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Zwei Geschichten von der See

Zwei Geschichten von der See

Titel: Zwei Geschichten von der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Amado
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Fahrt vom Schiff an Land wurde viel gelacht. Die Riemen bespritzten die Passagiere mit Wasser, und die
Große Baqueana
drängte sich dicht an den Kommandanten, um sich gegen das Gesprüh zu schützen. Zuerst besichtigten sie die Stadt und fuhren anschließend an den Iracema-Strand. Dort kaufte Clotilde Spitzen für »einige neue Nachthemden«, wie sie erklärte, nicht ohne dabei verschämt das Gesicht mit ihrer Stola zu verbergen. Was bewirkte, dass Vasco in einem plötzlichen Sinnentaumel – er sah die andere Clô mit Brüsten, die unter dem Spitzenhemd tanzten – sie vor den Fischern und Spitzenverkäuferinnen hemmungslos küsste. Als die beiden wieder zur Stadtmitte gelangten, wünschte Clotilde in einer Kirche eine Andacht zu verrichten. Dort betete die
Große Baqueana
mit zerknirscht gesenktem Kopf. Diese Gelegenheit benutzte der Kommandant, um unauffällig zu verschwinden. Als sie nach beendetem Gebet ihn suchte und keine Spur von ihm fand, fühlte sie, wie ihr Herz stehenblieb. Tränen traten ihr in die Augen, während sie mit wachsender Unruhe nach ihm Ausschau hielt. Schließlich sah sie ihn eilends auf sie zukommen. Ihre Stimme klang unwirsch:
    »Wo warst du denn? Hast mich einfach stehen lassen …«
    Aber er nahm sie am Arm, führte sie in das verlassene Kirchenschiff zurück, trat mit ihr in die Helligkeit unter einem bleigefassten Fenster und zog das Etui mit den soeben gekauften Eheringen aus der Tasche. So besiegelten sie ihre Verlobung in der Stille der Kirche. Aber erst draußen im Freien küsste er sie, in der Kirche hatte sie es nicht zulassen wollen und ihn einen Gottlosen und Ketzer genannt. Er war eben so glücklich, der Kommandant.
    Am vorletzten Tag der Reise – die Ankunft in Belém war für den nächsten Tag um drei Uhr nachmittags vorgesehen, dort würde der ITA übernachten und erst am Spätnachmittag des darauffolgenden Tages zurückreisen – verursachte eine plötzliche Laune der
Großen Baqueana
Auftrieb und Verwirrung an Bord. Clotilde äußerte den Wunsch, das Schiff zu besichtigen, in den Maschinenraum, in die Laderäume hinunterzusteigen und das ganze Innere kennenzulernen. Waren Schiffe nicht vierzig Jahre lang Vascos Heim gewesen? Es war ein zwar romantisches, aber verständliches Verlangen, und ganz natürlich für eine Braut, alles, was das frühere Leben ihres künftigen Mannes anging, möglichst genau erfahren zu wollen. Das gestand sie ihm, und er versprach ihr mit einem Kuss, ihrer Bitte zu entsprechen.
    Eines war klar: Der Kommandant war durch seine Leidenschaft so aus dem Konzept gebracht worden, dass er die Schwierigkeiten eines derartigen Unternehmens vollständig übersah. Nicht etwa wegen der Schilder an versteckten Schotten mit der Aufschrift »Verbotener Eingang«. Das bezog sich – wohlbemerkt – nicht auf den Kommandanten und seinen Gast. Aber wie hatte er, der alte Seemann, die gefährlichen Leitern und die spärliche Bekleidung der Heizer vergessen können? So nahm er denn vierundzwanzig Stunden vor dem Reiseziel seine Geliebte an die Hand und stieg mit ihr in den Schiffsbauch hinab. Er öffnete ein verbotenes Schott, drunten gähnte der Abgrund, vor ihnen fiel eine winzigenge Eisentreppe fast senkrecht hinunter. Clô entfuhr ein kleiner Aufschrei, er hatte jedoch bereits den Abstieg begonnen und ihr die Hand entgegengestreckt. Dass die beiden nicht abstürzten, ist ein Geheimnis, das wieder einmal die Existenz eines Gottes der Verliebten beweist.
    Der Erste Ingenieur sperrte Mund und Augen auf, dann gab er kurze Erklärungen. Im Kesselraum gab es einen Aufruhr: Kohlentrimmern und Heizern, die praktisch nackt arbeiteten, blieb förmlich die Spucke weg, als sie plötzlich eine Dame vor sich sahen. Clotilde wollte zu allem Überfluss noch eine Schippe voll Kohlen in den roten Rachen werfen. Sie glühte förmlich vor Hitze. Der Kommandant half ihr dabei und sagte, das erinnere ihn an die Zeit, in der er als Schiffsjunge vorübergehend im Kesselraum bei den Heizern gearbeitet hatte.
    Die Laderäume waren vollgeladen mit Waren. Der eilends herbeigerufene Zahlmeister war mit finsterer Miene heruntergestiegen. Es fehlte nur noch, dass der bescheuerte Kapitän sich in seinem Dusselkopf einfallen ließ, eine Führung durch das Schiff zu veranstalten … Bei dem war alles möglich … Aber der Kommandant grüßte nur nebenbei und nahm nicht die geringste Notiz von ihm, so dass der Zahlmeister wieder auf die Brücke lief und zum Ersten Offizier sagte:
    »Ihr

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