Rinde ernsthaft beschädigen.
Dazu muss ich kurz erzählen, was mir unlängst in der Kochshow »Lafer! Lichter! Lecker!«, in der ich mit Jutta zu Gast war, passiert ist. Dass ich mit Küchengeräten nicht gerade vertraut bin, ist mittlerweile ein offenes Geheimnis, doch ich hatte es schlichtweg versäumt, die Verantwortlichen der Sendung darüber zu informieren. Nun sollte ich mit einem elektrischen Handrührgerät ein Ei verquirlen. Aber keiner aus der Redaktion hatte es für nötig gehalten, mich über die Funktion der beiden Schalter am Griff des Gerätes aufzuklären. Jedenfalls habe ich den falschen Knopf gedrückt, und einer der beiden Metallquirle sprang heraus und flog einem Zuschauer mitten ins Gesicht! Wenn Sie mir nicht glauben, schauen Sie doch bei YouTube nach! Auch damals durfte ich nicht auf Juttas Solidarität hoffen.
Ironie des Schicksals, auch der Rüttelkamm besteht aus mehreren Teilen. Er wird über eine Art Fernbedienung neben dem Griff gesteuert, und hier kann ich mich nicht einmal herausreden, dass ich die Beschriftung nicht verstehe, denn es steht alles auf Italienisch drauf. Als Yassouf mir die kleine Steuerkonsole mit dem Display zeigt, steht sie auf »Pause«, ich muss also nur noch auf die Taste drücken, um den Rüttelvorgang zu starten. Er warnt mich jedoch nicht vor, dass man dies auf keinen Fall tun sollte, während man gleichzeitig den kleinen Hebel des Joysticks nach unten drückt, weil sich dann der Kamm komplett ausklinkt. Es kommt, wie es kommen musste, ich stütze mich mit dem Ellenbogen auf dem Joystick ab, während ich den Knopf drücke, der Kamm löst sich aus der Verankerung und schießt wie ein Sputnik nach oben. Dadurch schüttelt der Kamm die Zweige des Baums so heftig, dass mir gleich zwei Kilo Oliven auf den Kopf prasseln, fliegt am Stamm vorbei, nachdem er ihm beinahe die halbe Rinde abgefetzt hat, zerbricht die höchsten Äste und landet schließlich in Marie Juliennes wunderschöner Frisur! Und auch wenn die Zähne des Kamms aus Karbonfaser sind und der Vorderaufsatz aus Ultraleichtmaterial, hat er scharfe Spitzen. Zum Glück federt die dichte Haartracht der schönen Ivorerin den Aufprall ab, so dass er sanft auf dem Boden landet. Und ich – mittlerweile Ziel des allgemeinen Spotts – stehe mit dem immer noch vibrierenden Stab des Rüttelgeräts in der Hand da. Ein Bild, das Jutta, Yassouf und die anderen zu ausgiebigen Kommentaren ermuntert!
Um diese Jahreszeit nehmen die Bäume die schönsten Farben an. Wenn es aufklart, scheinen alle zu lächeln; die Blätter, die bereits ihre herbstliche Färbung wie von überreifen Trauben angenommen haben, leuchten in einem goldenen Rot, und je
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