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Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg

Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg

Titel: Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Braun
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ab.
Sieht man die betreffenden Pilger weiterlaufen, weiß man, dass 120 Rucksäcke
erreicht sind. 120 Rucksäcke sind ungefähr 30 Meter und die können schon mal
aus unserem Blickfeld verschwinden. So hat die Pilgerei ihre ganz eigenen
Gesetze, die man nur in der Praxis erlernen kann .
Genau wie 2009 schein heute für Karola und mich die Sonne. Wir können unsere
Jacken bei der nächsten Rast ausziehen. Es geht erst mal abwärts. Nichts
anderes haben wir erwartet. Auch heute führt uns der Weg hoch und runter, durch
Dörfer und Natur. An jeder Ecke gibt es Dinge zu entdecken, die fotografiert
werden müssen. So kommt es, dass ich immer einige 100 Meter hinter Karola
zurückbleibe. Auch plagt mich heute ein neues Leiden. Mein rechter großer Zeh
machte mir Sorgen. Ein schmerzhafter Druck, den ich noch nicht recht einordnen
kann, machte mir zu schaffen. Im Nachhinein weiß ich, dass sich eine
Wasserblase unter dem Nagel gebildet hat. Es dauert bis Mitte Januar, bis ich
den Nagel entfernen kann, Anfang Juni 2012 hat er wieder seine vollständige
Größe erreicht. Karola war mutiger und hat ihren Nagel schon frühzeitig
eliminiert. Karola hat noch immer Beschwerden am rechten Knie, hat das aber
auch recht gut im Griff. So schleppen wir uns mit unseren Leiden in Richtung
Westen und sagen uns, die im Mittelalter waren viel schlimmer dran. Motivation
ist alles. Heute starten wir am Kilometer "36" und hoffen, dass wir
trotz allem auch wieder unser Ziel erreichen. Und wenn wir uns so umschauen,
geht es uns doch gut. Da quälen sich ganz andere Erholungsbedürftige durch die
spanischen Wälder. Wir erkennen am Gang genau, welche Beschwerden die Mitpilger
so quälen.
Ob Fußblasen, Probleme mit Hüften und Knien oder Wadenschmerzen oder heute
gesehen, einen Wolf gelaufen. Die Armen! Karola bekommt heute frische Infos aus
dem Heimatdorf, Deutschland und der Welt geliefert. Wir erfahren das Gaddafi
schon seit 3 Tagen tot ist, das Karla Bruni ein Mädchen zur Welt gebracht hat
und Hesters lebt wohl auch noch. Also wir sind wieder bestens informiert,
brauchen uns keine Sorgen machen. Die Welt dreht sich auch ohne uns. Wir gehen
unseren Weg, jeder für sich. Dabei kann man an so vieles denken oder auch nur
den Weg anschauen, manchmal laufen wir auch mit Musik, vorzugsweise das letzte
Stück am Tag, weil ich mein Handy am Tag als Diktiergerät benutze, denn die
Gedanken fliegen immer schnell davon. Die Musik bringt aber auch noch mal
Schwung in den Schritt. Nur mit AC/DC sollte man nicht laufen, man überholt
zwar alle, es gibt aber auch einen Wahnsinns Muskelkater. Die Natur verwöhnt
heute wieder unsere Augen, wenigstens die sollen es gut haben.
    22. Oktober, Sonnabend, Azur
nach Pedrouzo, Nachrichten aus der Heimat
    Einige Male wird die Natur jedoch derb zerschnitten, zwischen
den Kilometersteinen 30-32km ist so eine unschöne Stelle. Hier gibt es eine
riesige Baustelle, es sieht aus, wie für eine Straße. Die Spanier sind nicht
immer sensibel. Kann man nichts machen, ist ja ihr Land. Schließlich ist wieder
die Zeit für unseren "Very nice Place" ran und wir finden auch das
richtige Fleckchen. Unser Ritual beginnt. Rucksack ab - Matte ausrollen - alles
was benötigt wird auf die Matte - Essen zurechtlegen - noch schnell das Foto -
Füße frei machen - "Guten Appetit!".
Heute nehmen wir jede Gelegenheit wahr, um uns eine Pause zu gönnen. Da kommt
uns Lothar, der mal wieder rauchend und Kaffee trinkend in einer Bar sitzt,
gerade recht. Lothar, mit dem wir vor einigen Tagen als es regnete, gelaufen
sind.
Er ist recht nett und wir unterhalten uns bei einer weiteren Tasse Kaffee und
noch einer Zigarette, die natürlich er raucht. Vielleicht treffen wir ihn noch
einmal wieder, er hat den gleichen Zeitplan wie wir.
Bald geht es weiter und nach weiteren 2 Stunden Fußmarsch kommen wir zu einer
Bar. Hier treffen wir die kleine Schwedin, die so gar nicht aussieht wie eine
Schwedin. Sie sucht offenbar Anschluss, aber die Gespräche sind zäh und
anstrengend. Eigentlich haben wir darauf keine Lust. Sie macht in der Bar noch
ein Foto von uns und dann soll es schon weiter gehen. Wir schauen noch in der
Zeitung nach dem Wetter. In den nächsten Tagen kann es eventuell noch mal Regen
geben, hoffentlich nicht, wenn wir in Finisterre sind. Vom Cervesa erfrischt,
schwingen wir uns die Rucksäcke auf den Rücken und verlassen flott die Bar.
„Adios!“ und fort sind wir. Da ertönt ein Schrei aus dem Barinneren.
Erschrocken schauen wir zurück.

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