Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum
sie Kris wegen seiner Waghalsigkeit und seines Muts ungeheuer bewunderten.
Und da Nimoue ihn zuvor darauf hingewiesen hatte, dass Kris alles das wohl nur getan hatte, weil ihm jemand das Raufen verboten hatte, beschlich den Kater mehr und mehr das Gefühl, dass dieses Verbot ein schrecklich großes Loch in seine Seele gefressen hatte.
Erstmals in seinem Leben machte sich Raufer von diesem Augenblick an Gedanken um einen Menschen.
Und es kam ihm noch nicht einmal komisch vor.
15. Zusammenstoß mit dem Hausverwalter
Kris hatte gerade seine Abrechnungen gemacht, eine Beschäftigung, der er nur mittelmäßig gerne nachging, und wollte sich gerade eine Tasse frischen Kaffee holen, als es hektisch an der Tür klingelt. Raufer, der in seinem Korb gelegen hatte, sprang auf und verkroch sich hinter dem Schrank. Er hingegen öffnete die Tür.
Ina stand vor ihm und streckte ihm einen Briefbogen entgegen. Sie wirkte völlig aufgelöst.
»Die verbieten mir, die Katzen zu füttern!«
»Kommen Sie erst mal rein, und dann lassen Sie mich den Wisch mal lesen.«
Kris lotste Ina zu dem Sofa, und Raufer streckte wiederneugierig den Kopf um die Schrankecke. Als er die Besucherin erkannte, kam er hervor und setzte sich neben ihre Beine.
Währenddessen hatte Kris das Schreiben überflogen. Ein anwaltliches, höchst barsch formuliertes Machwerk, dass wegen Verschmutzung, Belästigung, Gefahr von Krankheitsübertragung und Beschädigung von Fahrzeugen Frau Peregrina Hummel aufforderte, unverzüglich das Füttern von herrenlosen Katzen im Hof einzustellen.
»Die Katzen beschädigen doch keine Fahrzeuge, Kris. Und verschmutzen tun sie ihren Futterplatz auch nicht. Außerdem achte ich doch immer darauf, dass alles sauber ist. Ich kann doch jetzt nicht einfach aufhören, Kris. Gucken Sie doch mal raus! Bei dem Wetter brauchen die Tiere doch Schutz.«
»Beruhigen Sie sich, Ina. Erst einmal ist das nur eine Aufforderung. Sollten Sie ihr einfach nicht nachkommen, wird man vermutlich auf Unterlassung klagen und Ihnen ein Bußgeld aufdrücken. Bis dahin füttern Sie die Streuner wie gehabt, und dann sehen wir weiter. Wer regt sich denn darüber so auf, dass die Katzen im Hof ihr Häuschen haben?«
»Da steckt dieser Eckard hinter – der Hausverwalter von nebenan. Er hat mich schon ein paar Mal beschimpft, weil ich die Tierchen füttere.«
»Und was haben Sie dann gemacht?«
»Gesehen, dass ich wegkam. Ich bin doch bloß eine alteFrau, Kris. Ich kann mich mit so einem Mann nicht anlegen.«
»Nein, Sie nicht.«
Das raubtierhafte Grinsen erschien wieder auf Kris’ Gesicht, und Ina sah mit großen Augen zu ihm hoch.
»Sie würden mal mit ihm reden?«
»Aber natürlich. Trotzdem müssten wir sicher sein, dass keiner der Vorwürfe zutrifft. Was ist mit Krankheiten? Die Streuner könnten Flöhe oder so was haben.«
»Ganz bestimmt. Aber Katzenflöhe gehen nicht auf Menschen. Außerdem sind die Tiere sehr scheu, und wenn sie krank sind, verstecken sie sich einfach irgendwo.«
»Was ist mit Belästigung? Ich meine mich erinnern zu können, dass es dann und wann Gekreisch und Geheul gegeben hat.«
»Das würde es auch geben, wenn sie hier nicht gefüttert würden. Katzen, die sich in die Quere kommen, giften sich eben manchmal an.«
»Da ist was dran. Und die Kratzer im Autolack?«
»Lachhaft. So hart sind Katzenkrallen nicht. Die sind aus Horn, nicht aus Titanstahl.«
»Na gut. Verständigen Sie mich auf jeden Fall, wenn Sie heute wieder zur Fütterung Ihrer kleinen Katzenherde bereit sind. Ich werde dabei sein. Vermutlich wird sich der Herr Verwalter es nicht nehmen lassen, ebenfalls zu erscheinen.«
Und so war es dann auch. Nicht nur Kris, auch Anja begleitete Ina, als sie nach unten ging, um die Näpfe zu reinigen und neu zu befüllen. Während Kris und Anja das Trockenfutter aus der Garage holten, betrat der Verwalter den Hof. Sie hörten seine ersten Worte und stellten den Sack ab.
»Frau Hummel, es wurde Ihnen verboten, diese Viecher zu füttern. Entfernen Sie sofort die Näpfe.«
»Es ist kalt, Herr Eckard, die Tiere brauchen jetzt die Nahrung.«
»Es hat Beschwerden gegeben, Frau Hummel. Also unterlassen Sie diese Schweinerei jetzt endlich!«
»Das ist doch keine Schweinerei.«
»Das ist es wohl! Diese verflohten Viecher scheißen hier in den Hof und pinkeln an jede Hausecke. Das nenne ich Schweinerei.«
Kris wollte vortreten, aber Anja kam ihm zuvor.
»Sie haben von Katzen wohl keine Ahnung, Herr Eckard?
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