Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg
durchs
verschlossene Fenster zu verstehen, dass sie für uns anruft. Später stellt sich
heraus, dass die Frau eine kranke Pilgerin ist.
Sie hat schlimmen Husten, ihre 3 Mitpilger sind unterwegs und sie muss hier
aushaaren und wurde eingeschlossen. Das finden wir ja sehr merkwürdig. Aber ist
dann auch egal, wir sind ja frei. Die Hospitalera, eine junge Frau, ist wenig
begeistert, dass wir sie bei ihrer Ruhe gestört haben und macht aus ihrer
schlechten Laune auch kein Geheimnis. Wir beziehen unser Zimmer, mit dem wir
zufrieden sind, und am Abend gehen wir in die Stadt, kaufen noch etwas ein und
suchen ein Restaurant mit Pilgermenü. Dies ist das Restaurant in dem ich 2009
mit den Kindern gegessen habe. Nach dem Pilgerführer brauch ich wohl nun nicht
mehr zu fragen. Ein reichhaltiges Pilgermenü wird uns heute serviert. Neben uns
am Tisch sitzen 4 ältere Herrschaften und es dauert, bis ich unsere kranke
Pilgerin erkenne, die nun wieder mit ihren Freunden vereint und frei ist. Im
Fernsehen, der zur spanischen Bar gehört wie Wasser zu Venedig gibt es heute
wieder nur Mord und Totschlag. Beim genaueren Hinsehen kommt mir der
blutverschmierte Tote bekannt vor. Es platzt aus mir heraus: „Karola, Gaddafi
ist tot“! Die nächsten Nachrichten, die nicht lange auf sich warten lassen,
bringen Gewissheit. Da wird uns bewusst, wie abgeschirmt wir auf dem Camino
sind. Da drängen sich doch einige Fragen auf: „Lebt Juppi Hesters noch oder was
hat die Bundeskanzlerin ständig im spanischen Fernsehen zu suchen, wie heißt
das Baby von Carla Brunni und was ist es eigentlich geworden, Junge, Mädchen“?
Beim nächsten Internetzusammentreffen werde ich die offenen Fragen klären. Wir
kommen satt und zufrieden in unserer Unterkunft an und schlafen nach der
Gute-Nacht-Geschichte bald ein.
22. Oktober, Sonnabend, Azur - Pedrouzo, Sonne, 30 °C, 20
km
Heute schliefen wir gründlich aus. Ich bin 8.00 Uhr
aufgestanden und als ich aus dem Bad zurück bin, habe ich Karola geweckt. 9.00
Uhr verlassen wir die Herberge und sind in eine wenige Schritte davon
entfernten Bar eingekehrt, um unseren Kaffee zu genießen. Hier werden wir sehr
freundlich aufgenommen. Die junge Frau ist offensichtlich nicht mit unserer
Herbergswirtin verwandt. Sie bringt uns zusätzlich noch einen kleinen Kuchen
und ein Glas O-Saft. Das finden wir total süß. So kann ein Tag doch nur schön
werden. Nun endlich um 9.30 Uhr suchen wir unsere Pfeile, die uns aus der Stadt
rausleiten.
Es ist eigentlich fast wie 2009, nur das Karola und ich oft
in Pensionen übernachten. Das wäre für drei Personen einfach zu teuer geworden.
Mit den Kindern hat die Unterkunft für jeden 3,- € gekostet. Wir haben drei
oder vier Mal, auch weil wir dazu gezwungen waren, in Hotels oder Pensionen
übernachtet. Das haben wir dann aber auch als Luxus empfunden und haben die
Zeit genossen und alle Annehmlichkeiten voll genutzt. Ein anderer Unterschied
zu unserer jetzigen Pilgerreise ist der Tagesbeginn. Mit Karola beginnt die
Wanderung jeden Tag zwischen 8.00 Uhr und 9.30 Uhr. 2009 sind wir zumeist 6.00
Uhr los gelaufen. 2009 im August mussten wir jeden Tag zusehen, dass wir vor
Öffnung der Herberge am Ort waren und unsere Rucksäcke in die Reihe stellten.
Im Oktober brauchen wir uns über unseren Schlafplatz keine Gedanken machen.
Hinzu kam, dass ich mit den Kindern drei Plätze, möglichst zusammenhängend,
benötigte. Auch Nachtpilger sind dem Oktoberpilger gänzlich fremd. Im Sommer
laufen viele Pilger in der Nacht los um als erste an der nächsten Herberge zu
sein. Die Nachtpilger sind bei den normalen Pilgern nicht sehr beliebt, da sie
die Nachtruhe massiv stören und anderen Pilgern das Bett wegnehmen. Sie belegen
den ganzen Tag das Bett und vordern von den anderen Ruhe und Rücksicht. Bevor
die Herberge zur Nacht die Türen schließt, oder noch störender, mitten in der
Nacht, so zwischen 1.00 und 5.00 Uhr, verlassen sie das Haus. Dass das
nächtliche Wandern nicht ungefährlich ist, lässt sich denken, bei den Wegen die
wir zumeist gewandert sind. Auch sieht der Nachtpilger ja nichts von der Natur.
Also mir hat sich der Sinn solch einer Reise nicht erschlossen. Wir drei
erreichen Pedrouzo am 18. August, es ist ein Dienstag, um 11.30 Uhr. Unsere
Herberge öffnet erst 13.00 Uhr, also warten wir mal wieder. Unsere Rucksäcke
stehen an 20. - 22. Stelle. Bei 120 Betten brauchen wir uns also keine Sorgen
machen. Immer wieder gehen neu eingetroffene Pilger, zählend, die Reihe
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