Zwei Geschichten von der See
um seine Prüfungen in Bahia abzulegen. »Übrigens darf ich ohne falsche Bescheidenheit hinzufügen, nicht ohne Glanz«, erläuterte der Kapitän auf großer Fahrt. Jedenfalls hatte der Kapitän Georges Dias Nadreau, der damalige Hafenkapitän, heute illustrer Admiral unserer ruhmreichen Kriegsmarine, dies damals betont.
In einem anderen Rahmen hing das Diplom eines Ritters vom Orden Christi, die bedeutende lusitanische Auszeichnung, ein Ehrentitel, der zum Tragen von Medaille und Halsband berechtigte, und den D. Carlos I., König von Portugal und Algarves, ihm für seine großen Verdienste um den portugiesischen Seehandel verliehen hatte.
Er setzte sich in einen Klappstuhl, in einen Deckstuhl mit Sitz und Rückenlehne aus Wachstuch, neben sich das Steuerrad, die Pfeife in der Hand, und ließ den Blick durchs Fenster in die Weite schweifen. Auf dem großen Tisch stand der riesige drehbare Globus, daneben lagen verschiedene Navigationsinstrumente: Kompass, Chronometer, Sextant, Hygrometer. Durch das große schwarze Fernglas rückte die Stadt Bahia in nächste Nähe. Das Kursdreieck zur Berechnung des Kurses und die wundervolle Pfeifensammlung, für die sich alle begeisterten. Die Borduhr nannte man Chronometer.
An den Wänden hingen Seekarten, Karten der Meere, der Buchten und Golfe, der entlegensten Inseln. Auf einem Möbelstück, in dem der Kommandant Gläser und Getränke aufbewahrte, stand in einem riesigen Glaskasten das Modell eines Passagierdampfers, »ein Seeriese, meine unvergessliche ›Benedikt‹«, das letzte der vielen Seefahrzeuge, auf denen er gefahren war und die er befehligt hatte; sein letztes Schiff. Vergrößerte Fotografien anderer Schiffe verschiedener Größe und verschiedener Nationalität/einige davon koloriert, hingen gerahmt an den Wänden. Da jedes dieser Schiffe ein Stück Leben des Kommandanten Vasco Moscoso de Aragão darstellte, erinnerte es ihn auch an Erlebnisse, Wechselfälle, Freuden und lange, einsame Nächte.
Und das Teleskop. Es war eine Sensation, als die Besucher es aufgestellt und seine Linse auf den Himmel gerichtet sahen. »Es vergrößert den Mond achtzigmal«, verkündete Zequinha Curvelo in wachsender Vertrautheit mit den Instrumenten, den gerahmten Schiffen und ihrem ehemaligen Kapitän.
In jener Mondnacht vergaßen sie die am Vormittag stattgefundene Beerdigung Doninha Baratas, so begierig waren sie, den Himmel zu erspähen, die Geheimnisse der Räume zu entdecken, die Gebirge des Mondes, sein unergründliches Antlitz aus der Nähe zu sehen, Sterne zu erkennen, deren Namen man vor vielen Jahren in der Schule gelernt hatte. Alle wollten in jugendlicher Ausgelassenheit das »Kreuz des Südens« suchen.
Tage darauf sollten sie eine andere und nicht weniger spannende Nützlichkeit des Teleskops entdecken. So stellten sie es an Vormittagen auf den vielbesuchten Strand von Plataforma ein und betrachteten die – achtzigmal vergrößerten – Frauenkörper beim Baden im Meer. Sie stritten sich unter Gekicher, wer zuerst an die Reihe kommen sollte, sie tuschelten einander Anzüglichkeiten zu. Sie waren wie Kinder und junge Hunde.
Bald wurde eine Gewohnheit daraus, den Kommandanten zu besuchen, um dort den Himmel zu betrachten und Geschichten anzuhören. Dann mischte der Kapitän einen würzigen steifen Grog, dessen Rezept von einem alten Seebären aus Hongkong stammte und dessen Zubereitung mit Hilfe der Mulattin Balbina eine halbe Stunde dauerte. Es war ein wahres Ritual. Heißes Wasser wurde in einem Kessel erhitzt, Zucker in einer kleinen Kasserolle gebrannt. Die Schalen einer Orange wurden kleingehackt. Dann nahm der Kommandant blaue dicke Gläser zur Hand – sie waren schwer, damit sie bei Seegang nicht umfielen –, tat in jedes einen Teelöffel gebrannten Zucker, ein Teil heißes Wasser, ein anderes portugiesischen Cognac und verzierte das Ganze mit Orangenschalen. Zunächst wagten nur Adriano Meira und Emílio Fagundes – und, versteht sich, Zequinha Curvelo –, dieses absonderliche Gebräu zu kosten. Da sie aber bestätigten, dass es sehr gut schmecke, schwach sei, und Zequinha garantierte: »Das kann man sogar als Arznei trinken«, bekamen die anderen Mut und schürzten die Lippen; sogar der alte José Paulo, der Abstinenzler Marreco, der nie einen Tropfen Alkohol anrührte, wurde eines Tages neugierig und blieb von diesem Tag an ein treuer Anhänger der Mischung.
Die Besucher machten es sich auf Segeltuchstühlen bequem und genossen in kleinen
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