Zwei Krankenschwestern auf dem Jakobsweg
einen Apparat gesichtet. Wir tauschen allerhand Informationen
aus und ich merke, wie bei jedem Anruf, wie froh und erleichtert er ist, dass
es uns gut geht.
Die Herberge wurde inzwischen umgebaut und ist nicht mehr so
gemütlich wie damals, 2009. Die Hospitalera, die wie im Amt hinter einer
Scheibe an ihrem Schreibplatz sitzt, ist ziemlich schlecht gelaunt. Wir hoffen,
dass unser Erscheinen nicht der Auslöser dafür ist. Wir beantworten ihre Fragen
kurz und bündig und suchen unsere Betten. Einige hilfsbereite Pilger weisen uns
den richtigen Weg. Die Betten sind sehr eng gestellt.
Wenn es im Führer heißt „eng gestellt“, sollte man das wirklich ernst nehmen.
Eng ist sehr eng. Aber für 5,- € wollen wir mal nicht meckern. Zum Glück ist
unsere ausschließlich männliche Gesellschaft sehr nett. Das ist entscheidend
und wir beschließen, uns wohl zu fühlen. Als die Tagesroutine erledigt ist,
gehen wir in die Stadt. Auf dem Weg kommen wir an einer großen Kirche vorbei
und unsere Schritte führen uns ins Gotteshaus. Wir sitzen einige Zeit in einer
der hinteren Reihen und Karola und ich hängen unseren Gedanken nach. Hier
herrscht ein reger Betrieb. Die Leute gehen ganz selbstverständlich ein und
aus. Auch andere Pilger haben den Weg gefunden. Einem Pilger, der direkt nach
vorn in einen Nebenraum zum Priester geht, sieht man an, dass er einen wirklich
weiten Weg hinter sich hat. Wir wollen die Kirche gerade verlassen, als ein
schriller Pfiff ertönt, erschrocken blicken wir uns um. Ein alter, weißhaariger
Herr winkt uns energisch zurück und deutet, wir sollen auch nach vorn zum
Priester unseren Stempel abholen. Das macht er uns schweigend, mit
reichhaltiger Gestik, unmissverständlich klar. Wir folgen seiner Aufforderung
gehorsam und wenden unseren Schritt in die andere Richtung zum „Herrn des
Hauses.“ Dort vorn erhält der Pilger, den wir soeben noch beobachteten, seinen
Stempel. Wir können sehen, dass er ein ganzes Heftchen voll mit Stempeln hat.
Also sein Weg war wirklich weit, er hat Ähnlichkeit mit Jesus am Kreuz. Wir
erhalten ebenfalls unseren Stempel und verlassen beeindruckt den Raum. Als wir
am Stempelorganisator vorbei kommen, winkt er uns noch mal freundlich zu. Wir
lachen ihm zu und winken zurück.
In der Hauptstrasse finden wir ein preiswertes Restaurant und werden nicht
enttäuscht.
Wir kommen pünktlich in die Herberge zurück. Punkt 22.00 Uhr wird der große
Hauptschalter umgelegt und es ist finster, ohne wenn und aber. Bald geht das
große Schnarchkonzert los. Der freundliche Franzose, der Fuß an Fuß mit mir in
den oberen Betten schläft, hatte angekündigt, dass es laut werden könnte.
Ich soll einfach was rüber schmeißen. Aber er bleibt wider Erwarten ruhig. Aber
die Frau unter mir, meine Freundin Karola, gibt heute Nacht alles. Auch einige
Mitpilger in anderen Teilen des Schlafsaals beteiligen sich an dem
Schnarchkonzert. Also macht es wohl wenig Sinn, Karola zu wecken. Ich kann ja
nicht im Saal rumgehen und alle Schnarcher anstupsen. Ich brauche meine Ohrstöpsel.
Damit ist es ganz gut zu ertragen und ich werde auch bald einschlafen.
21.Okt. Melide, Riesenherberge
ohne Ohropax geht hier nichts
21. Oktober, Freitag, Melide - Azuar, Sonne, 25 °C, 15 km
Wir lassen heute alle ziehen, weil gleichzeitig können sich
hier nicht alle fertig machen.
Die beiden Spanier vorne links sind vor dem offiziellen Licht weg, die beiden
Radfahrer vorne rechts machen sich mit dem Licht auf den Weg und die beiden
Männer nebenan sind zu 7.45 Uhr verschwunden. Jetzt machen wir uns in dem frei
gewordenen Raum fertig und haben unsere Ruhe. Wir gehen noch in die Bar in der
Straße, um unseren Kaffee zum Tagesstart abzuholen und dann geht es kurz nach
9.00 Uhr auf den Weg. Die Kilometersteine stehen auf den letzten Kilometern
alle 500 Meter. Aber wir haben den Eindruck, dass das alles nicht so richtig
stimmt. Wir verlassen uns am Abend immer auf unsere persönliche Rechnung: 4
km/h. Damit lagen wir immer richtig. Der Weg führt uns wieder durch Dörfer, die
mit wunderbaren Naturwegen verbunden sind. Das Wetter ist wieder ganz nach
unserem Geschmack, die Regensachen können im Rucksack bleiben. Wolkenloser
Himmel, zunächst noch frische 18 ºC, aber im Laufe des Tages steigen die
Temperaturen auf angenehme 25 ºC an. Wir kommen am Vormittag an einem kleinen
Selbstbedienungsbasar vorbei.
Bereits 2009 steht dort der Stand zum Selbstbedienen, wir
nehmen uns Himbeeren mit. Die schmecken nicht, weil
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