Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum
Jetzt mache ich mich an die Vasen. Du kannst mir helfen, sie zusammenzusuchen, und dann schauen wir mal, was davon von Wert ist.«
Wir waren mitten im Sortieren, als jemand an der Ladentür klopfte. Ich öffnete, und eine pummelige Frau in einer smaragdgrünen Samt – tja, was eigentlich? – Samtrobe musste man es wohl nennen – trat lächelnd ein.
»Guten Tag. Ich bin die Mutter Ihres Bürosklaven da. Irmela Dietz.«
»Oh, da freue ich mich aber, Sie kennenzulernen. Ihr Sohn ist mir eine große Hilfe, aber von Sklaventum habe ich bisher nichts festgestellt. Er ist bemerkenswert geschäftstüchtig.«
»Das kann ich bestätigen. Sie aber auch, soweit ich gehört habe. Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, wie froh wir sind, dass Sie das Geschäft weiterführen wollen.«
Wir plauderten eine Weile über nachbarschaftliche Angelegenheiten, und ich erfuhr, dass Irmela, wie sie genannt werden wollte, ihren Lebensunterhalt mit Änderungsschneiderei für die umliegenden Boutiquen verdiente und nebenbei auch nach eigenen Entwürfen Kleidungsstücke herstellte. Sie sprach es zwar nicht aus, aber ich vermutete, dass sie ebenfalls sehr fleißig sein musste, um als Alleinstehende ihre zwei Söhne durchzubringen. Darum fragte ich vorsichtig nach: »Diese entzückenden Kissen stellen Sie auch her, nicht wahr?«
»Mhm. Hätten Sie Interesse an einigen? Ihre Tante hat sie immer hübsch zur Dekoration gefunden.«
»Da ich diesen Laden hier ›Plüsch und Plunder‹ nennen möchte, wäre es ja geradezu ein Muss, sie hier zu verteilen. Wir könnten ins Geschäft kommen!«, bot ich ihr mit einem Lächeln an.
»Wann wollen Sie denn aufmachen?«
»Es ist wahrscheinlich ziemlich verwegen, aber ich würde gerne zum ersten Dezember den Neubeginn wagen. Das Weihnachtsgeschäft möchte ich mir nicht entgehen lassen.«
Irmela nickte. »Ich habe einen kleinen Vorrat an Kissenbezügen und anderen Kleinigkeiten. Und ich kenne eine Reihe anderer Leute, die auch gerne helfen würden.« Sie spielte mit einer der beiden blauen Vasen herum, die ich gesondert beiseitegestellt hatte. »Die ist hübsch. Davon sollten Sie mehr anbieten, Ginger.«
Es war eine Cloisonné-Arbeit, von tiefem Nachtblau. Feine weiße Blüten saßen an einem goldenen Stamm vor einem stilisierten Wolkenmuster. Ich vermutete, dass ein asiatisches Kunstwerk die Vorlage für diese Replik gebildet hatte, und gab Irmela recht. Derartige Ziergegenstände fanden immer Abnehmer. Ich musste mich dringend umhören, wer solche Produkte herstellte. Aber als Nächstes vereinbarte ich erst einmal einen Termin mit Ollis Mutter, die mir ihre Plüschkissen zeigen wollte.
Am Abend stopfte ich zwei Plastiksäcke mit Ramsch in die Mülltonne, die am Morgen geleert werden sollte. Zwei weitere stellte ich in den Büroraum. Übriggeblieben waren ein paar Schliffkaraffen, etliche nicht zusammenpassende Gläser, die möglicherweise jene glücklich machen würden, die ein unvollständiges Set ihr Eigen nannten, ein paar minderwertige, aber hübsche Porzellanfigürchen, die beiden Cloisonné-Vasen, die geblümte Katze, einige Briefbeschwerer, ein Brieföffner in Form eines Damaszener-Dolches und erstaunlicherweise eine wundervolle Spieldose in einem Holzkästchen mit erlesenen Einlegearbeiten.
Für diese Gegenstände hatten wir keine Einträge gefunden, aber um die staubigen Akten weiter zu durchsuchen, fehlte mir an diesem Abend die Energie.
Als ich in den Flur trat, bemerkte ich, dass die Hintertür noch immer offen stand. Ich trat in den Garten und rief probeweise nach Peluche.
Wie erwartet kam weder eine Wortmeldung noch Majestät selber. Nur Plunder, schon auf dem ersten Treppenabsatz, krächzte eine Antwort und wuselte nach oben.
Ich rang mit mir. Sollte ich den Eingang offen lassen? Oder Peluche aussperren?
Viel zu erbeuten gab es derzeit nicht, sagte ich mir, aber Peluche würde mir eine geschlossene Tür nie verzeihen. Also packte ich die beiden wertvollsten Stücke, die Murano-Flakons, unter den Arm und stieg hinter Plunder in die Wohnung hinauf.
11. Heimliche Gelüste
Erstmals seit Wochen war Peluche zufrieden mit der Welt. Sie hatte die Umgebung sorgfältig erkundet, ein Mäusequartier ausfindig gemacht, Nachrichten anderer Katzen hoheitsvoll beantwortet und einen Weg auf den Balkon des Nachbarhauses gefunden. Dann hatte sie eine Maus gefangen und sie ins Haus getragen, um eine Weile mit ihr zu spielen.
Plunder war mit Ginger ebenfalls zurück in die Wohnung
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