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Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Titel: Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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»Muckmuckmuck!«
    Es klang wie ein unterdrücktes Lachen, und schon waren die beiden auch wieder auf den Beinen, standen voreinander, stupsten Nase an Nase und marschierten im Schulterschluss zum Futterhäuschen.
    Kris bemerkte, wie er lächelte. Ein Spiel, wie es Kinder gerne spielten – Verstecken, Erschrecken, Balgen. Und dann lachend gemeinsam etwas unternehmen. »Man kann euch eine rudimentäre Intelligenz nicht absprechen«, murmelte er, und trotz der Kälte verharrte er noch weiter im Hof.
    Der Schnee rieselte nun heftiger, und die Spuren der Katzen blieben für eine Weile auf dem Boden sichtbar, ein Gewebe aus Kommen und Gehen, ein Reigen aus Achtung und Ordnung.
    Der Verwalter ließ sich nicht mehr blicken.
    16. Handyschnurren
     
    Raufer beobachtete die Menschen und machte dabei immer neue Erfahrungen. Inzwischen durfte er Kris jedes Mal nach unten begleiten, wenn er in das Studio ging. Er hatte die Räume dort bis in die letzte Ecke erkundet, irritiert denjenigen zugesehen, die im Schweiße ihres Angesichts rannten und rannten und nicht von der Stelle kamen, die wie besessen radelten, ohne sich voranzubewegen, die ächzend und stöhnend an Seilen zerrten oderschwere Gegenstände umeinander wuchteten. Er zweifelte ein wenig daran, ob Nimoues Aussage richtig war, dass Menschen über eine rudimentäre Intelligenz verfügten. Das, was sie hier betrieben, sprach ganz offensichtlich dagegen.
    Andererseits beobachtete er auch die Frauen und Mädchen, die gemeinsam zur Musik hübsche Bewegungen machten, was einigermaßen nett anzusehen war, weil sie sich geschmeidig und anmutig dabei anstellten – zumeist wenigstens. Und noch viel aufschlussreicher fand er die Gruppen, mit denen Kris übte. Die rauften wirklich – wenn auch auf menschliche Weise auf zwei Beinen, aber für ihre Art höchst effizient. Außerdem kannten sie den Wert des Geschreis dabei. Wirklich eindrucksvoll!
    Raufer gewöhnte sich auch langsam daran, dass man ihn bemerkte. Die Frau, die alle Mädchen zum Hüpfen brachte, hatte freundliche Augen, und er ließ sich von ihr schon mal den Nacken kraulen, obwohl er anfangs vor ihren spitzen, buntlackierten Krallen ein wenig zurückgezuckt war. Auch der Mann, den Kris Stefan nannte, begegnete ihm freundlich, wenngleich seine Hand leicht nach Hund roch.
    Einmal zuckte Raufer alarmiert zusammen, denn während Kris seine Raufer trainierte, betrat der Mann, den er schon einige Male vom Fenster aus beobachtet hatte, das Studio und sah sich verstohlen um. Das war bedenklich. Bisher hatte er das Revier nur außen erkundet.Fast wartete Raufer darauf, dass jemand ihn warnend anfauchte und zu verschwinden aufforderte. Aber das schien nicht notwendig zu sein. Als der Mann, der an der Theke bunte Getränke ausschenkte, ihn bemerkte, drehte der Fremde sich um und verließ kampflos den Raum.
    Neben den Beobachtungen der skurrilen menschlichen Tätigkeiten hatte Raufer noch eine andere Form der Belustigung entdeckt. In dem Umkleideraum stellten die Leute ihre Taschen ab, und was sich darin befand, war ebenfalls beschnüffelnswert. Es sagte viel über die Besitzer aus. In dem Raum, den die Frauen benutzten, stellte er fest, dass manche von ihnen so sauber wie die Katzen waren und so neutral wie nur möglich rochen. Andere waren wohl ebenso sauber, versuchten aber den Eindruck zu hinterlassen, als hätten sie sich in einer Blumenwiese gewälzt. Das war ebenfalls in Raufers Augen kein Zeichen von Intelligenz, denn so etwas tat man nur, wenn man mit seiner Umgebung verschmelzen wollte. Und in dem Studio wuchsen definitiv keine Blumen. Nur Inas Gestecke aus Holz und Tannenzweigen und ein paar völlig geruchlose Topfpflanzen bildeten hier Natur. Eine andere Geruchsrichtung konnte er schon eher verstehen – der Duft aus manchen Taschen gemahnte ihn an rollige Kätzinnen. Auch Menschenfrauen versuchten so, ihre männlichen Partner anzulocken. Die aber – oder besser der Inhalt ihrer Taschen – rochen manchmal nicht besonders attraktiv. Nach abgestandenem Rauch beispielsweise oder verschwitztenSocken. Gut, es gab auch einige, die neutral oder vage nach Wald, Moos oder Zitrone rochen.
    Als er an diesem Abend den Umkleideraum der Männer kontrollierte – Raufer hatte feste Gewohnheiten, und Revierpatrouille gehörte dazu –, entdeckte er ein neues Phänomen. In einem Beutel schnurrte es. Das war ja aufregend! Sicherheitshalber sah er sich um, ob auch niemand sein neugieriges Treiben bemerkt hatte, und dann näherte er

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