Zwei Jahre Ferien
hinreicht, uns bis zum Meere hinaus zu tragen, wenn der East-river nicht mehr als fünf bis sechs Meilen mißt, denn seine Strömung übertrifft die des Rio Sealand an Schnelligkeit.
– Das wäre zu wünschen, meinte Briant. Für den Rückweg werden wir doch wohl zwei bis drei Fluthperioden nöthig haben…
– Freilich, Herr Briant, und wenn Sie es wünschen, fahren wir sofort zurück…
– Gewiß, Moko, antwortete Briant, sobald wir uns überzeugt haben, ob östlich der Insel Chairman Land zu entdecken ist oder nicht.«
Inzwischen glitt die Jolle mit einer von Moko auf eine Meile in der Stunde geschätzten Geschwindigkeit dahin. Uebrigens hielt der East-river eine fast geradlinige und, wie der Compaß erkennen ließ, ostnordöstliche Richtung ein. Sein Bett war tiefer eingeschnitten als das des Rio Sealand, und auch minder breit – höchstens dreißig Fuß – was die Schnelligkeit seiner Strömung erklärte. Was Briant beunruhigte, war nur der Gedanke, daß diese gar in Stromschnellen oder Strudel übergehen und dann nicht bis zur Küste benutzbar sein könnte. Weitere Entschlüsse zu fassen, war es doch Zeit genug, wenn sich erst wirklich ein Hinderniß zeigte.
Man befand sich hier im Walde, inmitten der üppigsten Vegetation. Außer denselben Baumarten, wie in den Traps-woods, erhoben sich hier noch vorwiegend Stein-und Korkeichen, Fichten und Kiefern.
Unter anderen erkannte Briant, obwohl er in der Botanik lange nicht so bewandert war wie Gordon, einen gewissen Baum, dem man auf Neuseeland in zahlreichen Exemplaren begegnet. Dieser Baum, der seine Krone erst gegen sechzig Fuß über der Erde schirmartig ausbreitet, trug konische, drei bis vier Zoll lange Früchte, die nach unten zugespitzt und mit einer Art glänzender Schuppen bedeckt waren
»Das muß die Zirbelkiefer (Pinie) sein! rief Briant.
– Wenn Sie sich nicht täuschen, Herr Briant, antwortete Moko, so wollen wir einen Augenblick anhalten. Das lohnt sich der Mühe.«
Ein Ruderschlag trieb die Jolle nach dem linken Ufer. Briant und Jacques sprangen aus Land. Wenige Minuten später brachten sie eine große Menge jener Zirbelnüsse, die jede eine eiförmige Mandel enthält, welche von einem seinen Häutchen umhüllt ist und wie eine Haselnuß duftet. Ein kostbarer Fund für die Feinschmecker der kleinen Colonie, aber auch, wie Gordon diesen nach Briant’s Rückkehr auseinandersetzte, deshalb, weil diese Früchte vortreffliches Oel liefern.
Es erschien auch von Wichtigkeit, zu erfahren, ob dieser Wald ebenso wildreich sei wie die Wälder im Westen des Family-lake. Das mußte wohl der Fall sein, denn Briant sah durch das Dickicht eine erschreckte Heerde von Nandus und Vigogne-Schafen flüchten, und sogar einzelne Guanakos, welche in rasender Eile davonstürmten. Bezüglich des Geflügels hätte Doniphan hier manchen guten Schuß abgeben können. Briant dagegen enthielt sich der Vergeudung seiner Munition, da die Jolle ausreichenden Vorrath an Lebensmitteln trug.
Gegen elf Uhr wurde es deutlich, daß der dichte Wald sich allmählich lichtete. Schon lüfteten einzelne Blößen den Erdboden unter den Bäumen. Gleichzeitig erschien die Brise etwas von Salzdünsten geschwängert, was auf die Nähe des Meeres hinwies.
Einige Minuten später schimmerte dann ganz plötzlich hinter einer Gruppe prächtiger Steineichen die bläuliche Linie des Horizontes auf.
Die Strömung führte die Jolle, wenn auch jetzt minder schnell, immer noch mit sich fort. Bald mußte sich nun aber die Fluth in dem jetzt vierzig bis fünfzig Fuß breiten Bette des East-river bemerkbar machen.
Briant, Jaques und Moko schifften sich ein. (S. 245.)
Nahe den Felsen, welche sich an der Küste erhoben, angelangt, lenkte Moko die Jolle nach dem linken Ufer. Dann trug er den kleinen Dregganker ans Land, wo er ihn tief in den Sand einsenkte, und Briant schiffte sich nun nebst seinem Bruder ebenfalls aus.
Welch’ verschiedenes Bild gegen jenes, das die Westküste der Insel Chairman darbot! Hier öffnete sich wohl, und auch genau in der Höhe der Sloughi-Bai, eine weite Bucht, doch statt des breiten, sandigen Vorlandes mit dem Klippengürtel an der einen und dem im Hintergrunde sich erhebenden Steilufer an der anderen Seite der Wrack-coast, zeigte sich hier eine Anhäufung von Felsen, in welchen Briant, wie er sich bald überzeugte, zwanzig Aushöhlungen statt einer hätte finden können.
Diese Küste erschien demnach bequem bewohnbar, und wenn der Schooner an dieser
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