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Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Titel: Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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war das einzige attraktive Stück in dem ganzen Ramsch — eine etwa zwanzig Zentimeter lange Porzellankatze in liegender Haltung, die den Betrachter mit schelmischen Augen anblinzelte. Dass sie über und über mit rosa Blüten bemalt war, hätte kitschigwirken können. Aus einem mir unerklärlichen Grund tat sie es jedoch nicht.
    Ich stellte sie vorsichtig zur Seite, um später noch mal in den Unterlagen nach ihrer Herkunft und dem Einkaufspreis zu suchen. Olli war fleißig gewesen, aber möglicherweise war ihm der eine oder andere Hinweis durch die Finger geschlüpft.
    Plunder hatte sich am Morgen an meine Fersen geheftet und sich nach einer Inspektionsrunde im Laden in seinem Korb im Büro eingerichtet. Peluche hingegen thronte, als ich die Wohnung verließ, auf der Fensterbank und blickte in der Haltung einer souveränen Herrscherin über die Gärten.
    Dann kam Plunder angeschlichen und gab sein heiseres Maunzen von sich.
    »Was ist, mein Junge? Hast du Hunger?«
    Aber das war es nicht, was er wollte. Er kündigte mir vielmehr Peluches Ankunft an, hatte ich den Eindruck. Das Haus besaß zwei Eingänge von der Straße aus, einer führte durch den Laden und das Büro zum Treppenhaus, durch den anderen gelangte man direkt in den Flur. Nach hintenhinaus öffnete sich eine weitere Tür in den Garten. An eben dieser Tür war die Rote angekommen, hob eine Pfote und versuchte, sie aufzumachen. Da ihr das nicht gelang, gab sie einen herrischen Laut von sich, den ich unschwer als Befehl verstand, sofort diesem Umstand abzuhelfen.
    Eigentlich wollte ich Peluche zwei, drei Wochen im Haus behalten, damit sie sich an die neue Umgebung gewöhnte, aber ihrer vernehmlichen Aufforderung, sie verdammt noch mal endlich ins Freie zu lassen, konnte ich mich schon nach kurzer Zeit nicht entziehen. Gehorsam öffnete ich die Tür, und Majestät betrat ihr neues Reich. Gut, es schloss sich hinter dem Haus Garten an Garten an, viel Verkehr herrschte auch vorneheraus nicht, also würde sie nur geringen Gefahren ausgesetzt sein. Doch fragte ich mich ernsthaft, ob sie wohl wieder zurückkommen würde.
    Womit sich die nächste Frage auftat: Würde ich sie vermissen, falls sie fortginge?
    Ich sah Peluche nach, wie sie in dem herabgefallenen Laub herumgrub, dann ihre Krallen an dem Stamm der Blutbuche wetzte und anschließend mit einem geschmeidigen Sprung auf dem Rosengitter landete, um die Welt von erhöhter Position zu begutachten.
    Ja, ich würde sie vermissen, so seltsam mir das auch vorkam. Peluche hatte mir nie mehr als verächtliche Blicke und abschätzige Gesten gegönnt, oft genug ihre Krallen schmerzhaft eingesetzt und bislang noch nie in meiner Gegenwart geschnurrt. Aber sie nötigte mir Respekt ab. Sie war eine unabhängige Person mit einem starken Willen, von großer Schönheit und selbstbewusstem Auftreten. Hilka hatte sie geliebt und nur schweren Herzens bei mir gelassen. Und so hoffte ich dann, dass Majestät nachihrem Rundgang wieder zurückfinden würde. Die Hintertür ließ ich einen Spalt offen, obwohl die Novemberluft schon recht kühl war.
    Plunder hatte das alles aus sicherer Entfernung beobachtet. Ihn drängte offensichtlich nichts nach draußen. Wie es schien, war er froh, sich wieder in die Sicherheit seines Bürokörbchens begeben zu dürfen.
    Ich machte mit der Inventur weiter. Die Arbeit bestand vornehmlich darin, einen großen Müllbeutel mit den vollkommen unbrauchbaren Stücken zu befüllen und sie in der Liste durchzustreichen. Dankenswerterweise hatte Olli jeweils das Einkaufsdatum miterfasst, und so fand ich schnell den Grund heraus, warum sich eine solche Menge Ladenhüter angesammelt hatten. Tante Juliane hatte oft auf Versteigerungen mitgeboten. Ich erinnerte mich, dass sie damals erklärte, manchmal müsse man eine ganze Kiste Gerümpel mitnehmen, um ein, zwei gute Stücke zu bekommen. Was ich hier vorfand, schien eben dieser Ballast zu sein.
    Und da sie in den letzten Monaten ihres von Krankheit gezeichneten Lebens nicht mehr viel eingekauft hatte, waren die Kleinodien aus dem Bestand verkauft und der Plunder übriggeblieben. Also war meine Unterstellung, sie habe sich zur Sperrmüllsammlerin entwickelt, vollkommen falsch.
    »Was soll ich heute machen, Ginger?«, wollte Olli wissen, der an einem Wurstbrötchen kauend in den Laden kam. »Noch irgendwelche Daten erfassen?«
    »Nein, ich möchte vor allem Klarschiff machen. DieFiguren habe ich schon durchgesehen, es gibt eine Handvoll brauchbarer Stücke.

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