Zwei Esel Auf Sardinien
nachdem, wie sie das Sonnenlicht hindurchlassen, ergeben sich immer neue Lichtspiele. Jetzt widme auch ich mich der Handernte, die eine gewisse therapeutische Wirkung auf mich ausübt. Während man die Zweige schlägt, ist man wirklich ganz mit sich allein. Am Anfang schart sich die ganze Gruppe um einen Baum, und zwischen den Oliven hört man fröhliches Geplauder. Doch dann verstummen die Rufe allmählich, alle verteilen sich auf der Suche nach einem eigenen Baum. So entspinnen sich lange stumme Gespräche … Und kein Olivenbaum wird je verraten, was ihm anvertraut wurde.
Mistral
Jutta
Signore Marchese Geraldo Valdes kommt um kurz nach vier, um seine Arbeiter samt den gepflückten Oliven abzuholen. Von weitem hört man das herannahende Brummen eines Lastwagens.
Augenblicklich unterbrechen die Männer ihre Arbeit, und die Frauen sortieren in Windeseile die Oliven. Die Körbe werden bis zum Rand gefüllt und die schlechten Früchte auf einen Haufen geschüttet. Unseren Eseln legen sie die abgeschlagenen Äste vor die Füße, bis dato wusste ich nicht, dass Maultiere auch Oliven fressen. Hier auf Sardinien scheint alles anders zu laufen. Der sardische Gourmetesel frisst wahrscheinlich auch Spaghetti.
Angesichts des Lastwagens, der schaukelnd zwischen Bäumen und Furchen heranrumpelt, bezweifle ich, dass wir beide mit unseren Mulis Platz darauf finden.
Zwischen emsigem Aufladen und dem Verstauen der Körbe, den Frauen und Männern, die auf die Ladefläche klettern, sehe ich für uns keine Chance. Auch hier können alle nur stehend mitfahren. Wo bitte sollen da noch zwei Esel Platz haben? Ich und auch Bruno könnten uns irgendwie noch dazwischenquetschen, aber die Tiere müssen dringend zu Claudio und Anna zurückgebracht werden.
Eine Diskussion zwischen Bruno und dem Gutsbesitzer scheint eine Lösung gebracht zu haben, denn Bruno, der fleißige Olivenpflücker, kommt strahlend auf mich zu.
»Binde die Esel wieder fest«, sagt er zu mir, »wir müssen noch ein bisschen warten. Der Marchese bringt jetzt die Arbeiter nach Hause und kommt später mit einem Pferdeanhänger, um uns abzuholen. Alles wird gut!«, meint er, während er mein skeptisches Gesicht streichelt.
Nun gut, so binde ich unsere beiden mir liebgewordenen Tiere wieder an den Baum.
Aus tiefstem Herzen wünsche ich mir nur, nicht noch eine Nacht hier draußen verbringen zu müssen. Aber Bruno beruhigt mich. Spätestens in einer Stunde würden wir abgeholt, das wäre so sicher wie das Amen in der Kirche.
»Dein Wort in Gottes Gehörgang«, sage ich auf Deutsch, was er eh nicht versteht.
» Tuo parole al oriecchi di dio «, versuche ich zu übersetzen, aber er sieht mich verständnislos an.
»Your word in the ear of god«, sag ich halt jetzt auf Dinglisch!
»Aha«, meint er und schaut mich nicht weniger verständnislos an.
Manchmal ist es ja vielleicht auch gar nicht so schlecht, wenn einen der andere nicht versteht, denke ich resigniert. Ist ja nun wirklich momentan auch wurscht.
»Now it is really sausage«, würde unser allseits beliebter Loddar Maddäus sagen.
Ich setze mich neben mein Eselchen und reiche ihm ein schönes Blatt, das er dankbar frisst.
»Gell, wir zwei verstehen uns«, flüstere ich ihm ins Ohr.
Bruno möchte sich ein bisschen bewegen und schlägt einen kleinen Spaziergang vor. Der Sonnenuntergang scheint wunderschön zu werden, total windstill ist es und ganz lau die Luft, fast ein bisschen zu warm. Da ich keine Lust habe, mich noch mal zu verirren, bestehe ich darauf, dass wir uns nicht zu weit wegbewegen.
Mit der langsam sinkenden Nachmittagssonne kommt Wind auf. Erst bewegt er freundlich die Zweige der Bäume, um sich dann schließlich auf die trockene Erde zu stürzen. Staub wirbelt auf. Wir gehen zurück zu den Eseln. Sie werden zunehmend unruhiger und treten tänzelnd von einem Bein aufs andere. Ich rufe laut nach Bruno, den ich aus den Augen verloren habe, schreie, er solle augenblicklich zurückkommen. Ferru schlägt nach hinten aus und zerrt an seinem Strick. Ich versuche ihn zu beruhigen, befürchte aber, dass er mir einen schmerzenden Tritt versetzen wird. Gerade als er sich mit einem Ruck losreißt und mit lauten »Iiiii-Aaaaas« die Flucht ergreift und ich gerade noch rechtzeitig meinen Esel bremsen kann, erscheint Bruno.
»Ein Mistral zieht auf«, ruft er. Ein für Sardinien typischer Wind, nicht wirklich schlimm und auch nicht außergewöhnlich, die Menschen hier sind ihn gewohnt. Er kommt meist mit
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