Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwei Jahre Ferien

Zwei Jahre Ferien

Titel: Zwei Jahre Ferien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
unmöglich gewesen, auf dem Strande zu lagern, wo der vom Winde aufgewirbelte Sand gleich Schlossenkörnern umherflog.
    Die ganze Nacht über verweilten Doniphan, Wilcox, Webb und Croß an derselben Stelle, ohne nur für eine Minute die Augen schließen zu können. Dazu litten sie recht empfindlich von der Kälte, denn sie hatten auch kein Feuer anzuzünden gewagt, das sich gar zu leicht weiter verbreitet und dann die verstreut liegenden dürren Zweige in Brand gesetzt hätte.
    Uebrigens hielt die Aufregung allein die Knaben wach. Woher kam dieses Boot?… Welcher Nation gehörten die Schiffbrüchigen an?… Lagen doch andere Landmassen in der Nachbarschaft, da ein Boot hatte nach ihrer Insel gelangen können… wenn jenes nämlich nicht von einem Schiffe herrührte, das bei dem wüthenden Sturme in diesem Theile des Oceans untergegangen war.
    Alle solche Vermuthungen erschienen ja zulässig, und während der seltenen ruhigeren Augenblicke flüsterten Doniphan und Wilcox, die sich dicht zusammenhielten, sie mit schwacher Stimme einander zu.
    Gleichzeitig aber, von Sinnestäuschungen befangen, glaubten sie aus der Ferne Ausrufe zu vernehmen, sobald der rasende Wind sich ein wenig legte, und aufmerksam danach lauschend, fragten sie sich, ob nicht vielleicht noch andere Schiffbrüchige auf dem Strande umherirrten.
     

    Die beiden Körper lagen nicht mehr hier. (S. 314.)
     
    Nein, sie waren die Beute leicht erklärlicher Illusionen. Kein verzweifelter Hilferuf ertönte inmitten des tobenden Sturmes. Jetzt sagten sie sich, daß sie unrecht gethan, der ersten Empfindung von Schrecken gleich nachgegeben zu haben… Nun wollten sie nach der Brandung hineilen, selbst auf die Gefahr, von der Gewalt des Windes zu Boden geworfen zu werden… Doch, wie hätten sie in pechschwarzer Nacht, quer über ein ganz offenes Vorland hin, das schon zerstäubte Wassermassen
     

    »Wir schicken ihm kleine Postillone nach.« (S. 317.)
     
    von der ansteigenden Fluth bedeckten, den Ort wieder auffinden können, wo jenes Boot gestrandet war, und die Stelle, an der die beiden Körper im Sande lagen?
    Uebrigens fehlte es ihnen hierzu gleichmäßig an geistiger wie an körperlicher Kraft. Seit so langer Zeit des Angewiesenseins auf sich selbst fühlten sie, nachdem sie sich vielleicht für Männer gehalten, jetzt plötzlich, daß sie doch nur Kinder waren als sie sich den ersten menschlichen Wesen gegenüber sahen, die ihnen nach dem Schiffbruche des »Sloughi« begegnet und die das Meer als Leichen auf ihre Insel geworfen hatte.
    Endlich gewann die Kaltblütigkeit doch wieder die Oberhand und sie begriffen, was die Pflicht ihnen zu thun auferlege.
    Am nächsten Tage wollten sie, sobald es einigermaßen hell wurde, nach dem Strandriffe zurückkehren, eine Grube im Sande ausheben und, nach einem Gebete für die ewige Seelenruhe derselben, die beiden Schiffbrüchigen begraben.
    Wie endlos erschien ihnen aber diese Nacht!… So, als sollte das Morgenroth nimmermehr die Schrecken derselben zerstreuen.
    Und wenn sie sich nur durch einen Blick auf die Uhr über die verflossene Zeit hätten Rechenschaft geben können! Es war aber ganz unmöglich, auch nur ein Streichhölzchen, selbst unter dem Schutze ihrer Decken, anzuzünden. Croß versuchte es zwar, mußte aber darauf verzichten.
    Da kam Wilcox auf eine andere Idee, annähernd zu erfahren, welche Zeit es sei. Für einen vierundzwanzigstündigen Gang seiner Uhr mußte er den Schlüssel derselben zwölfmal, also einmal für je zwei Stunden, umdrehen. Da er sie nun am letzten Abende um acht Uhr aufgezogen hatte, genügte es, die jetzt möglichen Schlüsselumdrehungen zu zählen und danach die seit jener Zeit verflossenen Stunden zu berechnen. Das geschah denn, und da er nur vier Umdrehungen ausführen konnte, schloß er daraus, daß es gegen vier Uhr Morgens sein und nun doch bald Tag werden müsse.
    In der That erhellte bald darauf ein schwacher Schein die Ostseite des Himmels. Der Sturm hatte noch immer nicht nachgelassen, und da die Wolken jetzt weit tiefer über dem Meere dahinjagten, war schon Regen zu erwarten, ehe Doniphan und seine Genossen den Hafen von Bear-rock erreichen konnten.
    Vor allem Andern hatten sie jedoch den verunglückten Schiffbrüchigen den letzten Liebesdienst zu erweisen, und sobald das Morgenroth die über dem Meere lagernden Dunstmassen durchdrang, schleppten sie sich, mit Mühe gegen den Druck der Windstöße ankämpfend, über den Strand hin. Wiederholt mußten sie sich

Weitere Kostenlose Bücher