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Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Titel: Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Badezimmer.«
    Peluche schenkte der Frau einen giftigen Blick, aber das Rascheln des Katzenstreus erinnerte sie daran, dass sie wenigstens eine deutliche Besitzmarkierung in den Zimmern hinterlassen musste. Anschließend fühlte sie sich etwas wohler und begutachtete die weitere Umgebung. Ein vollkommen leerer Raum fand sich zur Rechten, darin ein Einbauschrank mit geschlossenen Türen. Unverschämtheit! Wie sollte sie sich ihr Revier erobern, wenn die Türen zu waren? Sie kratzte zornig an dem Holz und freute sich über die Spuren, die ihre Tatze hinterließ.
    »Peluche!«
    Klar, war auch nicht recht. Noch eine Schramme!
    Jetzt hatte die Frau es kapiert und öffnete die Tür. Leer, dunkel, muffelig. Ein uninteressantes Terrain. Das nächste Zimmer war etwas besser, hier schien die Frau ihre Schlafkuhle zu haben. Peluche sprang auf das Bett und tretelte das Kissen zusammen. Dabei stieg ihr wieder der verräterische Geruch nach fremdem Kater in die Nase.
    So war das also! Die Frau hatte sich mit einer anderen Katze zusammengetan und teilte sogar ihr Lager mit ihr. Das war der Gipfel der Impertinenz. Nicht, dass sie, Peluche, je den Wunsch gehegt hätte, bei dieser Ginger dieNacht zu verbringen. Aber andere sollten das gefälligst auch nicht. Sie setzte sich in majestätischer Haltung auf das Kopfkissen und überlegte sich eine möglichst einprägsame Bestrafung ihrer unwürdigen Dienerin.
     
    Plunder saß auf dem Schreibtisch und schaute dem Jungen zu, der einen Haufen Zettel um sich verteilt hatte und mit flinken Fingern auf einer Tastatur herumhämmerte. Er mochte den Jungmenschen Olli, der in den vergangenen Tagen täglich in das kleine Büro unten im Laden gekommen war, ihm Futter bereitgestellt, mit ihm gesprochen und geschmust hatte. Mehr aber noch mochte er die Frau, die drei Tage die Wohnung und das Bett mit ihm geteilt hatte. Sie hatte lange mit ihm geredet. Nicht, dass er die menschliche Sprache im Einzelnen verstand, aber es gab mehr als Worte, die einer Katze zeigten, was ein Mensch ausdrücken wollte. Tonfall, Gesten, Blicke und – und wenn man sich richtig anstrengte – Gedankenbilder. Und sie hatte ihm vermittelt, dass sie für eine Weile fortgehen müsse, dann aber wiederkommen werde, um bei ihm zu bleiben. Darum hatte er willig ertragen, dass fremde Leute in der Wohnung herumpolterten, komische Gerüche durch das Haus zogen und er sich nur im Laden und im Büro aufhalten durfte.
    Nun war sie zurückgekehrt, doch leider hatte sie Olli nur kurz begrüßt und war dann mit einem schweren Korb, aus dem es nach wütender Katze roch, nach oben gegangen.
    Seither zitterte Plunder wieder unkontrolliert, und selbst die kleinen Stücke Bratwurst, mit denen der Junge ihn beruhigen wollte, fielen ihm ständig aus dem Maul. Ginger – diesen Namen hatte er sich gemerkt – hatte eine fremde Katze mitgebracht, eine zornige, ganz bestimmt gefährliche Katze. Eine, die ihm das Revier streitig machen würde, die ihn wegen seines fehlenden Schwanzes verhöhnen, ihn vom Futternapf vertreiben, aus dem Bett schubsen und mit ausgefahrenen Krallen verhauen würde.
    Plunder hatte Angst.
    Darum verkroch er sich auch, als Ginger in das Büro trat. Sie lockte mit ihrer Stimme, ja, aber als sie ihre Hände nach ihm ausstreckte, haftete daran der Geruch der anderen Katze. Olli war es schließlich, der ihn beherzt unter dem Sessel hervorzog, und an dessem dicken Pullover klammerte er sich hilfesuchend fest.
    »Wir müssen es hinter uns bringen!«, murmelte Ginger. Die Beklemmung, die in ihren Worten mitschwang, überraschte Plunder. Ob sie auch Angst vor der anderen Katze hatte? Ob er sie beschützen sollte?
    Er maunzte leise und rostig, und sie strich ihm zärtlich über den Kopf. Dann ging sie voraus, und Olli trug ihn die Treppe hoch in die Wohnung.
     
    Peluche hatte mangels besserer Unterhaltung die Tageszeitung gelesen, die nun vor allem aus einem breit verteilten Sortiment von Kleinanzeigen bestand. Als sie die Stimmenund die Schritte hörte, beendete sie die Lektüre mit einem letzten, gezielten Tatzenhieb. Dann marschierte sie steifbeinig auf die Ankömmlinge zu.
    Da war Ginger, die Ängstlichkeit verströmte, ein Junge, der verblüffenderweise nach Bratwurst roch, und ein weißer Staubwedel, der sich an seine Schulter klammerte.
    »Peluche, ich möchte dir Plunder vorstellen«, sagte die Frau und wies den Jungen an, den Staubwedel abzusetzen. Der aber klammerte sich an den Pullover und maunzte: »Wirst du mich hauen,

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