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Zwei Schwestern

Zwei Schwestern

Titel: Zwei Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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brächte. Ich habe in lezter Zeit oft gedacht, eine solche Aufgabe wäre eines Mannes nicht ganz unwürdig, daß er die Dauer seines Lebens daran sezte, natürlich wenn er von der Würde seiner Aufgabe ganz durchdrungen wäre.«
    »Ich muß euch noch einmal sagen,« antwortete er, »daß es mich sehr freut, daß ihr die Pflege des Bodens so hochachtet - es ist ein schöner Abend für mich, daß ihr von diesem Dinge so redet. Es gibt auch noch andere Beschäftigungen, von den Menschen bedeutend hoch geschäzt, Künste, die sehr, sehr schmerzlich sein können, die ungemein, ganz ungemein schmerzlich sein können!«
    Ich wußte nicht, was er bei diesen Worten immer an der Lampe zu thun und umzudrehen hatte. Er hatte dies auch in Wien öfters gethan. Wenn wir so in seinem Zimmer etwa bei schlechtem Wetter beisammen saßen, stand er manchmal plözlich auf, ging in dem Zimmer hin und her, richtete etwas, das ohnehin recht stand, oder sah emsig bei dem Glase des Fensters hinaus, obwohl nichts zu sehen war, weil draußen eine rabenschwarze Finsterniß lag. Es war gleichsam, als ob den Mann eine Sorge, oder ein Kummer drükte.
    Ich erkannte, daß ich jezt eine unangenehme Saite in ihm berührt hatte, und brach das Gespräch ab. Wir saßen eine Weile stumm neben einander, dann redeten wir von anderen Dingen. Er erzählte mir von dem See, beschrieb mir manche Punkte und Stellen an ihm, und that dies mit solcher Liebe und Angelegentlichkeit, daß ich sah, daß er hier geboren worden sei.
    Während wir noch so sprachen, ging die Thür auf, und es kam eine Magd und ein Mann herein. Die Magd war so, wie man sie in manchen Häusern zu untergeordneten Diensten hat, und der Mann sah einem Gärtner, oder so etwas Aehnlichem gleich. Sie trugen Tischzeug, um den Tisch damit zu deken. Sie thaten den Teppich weg, stellten die Lampe seitwärts auf einen Kasten, dekten den Tisch für zwei Personen, stellten zwei Lichter darauf, und ließen die Lampe auf dem Kasten fort brennen.
    Dann gingen sie wieder zur Thür hinaus.
    Nach Kurzem brachte die Magd unsere Speisen, und der Mann brachte das Getränke.
    Wir hatten eine Suppe, guten Braten mit Sallat, eine Flasche vortrefflichen Weines und sehr frisches Wasser.
    Das Abendessen hatte nichts Armes oder Bettelhaftes an sich.
    Als wir es verzehrt hatten, kamen wieder die zwei nehmlichen Menschen, und räumten ab. Sie trug das Geschirr und er die übrigen Eßgeräthe fort. Zulezt breiteten sie wieder den Teppich über den Tisch, stellten die Lampe darauf, und verließen uns.
    Rikar hatte während ihrer Beschäftigungen manchmal ein freundliches oder berichtigendes Wort mit ihnen geredet.
    Als wir allein waren, saßen wir noch lange beisammen, und sprachen von verschiedenen meistens gleichgültigen Dingen. Endlich sagte er zu mir: »Wenn es euch genehm sein wird, zur Ruhe zu gehen, dann dürft ihr es nur sagen, ich werde euch in euer Zimmer geleiten.«
    Als ich daher dachte, daß es spät genug sein könnte, mein Lager zu suchen und ihm auch die Ruhe zu gönnen, äußerte ich diesen Wunsch. Er zündete mit einem Papierstreifen eine der da stehenden Kerzen an, und sagte: »Wenn es euch gefällig ist, folgt mir.«
    Ich nahm meine Ledertasche und meinen Hut, und folgte ihm.
    Er führte mich noch eine Treppe hinauf, dann ein Stükchen über einen Gang, dann schloß er ein Zimmer auf, und führte mich hinein. In demselben zündete er die zwei auf dem Tische stehenden Kerzen an, stellte die seinige einen Augenblik weg, nahm mich bei der Hand, und sagte: »Schlaft recht wohl, genießt einer recht angenehmen und erquikenden Ruhe.«
    »Ihr auch, Freund Rikar,« antwortete ich, »ihr auch.«
    »Gute Nacht,« sagte er, drükte meine Hand, nahm seine Kerze, und ging zur Thür hinaus, die er hinter sich zuzog.
    Ich war also in meinem Schlafzimmer allein.
    An diesem Abende, dachte ich, hast du nunmehro gar nichts über die näheren Verhältniße des Franz Rikar erfahren, wir werden nun sehen, wie es morgen damit beschaffen ist.
    Mit diesem Gedanken ging ich gegen die Thür, schloß mich mit dem innern Riegel ab, und legte dann meinen Hut und meine Ledertasche auf den Tisch nieder.
    Es ist meine Gewohnheit, wenn ich in fremden Räumen übernachte, dieselben, bevor ich schlafen gehe, noch recht genau zu untersuchen. Dies that ich auch jezt. Ich nahm ein Licht und leuchtete umher. Ich sah sogleich, daß mein Schlafzimmer eigentlich aus zwei Zimmern bestehe, indem ich durch eine offen stehende Thür in ein anderes

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