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Zwei Herzen im Winter

Zwei Herzen im Winter

Titel: Zwei Herzen im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MERIEL FULLER
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Davon hat er nichts erwähnt. Er äußerte lediglich den Wunsch, in der Klosterkirche von Reading an der Seite Eurer Frau Mutter beigesetzt zu werden. Allerdings fiel ihm das Sprechen ausgesprochen schwer.“
    „Seid Ihr sicher?“ Mauds Stimme überschlug sich vor Aufregung. Sie näherte sich dem beleibten Erzbischof mit Argwohn im Blick.
    „Aber ja, Mylady. Ich saß am Bett Eures Vaters und hörte alles, was er sagte. Seine Nachfolge erwähnte er mit keinem Wort. Ich ging davon aus, dass Stephen die Thronfolge antritt.“
    Maud zog den Atem scharf ein. „Nein, Ihr irrt gewaltig, Eminenz. Mein Vetter Stephen Count of Blois? Er darf niemals König werden.“
    „Aber er ist, besser gesagt, war der Lieblingsneffe Eures Vaters. Ihr beide seid wie Bruder und Schwester zusammen aufgewachsen.“
    Maud schüttelte heftig den Kopf und fuhr den Bischof an wie ein bissiger Terrier. Der Fettwanst wich einen Schritt zurück. „Ich bin die rechtmäßige Erbin des Throns, Mylord Erzbischof. Das weiß jedes Kind in England. Gott im Himmel, der gesamte englische Adel hat einen Eid darauf geschworen!“
    „Es wäre höchst ungewöhnlich, wenn der englische Adel eine Frau als Königin duldet …“ Der Erzbischof rieb sich nachdenklich das Doppelkinn. „Noch dazu in Anbetracht Eurer Ehe mit dem Comte de Anjou.“
    „Was hat meine Ehe damit zu tun?“, entgegnete Maud spitz.
    „Anjou ist seit jeher mit England und der Normandie verfeindet. Seien wir doch ehrlich, Euer Vater und Euer Gemahl redeten seit geraumer Zeit kein Wort miteinander.“
    „Eine Belanglosigkeit, Eminenz. Immerhin arrangierte mein Vater meine Heirat mit Geoffrey, da er sich dadurch Frieden zwischen der Normandie und Anjou erhoffte.“
    „Was ihm in gewisser Weise auch gelungen ist“, pflichtete der Erzbischof ihr bei. „Allerdings kann ich mir kaum vorstellen, dass die englischen Barone einen angevinischen Herzog auf dem Thron von England zu sehen wünschen.“
    „Er wird den Thron nicht besteigen, sondern ich!“ Mauds Gesicht rötete sich vor Zorn. „Heilige Mutter Gottes, bin ich dazu verdammt, ständig von Narren umgeben zu sein?“
    Robert trat einen Schritt vor. „Ich denke, dass …“
    „Misch dich nicht ein, Robert. Das ist allein meine Angelegenheit.“ Maud schob ihre rundliche Gestalt zwischen ihren Halbbruder und den Erzbischof. „Hört mir gut zu, Eminenz …“ Sie stocherte ihm mit spitzem Zeigefinger an die Brust. „Auch wenn Ihr glaubt, es besser zu wissen: Ich werde Königin von England und der Normandie sein. Das ist der Wunsch meines Vaters. Er hat alle Barone und kirchlichen Würdenträger davon in Kenntnis gesetzt. Und ich wünsche nicht, dass irgendwer vom Tod des Königs erfährt, ehe ich seinen Leichnam nach England überführt habe. Habt Ihr verstanden?“
    Der Erzbischof nickte, wobei sein Doppelkinn wabbelte. „Ich verstehe sehr wohl, Mylady.“ Er warf Robert einen flüchtigen Seitenblick zu, ehe er sich wieder an Maud wandte. „Gestattet, dass ich die Totenwache halte, bevor die Leichenwäscherinnen ihre Arbeit verrichten?“
    „Gewiss. Robert wird dafür sorgen, dass Ihr nicht gestört werdet.“ Ein entferntes Greinen war zu hören. Maud verzog übellaunig das Gesicht. „Ich sollte besser nach den Kindern sehen.“ Seufzend wandte sie sich an Robert. „Und du kümmerst dich um eine Überfahrt nach England. So rasch wie möglich.“
    Hinter der Stadtmauer von Barfleur und dem öden Marschland erstreckten sich riesige Wälder, ein breiter grüner Gürtel die Berge hinauf bis dicht unter die Felsengipfel, um auf der anderen Seite in tiefe, von reißenden Flüssen durchzogene Täler abzufallen. Unter hohen Buchen und ausladenden Eichen, deren kahle Äste dunkel in den grauen Wolkenhimmel ragten, trabte Emmelines Pferd einen schmalen morastigen Pfad am Ufer des Flusses Argon entlang.
    Sie ritt in mäßiger Geschwindigkeit, saß locker im Sattel, passte sich den Bewegungen ihrer Fuchsstute an und hielt die Zügel mit sicherer Hand. Felice hatte sich bei allen Vorbehalten gehütet, ihrer Tochter das verwegene Vorhaben, die Kaiserin aufzusuchen, auszureden. Sie kannte Emmelines störrisches Wesen zu gut und wusste, dass sie sich nicht von ihrem Ziel abbringen ließ. Aber ihr Vater hätte ihren Plan gutgeheißen, dessen war Emmeline sich sicher. Er war stets ein Mann der Tat gewesen, der nichts davon gehalten hatte, die Hände in den Schoß zu legen und darauf zu warten, dass etwas geschah. Emmeline zog den Kopf ein,

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